<H1>Nachahmung</H1> Im Folgenden finden Sie eine **Auswahl** von Zitaten aus Texten und Vorträgen Rudolf Steiners zum Thema **Nachahmung des kleinen Kindes**. Durch die verlinkten Quellenangaben am Ende eines Zitats können Sie die Textseite öffnen, der das Zitat entnommen ist. Die Reihenfolge der Zitate entspricht der **graphischen Übersicht** [[Nachahmung|Mindmap PDF]]; [Webversion](https://coggle.it/diagram/XylllcZTxlsOmC6G/t/nachahmung/fdd782c1928c49d94e2fb3bb21b51cf23e365b94ed46f683e0120a60e57cc67d) (vergrößern und verkleinern mit Strg.+/-). ## Inhalt [[#(1) Nachahmungstrieb]] [[#(2) Vorgeburtlich]] [[#(2a) Nach der Geburt]] [[#(3) Das Kind als Sinnesorgan]] [[#(4) Organbildung]] [[#(5) Vorbild]] [[#(5a) Menschliche Vorbilder]] [[#(6) Kindergarten/Spiel]] [[#(7) Gehen]] [[#(8) Sprechen]] [[#(9) Gehen, Sprechen, Denken]] [[#(10) Umwandlung]] [[#(11) Zusammenfassung]] [[#(12) Wirkung im Lebenslauf]] [[#Literatur]] ## (1) Nachahmungstrieb ##### Nachahmung ist ein unbewusster Trieb der Menschennatur GA 059 20.01.1910 Dann arbeiteten diese geistigen Wesenheiten an dem menschlichen physischen Leib, indem sie den Menschen zu dem machten, was man nennen kann Entsprechung von äußeren Geschehnissen, äußeren Tatsachen und Nachahmung. Nachahmung ist etwas, was wir zum Beispiel beim Kind finden, wenn noch die anderen Seelenglieder wenig entwickelt sind. Nachahmung ist etwas, was zum unterbewußten Wesen der Menschennatur gehört. Daher sollen wir die erste Erziehung auf Nachahmung begründen, weil im Menschen, bevor das Ich beginnt, in seinen inneren Tätigkeiten Ordnung zu schaffen, der Nachahmungstrieb wie ein natürlicher Trieb vorhanden ist. [GA 059, S. 27, 20.01.1910](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga059.pdf#page=27&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Nachahmungstrieb; Vorbild. GA 143 11.01.1912 Nun herrscht ja in den ersten sieben Jahren des Lebens, aber auch später noch als Nachwirkung, ein starker Nachahmungstrieb, und wir werden sehen, wenn wir uns in Gegenwart derer, die wir zu erziehen haben, dieses oder jenes deutlich bemerkbar versagen, dass sie das nachmachen, wenn auch vielleicht unbewusst, dass sie es als etwas Erstrebenswertes empfinden. Damit werden wir etwas ungeheuer Bedeutungsvolles erreichen. [GA 143, S. 23, 11.01.1912](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga143.pdf#page=23&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Erziehung geht aus vom Nachahmungstrieb des Kindes. GA 061 14.03.1912 Da finden wir, daß ungefähr bis zum siebenten Lebensjahre des Menschen, das heißt bis zum Zahnwechsel, die Erziehung von dem ausgehen müsse, was man die Nachahmung, den Nachahmungstrieb _des_ Kindes nennen kann. Nun ist in jener Schrift hervorgehoben worden, daß im Grunde genommen bedeutungsvoller als alle Moralregeln und als alle sonstigen Unterweisungen für die Erziehung des Kindes in diesen ersten Lebensjahren das ist, was das Kind sieht und hört von denjenigen, die als Erwachsene in seiner Umgebung sind. [GA 061, S. 417, 14.03.1912](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga061.pdf#page=417&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Menschennatur möchte nachahmen. GA 297 31.08.1919 In dem Alter, in dem das Kind die Schule betritt, geht eine ganze innere Revolution mit der Menschenseele, mit dem ganzen Menschen vor sich, die in dem Zahnwechsel nur den äußeren Ausdruck findet. Bis zu diesem Zeitpunkte ist das Kind nachahmendes Wesen, ein Wesen, das durch die Geburt den Drang auf die Welt mitbringt, alles so zu tun wie seine Umgebung. Es gehört einfach zur Menschennatur in diesen ersten Jahren, sich nur erziehen zu lassen von dem, was man in der Umgebung sieht. [GA 297, S. 72, 31.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=72&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Wie das Kind nachahmt, lässt sich nur künstlerisch anschauen. GA 024 01.02.1920 Diese Geisteswissenschaft verfolgt, wie sich der Mensch in seinem Kindes- und Jugendalter entwickelt. Sie zeigt, wie die kindliche Natur von der Geburt bis zum Zahnwechsel so geartet ist, daß sie sich aus dem Trieb der _Nachahmung_ entfaltet. Was das Kind sieht, hört usw. erregt in ihm den Trieb, das gleiche zu tun. Wie sich dieser Trieb gestaltet, das untersucht bis ins einzelne die Geisteswissenschaft. Man braucht zu dieser Untersuchung Methoden, die in jedem Punkte das bloße Gesetzes-Denken _in_ das künstlerische Anschauen hinüberleiten. Denn, was das Kind zur Nachahmung reizt und die Art, wie es nachahmt, läßt sich nur in dieser Art anschauen. [GA 024, S. 270, 01.02.