[[ANSCHAUUNG]] | [[GEIST & NATUR]]
[[Denken, Fühlen, Wollen]] | [[Dreigliederung]] | [[Sinnlich-übersinnliche Anschauung]]
##### Entdeckung der "sinnlich-übersinnlichen Form" des menschlichen Leibes durch Steiner, erste Anschauung der Dreigliederung
Blickte ich in dieser geistigen Art auf die seelische Regsamkeit des Menschen, auf Denken, Fühlen und Wollen, so gestaltete sich mir der «geistige Mensch» bis zur bildhaften Anschaulichkeit. Ich konnte nicht stehen bleiben bei den Abstraktionen, an die man gewöhnlich denkt, wenn man von Denken, Fühlen und Wollen spricht. Ich sah in diesen inneren Lebensoffenbarungen schaffende Kräfte, die den «Menschen als Geist» im Geiste vor mich hinstellten. Blickte ich dann auf die sinnliche Erscheinung des Menschen, so ergänzte sich mir diese im betrachtenden Blicke durch die Geistgestalt, die im Sinnlich-Anschaubaren waltet. **Ich kam auf die sinnlich-übersinnliche Form, von der Goethe spricht, und die sich sowohl für eine wahrhaft naturgemäße wie auch für eine geistgemäße Anschauung zwischen das Sinnlich-Erfaßbare und das Geistig-Anschaubare einschiebt.** Anatomie und Physiologie drängten Schritt für Schritt zu dieser sinnlich-übersinnlichen Form. Und in diesem Drängen fiel mein Blick zuerst in einer noch ganz unvollkommenen Art auf die Dreigliederung der menschlichen Wesenheit, von der ich erst, nachdem ich im stillen dreißig Jahre lang die Studien über sie getrieben hatte, öffentlich in meinem Buche «Von Seelenrätseln» zu sprechen begann. Zunächst wurde mir klar, daß in dem Teile der menschlichen Organisation, in der die Bildung am meisten nach dem Nerven- und Sinneshaften hin orientiert ist, die sinnlich-übersinnliche Form auch am stärksten in dem Sinnlich-Anschaubaren sich ausprägt. Die Kopforganisation erschien mir als diejenige, an der das Sinnlich-Übersinnliche auch am stärksten in der sinnlichen Form zur Anschauung kommt. Die Gliedmaßen-Organisation dagegen mußte ich als diejenige ansehen, in der sich das Sinnlich-Übersinnliche am meisten verbirgt, so daß in ihr die in der außermenschlichen Natur wirksamen Kräfte sich in die menschliche Bildung hinein fortsetzen. Zwischen diesen Polen der menschlichen Organisation schien mir alles das zu stehen, was auf rhythmische Art sich darlebt, die Atmungs- und Zirkulationsorganisation usw. ([[GA 028]], S. 98–100)
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Mein Lebensgang - eine nicht vollendete Autobiographie. Mit einem Nachwort herausgegeben von Marie Steiner 1925 (GA 028). Rudolf Steiner Verlag, 8. Aufl., Dornach 1982[ ](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga028.pdf#page=98&view=Fit).