[[AKTIVES ERKENNEN]] | [[EPISTEMOLOGIE]] | [[GOETHES ERKENNTNISART]] [[Wissenschaft]] Daß nun Goethe dem Geiste eine wesentlich _tätige_ Rolle bei Hervorbringung der Ideen zuschrieb, geht aus folgender interessanten Einteilung der Wissensarten hervor: «Um uns in diesen verschiedenen Arten[^3] einigermaßen zu orientieren, wollen wir sie einteilen in: Nutzende, Wissende, Anschauende und Umfassende, 1. Die Nutzenden, Nutzensuchenden, Fordernden sind die ersten, die das Feld der Wissenschaft gleichsam umreißen, das Praktische ergreifen. Das Bewußtsein durch Erfahrung gibt ihnen Sicherheit, das Bedürfnis eine gewisse Breite. 2. Die Wißbegierigen bedürfen _eines_ ruhigen, uneigennützigen Blickes, einer neugierigen Unruhe, eines klaren Verstandes und stehen immer im Verhältnis mit jenen; sie verarbeiten auch nur im wissenschaftlichen Sinne dasjenige, was sie vorfinden. 3. Die Anschauenden verhalten sich schon produktiv, und das Wissen, indem es sich _selbst steigen,_ fordert, ohne es zu bemerken, das Anschauen und geht dahin über, und so sehr sich auch die Wissenden vor der Imagination kreuzigen und segnen, so müssen sie doch, ehe sie sichs versehen, die produktive Einbildungskraft zu Hilfe rufen. 4. Die Umfassenden, die man _in einem_ stolzern Sinne _die_ Erschaffenden nennen könnte, verhalten sich im höchsten Grade produktiv; indem sie nämlich von Ideen ausgehen, sprechen sie die Einheit des Ganzen schon aus, und es ist gewissermaßen nachher die Sache der Natur, sich in diese Idee zu fügen.» Was auf der obersten Stufe des Erkennens eigentlich erst in die Rätsel der Natur hineinführen soll, das muß der Geist _schaffend_ den Dingen der Sinneswahrnehmung entgegenbringen. Ohne diese produktive Kraft bleibt unsere Erkenntnis auf einer der unteren Stufen stehen.[^4] ([[GA 030]], [[Über den Gewinn unserer Anschauungen von Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs (1891)|1891]], [[Über den Gewinn unserer Anschauungen von Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs (1891)#^stfhd9|S. 271]]) ___ Über den Gewinn unserer Anschauungen von Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs (1891). (GA 030). Rudolf Steiner Verlag, 3. Aufl., Dornach 1989[ ](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga030.pdf#page=271&view=Fit). [^3]: der Menschen nach den Arten ihres Wissens und ihres Verhaltens zur Außenwelt. [^4]: Wenn auch die obigen Zeilen nicht aus der Zeit stammen, in der Goethe anfing, Naturwissenschaft zu treiben, sondern wahrscheinlich aus dem Ende der neunziger Jahre, so können wir sie doch mit Recht an dieser Stelle anführen. Denn sie wurden eben in jener Epoche niedergeschrieben, wo der Dichter sich bereits seiner Forschung gegenüber reflektierend verhielt, wo er sein eigener Ausleger wurde. Sie sind also gerade dazu geeignet, zu zeigen, wie Goethe sein Verhalten der Natur gegenüber _aufgefaßt wissen will._