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga024.pdf#page=270&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Das Kind ist bis in die Sinne hinein ein Willenswesen. GA 304a 14.11.1923 Sehen wir uns das erste Lebensalter des Kindes an. In diesem Alter ist das Kind für eine unbefangene Beobachtung ein bis in die innersten Fasern seines geistigen, seelischen und körperlichen Lebens hinein nachahmendes Wesen, und zwar ein Willenswesen. Man ist zunächst darauf aufmerksam, wie das Kind, wenn es sich entfaltet, nach und nach für diese oder jene Eindrücke der Außenwelt zugänglich wird, wie es immer aufmerksamer und aufmerksamer auf dieses oder jenes wird. Aber wir lassen uns oftmals dadurch blenden, daß wir diese Aufmerksamkeit dem Vorstellungsleben des Kindes zuschreiben. Sie liegt aber beim Kinde gar nicht im Vorstellungsleben. Man findet eigentlich im menschlichen Leben kein Zeitalter, in welchem der Mensch durch innerlichen Instinkt, durch Trieb in bezug auf sein Vorstellungsleben unabhängiger, freier sein möchte, als gerade als Kind in der Zeit bis zum Zahnwechsel. Das Kind möchte eigentlich in dieser Zeit in bezug auf das Vorstellungsleben alles wegschieben und ganz nur seinem Inneren folgen. Dagegen ist der Wille des Kindes bis zu dem Punkt, wo er sich körperlich äußert, daraufhin veranlagt, ganz in der Umgebung aufzugehen. Und wir finden nichts selbstverständlicher, als wenn irgendwelche in körperlichen Bewegungen oder körperlichen Attitüden sich ausdrückende Gewohnheiten der Erwachsenen, die in der Umgebung des Kindes sind, von diesem ganz genau nachgeahmt werden in der Bewegung der Gliedmaßen und so weiter, denn das Kind hat mit allem, was sich in ihm regen will, bis in das Zappeln hinein, das Bestreben, in seinen eigenen Willensäußerungen dasjenige fortzusetzen, was es in seiner Umgebung um sich hat. Das Kind ist in diesem Sinne ganz und gar ein Willenswesen; das geht aber bis in die Sinneswahrnehmung hinein. Und man kann - und das muß man ja, wenn man sachgemäß gerade auf die Erziehungskunst eingehen will - man kann sogar in Beziehung auf die Sinne sehen, wie dieses Kind ein Willenswesen ist. [GA 304a, S. 108–109, 14.11.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=108&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Kind ist bis zum Zahnwechsel ein Willenswesen, denn es nimmt nicht nur wahr, sondern setzt stets das Wahrgenommene um. Das ist die Nachahmung. GA 304a 19.11.1923 Das Kind ist ja bis zum Zahnwechsel hin Willenswesen, aber ein Willenswesen nicht wie der Mensch im späteren Lebensalter, sondern ein Willenswesen, das zugleich ganz Sinn ist. Natürlich ist das vergleichsweise gesprochen, aber das Kind ist eigentlich, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein umfassend großes Sinnesorgan. Und wie in jedem Sinnesorgan nicht bloß das Wahrnehmungsvermögen lebt, sondern auch der Wille - er lebt nur in den ausgesprochenen Sinnesorganen in einer etwas verborgenen Weise -, so lebt eben in diesem Willensmäßigen des Kindes bis zum Zahnwechsel hin der Wille als Sinnesorgan. Und das Kind nimmt wahr alles, was in seiner Umgebung ist, in einer viel intimeren, zarteren Weise, aber zugleich in einer solchen Weise, daß es innerlich, bis ins innerste Wesen der organischen Bildung überall nachgeahmt wird. Das Kind ist ein feiner Nachahmer. Es ist sehr merkwürdig, aber das Kind reagiert nicht nur auf dasjenige, was es sieht in den Bewegungen der Gliedmaßen bei den Menschen seiner Umgebung - es lernt ja auch die Sprache, indem es nachahmt dasjenige, was es hört -, aber nicht bloß auf diese Dinge schaut es hin und ahmt sie in sich nach, sondern es ahmt sogar Stimmungen nach, ja Gedanken. [GA 304a, S. 127–128, 19.11.