[[URPFLANZE]] [[Metamorphosenlehre]] Das Goetheanum hat ja nicht umsonst seinen Namen von Goethe genommen. In einer gewissen Beziehung bildet die ganze Weltanschauung, die ganze Vorstellungsart Goethes den Ausgangspunkt für ein neueres geisteswissenschaftliches Streben. Und wenn man auch sagen kann, daß dasjenige, was man bei Goethe findet, noch durchaus als ein Anfang sich darstellt, so kann man gerade das Prinzipielle am besten vielleicht veranschaulichen, wenn man von gewissen einfachen Gedanken oder Ideen Goethes ausgeht. In weiteren Kreisen wohl bekannt, aber leider heute noch allzuwenig gewürdigt, ist ja dasjenige, was Goethe seine Metamorphosenlehre genannt hat, in der wir auch seine Idee von der Urpflanze finden. Mit dieser Urpflanze meint Goethe nicht etwa ein sinnliches Pflanzengebilde einfacher Art, wie der richtige heutige Naturforscher sagen müßte, sondern Goethe meint mit seiner Urpflanze etwas, das nur im Geiste zu erfassen und zu erleben ist. Aber er meint zu gleicher Zeit mit dieser Urpflanze etwas, das nicht in irgendeiner einzelnen Pflanze zu finden ist, sondern das auffindbar ist in jeder einzelnen Pflanze des weiten Pflanzenreiches der Erde. Er setzt also voraus, daß - ich möchte sagen - innerhalb jeder sinnlichen Pflanze eine übersinnlich zu erfassende, im Geiste zu erlebende Urpflanze vorhanden ist. ([[GA 329]], [10.11.1919, S. 285](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga329.pdf#page=285&view=Fit))