[[IMAGINATION]] | [[URPFLANZE]] [[Abstraktion]] | [[Freiheit]] | [[Geistige Konstruktion]] | [[Erkenntnissicherheit]] | [[Mechanik]] ##### Für das mechanistische, abstrakte Denken ist die Pflanzenwelt etwas undurchschaubar Nebuloses Und derjenige, der so diese Kraft des heutigen Denkens verspürt hat, weiß, wie dieses Denken in der Maschine wirkt, wie dieses Denken uns die moderne Technik heraufgebracht hat, in der wir aus diesem Denken heraus äußere, unorganische leblose Zusammenhänge konstruieren, die alles an Durchsichtigkeit haben, was sie zum Behuf der äußeren Betätigung des Menschen haben sollen. Erst wer das versteht, rückt dann weiter ein in die Erkenntnis, daß in dem Augenblicke, wo wir die Pflanzen überschauen, wir mit diesem zunächst in seiner Abstraktion ergriffenen Denken in die reine Wuselei hineinkommen. Wer dieses kristallisch durchsichtige Denken für die mineralische Welt allein in seiner Abstraktheit haben will, nicht bloß als Durchgangspunkt für die Entwickelung der Freiheit des Menschen, sondern **wer nun allein im Denken, mit diesem Denken seine Blicke auf die Pflanzenwelt richtet, der hat in der Pflanzenwelt ein Nebuloses, Dunkles, Mystisches vor sich, das er nicht durchblicken kann**. Denn in dem Augenblicke, wo wir zur Pflanzenwelt hinaufschauen, müssen wir uns klar sein, daß hier, wenigstens in dem Grade, wie das Goethe gewollt hat mit seiner Urpflanze und mit dem Prinzip, durch das er die Urpflanze metamorphosiert durch alle Pflanzenformen hindurch - wenigstens in diesem Goetheschen Sinne muß einer, der aufrückt von einem Erkennen der wirklichen Kräfte des im Unorganischen waltenden Denkens, in der Pflanzenwelt verspüren, daß sie dunkel und mystisch im schlechtesten Sinne unserer Zeit bleibt, wenn man nicht aufrückt zu einer imaginativen Betrachtung - wenigstens eben in dem Sinne, in dem Goethe seine botanischen Anschauungen begründet hat. ([[GA 214]], [06.08.1922, S. 89](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga214.pdf#page=1&view=Fit))