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=127&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (2) Vorgeburtlich ##### 1.Jahrsiebt; Nachklang der geistigen Welt; Nachahmung. GA 170 26.08.1916 Und mit dem Eingehen in den physischen Leib werden wir entrissen dieser Welt, in der es keine Gewohnheiten gibt, sondern nur fortwährende Impulse der höheren geistigen Wesenheiten. Wir haben gewissermaßen, wenn wir ins physische Dasein hereintreten, noch einen Nachklang dieser Lage, in der wir waren in der geistigen Welt. Und dieser Nachklang drückt sich dadurch aus, daß wir als Kinder so ziemlich bis zu unserem siebenten Jahre uns weniger nach Gewohnheiten richten, sondern mehr unter dem Einflusse der Nachahmung stehen. Wir machen das nach, was uns vorgemacht wird, und wir machen anfangs eigentlich unter dem unmittelbaren Einflusse des Vormachens die Dinge nach. Das ist ein Nachklang der Art, wie es notwendig war für uns in der geistigen Welt. [GA 170, S. 196, 26.08.1916](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga170.pdf#page=196&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; erste Eigenschaft nach der neuen Geburt ist die Nachahmung, GA 181 02.04.1918 In den ersten sieben Jahren ist der Mensch ein Nachahmer; er ahmt alles nach, was er wahrnimmt. Lesen Sie, was darüber in der Schrift «Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft» dargestellt ist. Es ist ein letzter Abklatsch dieses In-dem-andern-Leben, das setzt sich noch fort in das physische Leben hinein. Das ist die vorzüglichste Eigenschaft, ins Geistige umgesetzt, zwischen Tod und neuer Geburt, und es ist die erste Eigenschaft, die beim Kinde auftritt: nachahmen alles dessen, was da ist. Man wird dieses Nachahmen des Kindes nicht verstehen, wenn man nicht weiß, daß es aus dem großartigen intuitiven Leben des Geistig-Seelischen in der letzten Zeit zwischen Tod und neuer Geburt herkommt. [GA 181, S. 194, 02.04.1918](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga181.pdf#page=194&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Nachahmen der Wesen der geistigen Welt und Weiterführung der Nachahmung in der physischen Welt. GA 296 09.08.1919 Sie wissen, es ist da hingewiesen darauf, wie zwischen der Geburt und dem 7. Jahre, dem Jahre, das den Zahnwechsel durchschnittlich bringt, das Menschenwesen ein nachahmendes Wesen ist, wie das Menschenwesen dasjenige tut, was seine Umgebung tut. Betrachten Sie schließlich das Kind wirklich verständig, Sie werden überall finden: Das Kind ist ein nachahmendes Wesen, es tut dasjenige, was die Großen tun. Die große Wichtigkeit in dem Kindesleben ist die, dass die Menschen, die in der Umgebung des Kindes sind, nur dasjenige tun, was das Kind nachahmen kann, ja, dass sie nur dasjenige denken und empfinden in der Umgebung des Kindes, was das Kind nachahmen kann. Das Kind setzt, indem es durch die Geburt ins physische Dasein eintritt, nur das fort, was es erlebt hat in der geistigen Welt vor der Empfängnis. Da lebt man ja als Menschenwesen in den Wesen der höheren Hierarchien drinnen; da tut man alles dasjenige, was an Impulsen aus dem Wesen der höheren Hierarchien kommt. Da ist man in einem noch viel höheren Grade ein Nachahmer, weil man in einer Einheit ist mit denjenigen Wesen, die man nachahmt. Dann wird man in die physische Welt herausgesetzt. Da setzt man die Gewohnheit, eins zu sein mit der Umgebung, fort. Diese Gewohnheit erstreckt sich dann darauf, eins zu sein mit Wesen, oder nachzuahmen diejenigen Wesen, die als Menschen in der Umgebung sind und für die Erziehung zu sorgen haben, indem sie dasjenige nur tun und denken und empfinden, was das Kind nachahmen kann. Es ist um so größeres Heil für das Kind, je mehr es leben kann nicht in seiner Seele, sondern in der Seele der Umgebung, in den Seelen der Umgebung. [GA 296, S. 17-18, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=17&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Verwirklichung des im Geistigen Durchlebten in der physischen Welt. GA 293 30.08.1919 Wenn der Mensch aus der geistig-seelischen Welt heraustritt, sich mit einem Leibe umkleidet, was will er da eigentlich? Er will das Vergangene, das er im Geistigen durchlebt hat, in der physischen Welt verwirklichen. Der Mensch ist gewissermaßen vor dem Zahnwechsel ganz auf das Vergangene noch eingestellt. Von jener Hingabe, die man in der geistigen Welt entwickelt, ist der Mensch noch erfüllt. Daher gibt er sich auch an seine Umgebung hin, indem er die Menschen nachahmt.  [...] - Das Kind lebt so in der Vergangenheit und ist auch vielfach ein Offenbarer der vorgeburtlichen Vergangenheit, nicht der physischen, sondern der geistig seelischen. [GA 293, S. 142, 30.