[[Gruppen/ANTHROPOSOPHIE]] | [[GOETHEANISMUS]] [[Denken, Fühlen, Wollen]] | [[Idealismus]] | [[Meditation]] ##### Anthroposophie ist Fortführung dessen, was als Same im deutschen Idealismus, insbesondere im Goetheanismus angelegt wurde Ich habe gestern versucht zu zeigen, wie im deutschen Geistesleben, gerade als dieses deutsche Geistesleben seine Erkenntniswege durch seine großen Philosophen in idealistischer Weise gesucht hat, ein Weg liegt in die geistigen Welten hinein. Man darf es nicht dogmatisch nehmen - wie ich gestern immer wieder betont habe -, sondern man muß es nach der Art des Suchens nehmen, nach der Art des Strebens nehmen. **Man muß die Richtung prüfen, nach welcher sich die inneren Seelenkräfte der deutschen idealistischen Philosophen bewegten.** Und wenn man dann in einer Weise, wie ich das gestern auseinanderzusetzen versuchte, verfolgt, wie sich in Kant, in Goethe, in Fichte, in Schelling, in Hegel, auf der einen Seite durch abstraktes, durch nüchternes Denken, auf der anderen Seite durch energische Willensanschauungen, wie bei Fichte, oder durch gewaltige dichterische Gestaltungskräfte, wie bei Goethe, Deutschlands idealistische Weltanschauungswege eröffneten, so hat man darinnen etwas, was sich einem darstellt, **wie wenn nun die Volksseele selber, diese deutsche Volksseele als Ganzes, in Meditation sich versenkt hätte, die Meditation einer ganzen Volksseele in der idealistischen Entwickelung vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts in das erste Drittel des neunzehnten Jahrhunderts herein!** Wer in der Meditation, in der besonderen Ausbildung des Denkens, des Fühlens, des Wollens den Weg sieht in die geistigen Welten hinein, der darf, ohne eine solche Behauptung irgendwie gewaltsam herbeizerren zu müssen, sagen, was wirklich für den modernen Geistesforscher innigste Überzeugung sein kann: **Der Fortschritt in der Geisteswissenschaft kann sich darstellen wie die Entwickelung eines Keimes, der in der deutschen idealistischen Philosophie versenkt ist; der überhaupt im ganzen idealistischen deutschen Geistesstreben um die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts vorhanden ist und so fortgewirkt hat bis in unsere Tage herein, wie ich das gestern versuchte zu charakterisieren.** Wahrhaftig, in alledem, was ich seit Jahren hindurch hier in diesen Vorträgen habe sprechen können, war immer das Bewußtsein: Es ist nichts anderes, was jetzt als Geisteswissenschaft gegeben wird - wenn das auch ganz paradox klingen wird-, als der Goetheanismus, der deutsche Idealismus. Ich meine diesen konkreten Idealismus, wie er um die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts hervorgetreten ist im deutschen Geiste, in unsere Zeit übertragen; nicht einfach historisch angeschaut, wie er dazumal war, sondern lebendig erfaßt in unserer Zeit! Und **ich war mir bewußt, niemals im Grunde genommen etwas anderes als Goetheanismus vorzutragen, indem ich Geisteswissenschaft, im Sinne wie sie in unserer Zeit sein kann, vortrug.** So sonderbar das auch manchem in unserer heutigen Zeit klingen mag, - gerade wenn man die Sache so ansehen muß, dann findet man fest verankert das Streben nach der geistigen Welt in dem, wozu sich als einem höchsten Gipfel, als einem höchsten innerlichen Gipfel das deutsche Geistesstreben einmal erhoben hat. ([[GA 065]], S. 84–86, 03.12.1915) ___ Aus dem mitteleuropäischen Geistesleben. (GA 065). Rudolf Steiner Verlag, 2. durchges. Aufl., Dornach 2000[ ](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga065.pdf#page=84&view=Fit).