[[ENTWICKLUNG]] | [[GOETHES ERKENNTNISART]] | [[METAMORPHOSE]] | [[Wirbeltheorie des Schädels]] [[Anatomie]] | [[Beobachtung]] | [[Goethe, Bedeutung]] | [[Metamorphosedenken]] | [[Zusammenhänge erkennen]] ##### Wirbelnatur der Schädelknochen ist "Gedanke von weittragender Bedeutung"; Bestätigung durch Schafschädel-Fund in Venedig; Beweis durch Carl Gegenbaur mit Forschung an Urfischen Dies brachte ihn beim tierischen Skelett auf einen Gedanken von weittragender Bedeutung, auf den der sogenannten Wirbelnatur der Schädelknochen. Wir haben es hier mit der Ansicht zu tun, daß die Knochen, die das Gehirn umschließen, die gleiche Grundform haben mit denen, welche das Rückgrat zusammensetzen. Goethe vermutete das wohl bald nach dem Beginn seiner anatomischen Untersuchungen. Zur vollen Gewißheit wurde es für ihn im Jahre 1790. Damals fand er auf den Dünen des Lido in Venedig einen Schafschädel, der so glücklich auseinandergefallen war, daß Goethe in den Stücken deutlich die einzelnen Wirbelkörper zu erkennen glaubte. Auch hier hat man wieder behauptet, daß es sich bei Goethe viel mehr um einen glücklichen Einfall als um ein wirkliches wissenschaftliches Ergebnis handle. Allein mir scheint, daß gerade die neuesten Arbeiten auf diesem Gebiete den vollen Beweis liefern, daß der von Goethe betretene Weg der rechte war. Der hervorragende Anatom Carl Gegenbaur hat im Jahre 1872 Untersuchungen veröffentlicht über das Kopfskelett der Selachier oder Urfische, welche zeigen, daß der Schädel der umgebildete Endteil des Rückgrats und das Gehirn das umgebildete Endglied des Rückenmarks ist. Man muß sich nun vorstellen, daß die knöcherne Schädelkapsel der höheren Tiere aus umgebildeten Wirbelkörpern besteht, die aber im Laufe der Entwickelung höherer Tierformen aus niederen allmählich eine solche Gestalt angenommen haben und die so miteinander verwachsen sind, daß sie zur Umschließung des Gehirns geeignet erscheinen. Deshalb kann man die Wirbeltheorie des Schädels nur im Zusammenhang mit der vergleichenden Anatomie des Gehirns studieren. Daß Goethe diese Sache bereits 1790 von diesem Gesichtspunkte aus betrachtete, das zeigt eine Eintragung in sein Tagebuch, die vor kurzem im Goethe-Archiv gefunden worden ist: «Das Hirn selbst ist nur ein großes Hauptganglion. Die Organisation des Gehirns wird in jedem Ganglion wiederholt, so daß jedes Ganglion als ein kleines subordiniertes Gehirn anzusehen ist.» (GA 030, S. 80–81) ___ Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884 - 1901. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissenschaft, Ästhetik und Seelenkunde. Rudolf Steiner Verlag, 3. Aufl., Dornach 1989[ ](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga030.pdf#page=80&view=Fit).