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga293.pdf#page=140&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Das nachahmende Wesen setzt auf der Erde das fort, was in der geistigen Welt erlebt worden ist. GA 302 19.06.1921 Wenn das Kind mit seiner Seele in der geistigen Welt drinnen ist, bevor es konzipiert wird, dann lebt es so in seiner geistigen Umgebung drinnen, daß es selbstverständlich alles aufnimmt, was in dieser seiner geistig-seelischen Umgebung ist. Und wenn es jetzt geboren worden ist und sich hereinlebt in dieses Leben, dann setzt es eigentlich die Tätigkeit fort, die es aus der geistig-seelischen Welt vor der Geburt gewohnt war. Das Kind zeigt uns in seinem Nachahmungswesen, daß es noch die Gewohnheit beibehalten hat von vor der Geburt, nur daß es, man möchte sagen, die Sache gewendet hat. Vorher hat es sich nach dem gerichtet, was sich im Inneren herausgestalten soll, was seine Weltumgebung war, und jetzt steht es der Welt von außen gegenüber. Es ist wirklich, wenn das Kind der Welt gegenübertritt, so, wie wenn es erst in einer Kugel drinnen war, und dann sich die Kugel von außen anschaut. Die Welt, die man mit den Augen sieht, bietet die Außenseite von demjenigen dar, was man sich vorher von innen angeschaut hat. Und dieses nachahmende Wesen ist ein Trieb in aller Regsamkeit des Kindes, eine Fortsetzung desjenigen, was in der geistigen Welt erlebt worden ist, und deshalb bildet sich in diesem Alter im Nachahmen zuerst überhaupt in der sinnlichen Welt das Verhältnis zur geistigen Welt aus. [GA 302, S. 127–128, 19.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302.pdf#page=127&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (2a) Nach der Geburt ##### Gefühle und Gedanken gelangen in die schützende Mutterhülle des Äther- und Astralleibes und gehen auf das Kind über. GA 055 01.12.1906 Jeder Gedanke, jedes Gefühl, alles Unausgesprochene, was diejenigen bewegt, die in seiner Umgebung sind, wirkt mit; da gilt nicht: Fühlen und denken darfst du dies und jenes wohl, wenn du es nur nicht sagst. - Mit reinen Gedanken und Gefühlen muß man das Kind umgeben und darum bis ins innerste Herz Reinheit bewahren, keine unlauteren Gedanken sich gestatten. Durch Worte wirken wir nur auf das Sinnesvermögen, Gefühle und Gedanken impfen wir der schützenden Mutterhülle des Äther- und Astralleibes ein und sie gehen auf das Kind über. Solange es von Hüllen umgeben ist, müssen wir diese pflegen. [GA 055, S. 132, 01.12.1906](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga055.pdf#page=132&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.JS: Anpassung phys. Leib an Außenwelt. Nachahmung. Bedeutsames Gesetz der Entwicklung: Geste - Sprache - Gedanke. GA 310 19.07.1924 Denn wenn man das Kind bis zum Zahnwechsel betrachtet, so ist die Entwickelung des Kindes vorzugsweise von seinem physischen Organismus abhängig. Der physische Organismus muß sich zunächst der Außenwelt anpassen. Aber er kann es nicht gleich, er kann es nicht einmal im gröbsten physischen Sinne gleich. Er kann, weil er dasjenige in sich enthält, was der Mensch sich mitgebracht hat aus der geistigen Welt, in der er im vorirdischen Dasein war, nicht einmal gleich ohne weiteres die Stoffe der Außenwelt aufnehmen; er muß sie in der Muttermilch vorbereitet aufnehmen. Er muß sozusagen bei dem bleiben, was ihm zunächst gleichartig ist. Er muß erst in die Außenwelt hineinwachsen. Und der Abschluß dieses Hineinwachsens des physischen Organismus in die Außenwelt ist das Erscheinen der zweiten Zähne um das 7. Lebensjahr herum. Das ist gewissermaßen der Schlußpunkt des Hineinwachsens des physischen Organismus des Kindes in die Außenwelt. Während dieser Zeit aber, in welcher die Organisation vorzugsweise auf die Herausgestaltung des Knochengerüstes gerichtet ist, hat das Kind Interesse nur für Gewisses in der Außenwelt, nicht für alles. Es hat nur Interesse für das, was man nennen kann: Gesten, Gebärden, Bewegungsverhältnisse. Nun müssen Sie bedenken, daß ja das Bewußtsein des Kindes zuerst traumhaft, dämmerhaft ist, daß es ganz dumpf zuerst wahrnimmt, und erst allmählich lichtet sich das Wahrnehmungsvermögen. Aber im wesentlichen bleibt es so, daß das Kind während der Zeit zwischen der Geburt und dem Zahnwechsel mit seiner Wahrnehmung an allem haftet, was Gesten, Gebärden, Bewegungsverhältnisse sind, und so daran haftet, daß es in dem Augenblick, wo es eine Bewegung wahrnimmt, den inneren Drang fühlt, sie nachzuahmen. Es besteht ein ganz bestimmtes Entwickelungsgesetz der menschlichen Natur, das ich in der folgenden Weise charakterisieren kann. Indem der Mensch hereinwächst in die physisch-irdische Welt, entwickelt sich sein Inneres so, daß diese Entwickelung zunächst ausgeht von der Geste, von der Gebärde, von Bewegungsverhältnissen. Im Inneren des Organismus entwickelt sich aus den Bewegungsverhältnissen heraus die Sprache, und aus der Sprache heraus entwickelt sich der Gedanke. Das liegt wie ein tief bedeutsames Gesetz der menschlichen Entwickelung zugrunde. [GA 310, S. 45–46, 19.07.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga310.pdf#page=45&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (3) Das Kind als Sinnesorgan ##### 1.Jahrsiebt: Kind ist ganz nachahmendes Sinnesorgan. Die innerlich nachgeahmten Bilder sind plastisch formende Kräfte. GA 303 31.12.1921 Bis zum Zahnwechsel war [das Kind] ja im ausgiebigsten Maße eigentlich Sinnesorgan; nicht ein Sinnesorgan, das in bewußter Weise wirkt, aber ein Sinnesorgan, das, wie ja schließlich auch die anderen Sinnesorgane, unbewußt die Außenwelt nachbildet; das Kind ist bis zum Zahnwechsel durchaus, wie ich auseinandergesetzt habe, ein Nachahmer. - Wenn Sie das menschliche Auge betrachten und davon absehen, was durch das menschliche Auge in das Vorstellungsleben hereingenommen wird, so äußert sich ja im eigentlichen Sinne die Augenorganisation auch darinnen, daß die Umwelt innerlich nachgebildet wird. Dieser Nachbilder bemächtigt sich dann erst das Vorstellungsleben. Da schließt sich das Vorstellungsleben an das Sinnesleben. Das ganz kleine Kind ist ganz unbewußt Sinnesorgan. Es bildet innerlich dasjenige nach, was es namentlich an Menschen seiner Umgebung wahrnimmt. Aber diese innerlichen Bilder sind nicht bloße Bilder, sie sind zugleich Kräfte, die es innerlich stofflich, plastisch organisieren. [GA 303, S. 160, 31.12.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=160&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; ganzer Leib nimmt an der Nachahmung teil; Innerliches richtet sich auf das Äußere, das das Kind erlebt. GA 212 26.05.1922 Im kindlichen Alter bis zum Zahnwechsel nimmt, wenn auch in einem geringeren Grade, doch der ganze Leib an dieser Nachahmung teil. Es ist der ganze Leib in einer gewissen Beziehung in einem solchen Verhältnis zur Außenwelt wie sonst die Sinne. Der Mensch ist vorzugsweise ein nachahmendes Wesen. Er richtet sich innerlich so, wie das Äußere auf ihn innerlich wirkt, wenn er es von außen nachahmt. Daher ist es so wichtig, daß wir in der Umgebung des Kindes in diesem Lebensalter bis in die Gedanken und Gefühlsformungen hinein nichts geschehen lassen, was nicht von dem Kinde aufgenommen und angeeignet werden kann. [GA 212, S. 111, 26.05.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga212.pdf#page=111&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kind ist ein einziges Sinnesorgan; es nimmt als ganzer Mensch die Umgebung wahr. GA 083 07.06.1922 Die Jugend entwickelt ganz andere als die intellektualistischen Kräfte. Das Kind entwickelt zunächst die Kräfte, ich möchte sagen, durch die es ein einziges Sinnesorgan ist, ganz ähnlich dem Sinnesorgan, das ich als Geistorgan geschildert habe; nur ist es das Kind auf mehr materielle Weise. Es nimmt als ganzer Mensch seine Umgebung wahr und prägt, was es wahrnimmt, in seine eigene Bewegung um. Es ist ein Nachahmer. Diese Nachahmung, die das _ganze_ seelische Leben des Kindes durchpulst, ist ganz gewiß nichts Intellektualistisches. [GA 083, S. 177-178, 07.06.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga083.pdf#page=177&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung und Sinneswahrnehmung: Das Blutleben in den Sinnen beim Kind viel stärker als beim Erwachsenen. GA 305 16.08.1922 Wir verstehen das Kind nur, wenn wir es so betrachten, wie wir beim späteren Menschen das Auge oder das Ohr betrachten. Das Kind ist ganz Sinnesorgan. Sein Blut wird noch in einer viel lebendigeren Weise durch seinen ganzen Körper getrieben, als es später der Fall ist. Und wir merken gerade durch eine feine Physiologie, worauf die Ausbildung unserer Sinnesorgane, zum Beispiel des Auges beruht. Das Auge entwickelt sich dadurch, daß in ihm zuerst das Blut präponderiert, die Blutzirkulation, in den allerersten Lebensjahren des Menschen. Dann überwiegt später immer mehr und mehr das Nervenleben in den Sinnen, und eine Entwickelung von Blutzirkulation zum Nervenleben hin ist die Entwickelung des Sinneslebens im Menschen. Man kann sich eine feine Beobachtungsgabe aneignen dafür, wie allmählich im Menschen übergeht das Blutleben ins Nervenleben. [GA 305, S. 17–18, 16.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=17&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ist ganz Sinnesorgan; sinnesgemäße Natur des Kindes strahlt im ganzen Organismus aus. GA 218 19.11.1922 Und die Folge davon ist, daß das Kind, wenn wir es richtig betrachten - am meisten solange es noch ein Säugling ist, aber auch noch in einer gewissen Weise bis zum Zahnwechsel hin -, in einer feineren, nicht in einer groben Art ganz Sinnesorgan ist.1" In einer feineren Art, möchte ich sagen, ist das Kind ganz eine Art von tastendem Auge. Wie das Auge, indem es die Gegenstände um sich her sieht, innerlich nachbildet dasjenige, was draußen ist, so dass der Mensch ein innerliches Bild von dem hat, was die Gegenstände draußen darstellen, wie das Auge ein innerliches Bild hat, so hat das Kind in seinem frühesten Lebensabschnitte zwar kein Sehbild, aber ein anderes Wahrnehmungsbild. Es ist ganz Sinnesorgan, wenn ich mich so ausdrücken darf. Ich möchte das anschaulich so aussprechen: Nehmen wir den Säugling. Wir als erwachsene Menschen haben unseren Geschmack auf der Zunge und im Gaumen, und das Kind — das zeigt uns die spirituelle Wissenschaft, von der ich Ihnen hier in diesen Tagen gesprochen habe — hat einen Anflug von Geschmack durch den ganzen Organismus hindurch: es ist ganz Geschmacksorgan. Es ist auch noch ganz Geruchsorgan, auch ganz in einer gewissen innerlichen Beziehung innerliches Tastorgan. Also es hat seine ganze Organisation eine sinnesgemäße Natur, und diese sinnesgemäße Natur strahlt im ganzen Organismus des Kindes aus. Dadurch ist das Kind bis zum siebenten Jahre dazu veranlagt, alles dasjenige, was in seiner Umgebung vorgeht, innerlich nachzubilden und sich selber danach zu entfalten. Wer mit demjenigen Sinne, der feiner organisiert wird, wenn man zugleich geisteswissenschaftlich erkennen kann, ein Kind betrachtet, wie es jede Geste, die derjenige, der in seiner Umgebung ist, macht, auf sich bezieht, innerlich nachbildet und sie selbst darstellen will, wie das Kind so ganz in dem lebt, was die Menschen seiner Umgebung tun, der sieht, wie das Kind ein nachahmendes Wesen bis zum Zahnwechsel ist. Und aus dieser Nachahmung geht ja dasjenige hervor, was die wesentlichste Gabe ist für das erste Lebensalter des Kindes. Es geht die menschliche Sprache hervor, die ganz allein darauf beruht, dass das Kind in das sich hineinlebt, was die Menschen seiner Umgebung sind und tun, und durch Nachahmung, indem es innerlich sich anpaßt an das, was in seiner Umgebung geschieht, die Sprache ausbildet. Wir können daher, wenn wir als Erzieher neben dem kleinen Kinde in seiner ersten Lebensepoche stehen, nicht anders, als mit diesem nachahmenden Prinzip als dem allerwichtigsten in der Erziehung rechnen. [GA 218, S. 229–230, 19.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=229&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ist ganz Sinnesorgan und Wirkung aus der Umgebung bildet die Anlagen für den physischen Organismus des erwachsenen Menschen. GA 218 20.11.1922 Fragen Sie, woher die Anlagen für einen brauchbaren physischen Organismus beim erwachsenen Menschen kommen, dann schauen Sie zur Beantwortung dieser Frage hin auf das, was auf das Kind, das ein einziges großes Sinnesorgan ist, aus der Umgebung heraus gewirkt hat, was aus den Worten, was aus den Gesten, was aus dem ganzen Verhalten der Umgebung des Kindes in die Muskeln, in die Blutzirkulation, in die Atmung hineingegangen ist. Sie werden sehen, daß das Kind nicht nur ein Nachahmer ist in bezug auf das Sprechenlernen, das ja ganz auf Nachahmung beruht - wobei es ja auch im Physischen seine Sprachorganisation erst ausgestaltet und stärkt -, sondern daß das Kind in seinem ganzen Organismus, und zwar in der feineren Gliederung dieses Organismus, gerade im Physischen ein Abdruck dessen ist, was wir in seiner Umgebung vollbringen. [GA 218, S. 250, 20.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=250&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Kind ist ganz Sinnesorgan, in dem der Wille wirkt. GA 306 19.04.1923 ... daß das Kind ja in der ersten Lebensepoche bis zum Zahnwechsel hin ein Sinneswesen war, gewissermaßen ein ganzes Sinnesorgan war; aber ein Sinnesorgan, in dem bei jedem Schritt des Lebens der Wille gewirkt hat. Es kann Ihnen das vielleicht sonderbar erscheinen, daß ich sage: ein Sinnesorgan, in dem der Wille wirkt. Aber das erscheint Ihnen nur sonderbar, weil die heutige Physiologie und dasjenige, was sich als populäre Ansichten aus dieser Physiologie ergeben hat, eben etwas ganz Unzulängliches ist. Heute denkt man gewöhnlich nicht an den Willen, wenn man zum Beispiel ans Auge denkt. Aber auch beim Auge ist es so, daß das Willensartige das innere Bild zustande bringt und nicht etwas anderes. In jedem Sinnesorgan schafft das Willensmäßige das innere Bild. Das Sinnesorgan, passiv, hat zunächst nur die Aufgabe, sich oder den Menschen der Außenwelt zu exponieren, aber es findet in jedem Sinnesorgan eine innere Aktivität statt, und die ist willensartiger Natur. Und dieses Willensartige wirkt beim Kinde intensiv durch den ganzen Leib bis zum Zahnwechsel hin. Dann bleibt noch dieses Willensartige vorhanden. [GA 306, S. 96, 19.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=96&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kind ist ganz wirkendes Sinnesorgan; moralische Beobachtung der Gesten. GA 084 30.04.1923 Wir können das ganze Leben des Kindes im ersten Lebensabschnitt vergleichen mit einem einzigen Sinnesorgan, wir können es vergleichen mit der innerlichen Organisation des Auges. Wie das Auge aufnimmt das Äußere und durch Aufwendung der Willenskraft, durch das Werkzeug des Organischen innerlich aufbaut das Bild von dem, was als Eindruck auf das Organische ausgeübt wird, so ist das Kind fortwährend bestrebt, in Nachahmung, die herauskommt aus der inneren Wesenheit, das wiederzugeben, was in seiner Umgebung vorhanden ist. Das Kind ist ganz Sinnesorgan, ganz wirkendes Sinnesorgan. Weil eben das ganze Wesen des Kindes als Sinnesorgan wirkt, wird von dem Kinde nicht nur dasjenige aus seiner Umgebung nachgeahmt und innerlich durchlebt, in träumerischem Zustande, ganz unbewußt, was äußerliche Bewegung, Geste, was Sprachlaut ist, was Gedanke im Sprachlaut ist, sondern es ergibt sich immer - und das ist das Eigentümliche - von diesem Ausgangspunkte: Das nachahmende Kind beobachtet die moralische Bedeutung der Geste, die Vater und Mutter machen. Die moralische Bedeutung zum Beispiel des Gesichtsausdruckes hat ihre Gegenäußerung im Sinne des Kindes, sie gräbt sich ein in das Kind, in die physische Organisation. Bis in die Gefäße hinein organisiert sich das Kind, indem es mitfühlt, was in seiner Umgebung geschieht. Erst wenn man die Tragweite dessen ins Auge fassen wird, wird man in Wirklichkeit unterscheiden können, was ererbt ist und was in dieser Weise in der ersten kindlichen Lebensepoche nachahmend aus der Umgebung erworben wird. [GA 084, S. 199-200, 30.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga084.pdf#page=200&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (4) Organbildung ##### Nachahmung: besondere organbildende Kraft von Klang und Rhythmus der Kinderlieder. GA 034 01.05.1907 Im frühen Kindesalter ist insbesondere wichtig, daß solche Erziehungsmittel wie zum Beispiel Kinderlieder möglichst einen schönen rhythmischen Eindruck auf die Sinne machen. Weniger auf den _Sinn_ als vielmehr auf den schönen _Klang_ ist der Wert zu legen. Je erfrischender etwas auf Auge und Ohr wirkt, desto besser ist es. Man sollte nicht unterschätzen, was zum Beispiel tanzende Bewegungen nach musikalischem Rhythmus für eine organbildende Kraft haben. [GA 034, S. 328, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=328&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Kind bildet seine physischen Organe durch die Einwirkung seiner Umgebung. GA 34 01.05.1907 Nicht moralische Redensarten, nicht vernünftige Belehrungen wirken auf das Kind in der angegebenen Richtung, sondern dasjenige, was die Erwachsenen in seiner Umgebung sichtbar vor seinen Augen tun. Belehrungen wirken nicht formenbildend auf den physischen Leib, sondern auf den Ätherleib, und der ist ja bis zum siebenten Jahre ebenso von einer schützenden Äthermutterhülle umgeben, wie der physische Leib bis zur physischen Geburt von der physischen Mutterhülle umgeben ist. Was sich in diesem Ätherleibe vor dem siebenten Jahre an Vorstellungen, Gewohnheiten, an Gedächtnis usw. entwickeln soll, das muß sich in ähnlicher Art« von selbst» entwickeln, wie sich die Augen und die Ohren im Mutterleibe ohne die Einwirkung des äußeren Lichtes entwickeln... Es ist ohne Zweifel richtig, was man in einem ausgezeichneten pädagogischen Buche lesen kann, in Jean Pauls «Levana» oder «Erziehlehre», daß ein Weltreisender mehr von seiner Amme in den ersten Jahren lernt, als auf allen seinen Weltreisen zusammen. Aber das Kind lernt eben nicht durch Belehrung, sondern durch Nachahmung. Und seine physischen Organe bilden sich ihre Formen durch die Einwirkung der physischen Umgebung. Es bildet sich ein. gesundes Sehen aus, wenn man die richtigen Farben- und Lichtverhältnisse in des Kindes Umgebung bringt, und es bilden sich in Gehirn und Blutumlauf die physischen Anlagen für einen gesunden moralischen Sinn, wenn das Kind Moralisches in seiner Umgebung sieht. Wenn vor dem siebenten Jahre das Kind nur törichte Handlungen in seiner Umgebung sieht, so nimmt das Gehirn solche Formen an, die es im späteren Leben auch nur zu Torheiten geeignet machen. Wie die Muskeln der Hand stark und kräftig werden, wenn sie die ihnen gemäße Arbeit verrichten, so wird das Gehirn und werden die anderen Organe des physischen Menschenleibes in die richtigen Bahnen gelenkt, wenn sie die richtigen Eindrücke von ihrer Umgebung erhalten. [GA 034, S. 324–325, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=324&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Organbildung durch Nachahmung; Sinnesorgane nehmen Umgebung wahr. GA 055 01.12.1906 Hieraus ergeben sich ganz bestimmte Erziehungsprinzipien für die einzelnen Lebensepochen, nämlich bis zum siebten Jahre die Pflege alles dessen, was Zusammenhang hat mit dem physischen Leibe. Dies ist nicht nur in äußerer mechanischer Weise aufzufassen, sondern es kommt noch vieles hinzu. Die Organe bilden sich nach und nach aus; wichtige physische Organe kommen zur Entfaltung in dieser Zeit. Es ist daher wichtig, wie wir auf die Sinne wirken, was das Kind sieht und wahrnimmt. Eine Fähigkeit des Menschen ist hierbei maßgebend, der Nachahmungstrieb. Der griechische Philosoph _Aristoteles_ sagt bezeichnend: Der Mensch ist das nachahmendste der Tiere. Bis zum Zahnwechsel ist das für das Kind besonders zutreffend; da steht es unter dem Zeichen der Nachahmung. Daher muß man in die Umgebung des Kindes alles das bringen, was durch die Sinnesorgane bildend auf dasselbe wirken kann. [GA 055, S. 123, 01.12.1906](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga055.pdf#page=123&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Vorbild und Nachahmung; Erweckung der Sinne des Kindes; Ausbildung der Organe. GA 097 17.01.1907 So gehört zur Pflege des Kindes bis zum siebenten Jahre alles, was  mit dem physischen Leib zusammenhängt. Darunter fällt die harmonische Ausbildung der Organe durch die Einwirkung auf die Sinne des Kindes. Die Physis ist daher das Maßgebende, das zu Erziehende. Dem tragen wir dadurch Rechnung, dass wir dem Kinde alles bringen, was durch die Sinne heranbildend wirkt. _Aristoteles_ sagt: Der Mensch ist das nachahmendste der Tiere. - Das Kind ist also ein Nachahmer, alles steht bei ihm unter dem Zeichen der Nachahmung dessen, was es hört und sieht. In diesem Alter haben Gebote und Verbote wenig Bedeutung. Die größte Bedeutung aber hat das Vorbild, dadurch muss die Umgebung die Sinne des Kindes erwecken. Wie wir sind, das ist die Hauptsache, und bis in die Feinheiten hinein muss der Erwachsene sein eigenes Tun und Lassen beobachten. Er darf nichts tun, was das Kind nicht nachahmen darf, denn alles, was es sieht, das betrachtet es als etwas, was es selber tun und nachahmen darf. [GA 097, S. 303–304, 17.01.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga097.pdf#page=303&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Freude und Genuss an der Umgebung schaffen die Kraft für die Bildung der Organe durch Nachahmung. Keine Askese! GA 055 28.02.1907 Wie ein Muskel nur stark wird, wenn er angewendet wird, so ist es auch hier: jetzt muß das Kind arbeiten und das in der Phantasie aufbauen, was die Puppe nicht hat. Da wird der innere organische Aufbau bewirkt. Es ist daher von besonderer Bedeutung, daß man das Kind innerlich arbeiten laßt, in seine Umgebung das bringt, was die Organe durchströmt mit Freude und Lust und Genuß an der Umgebung. Das schafft Kraft für die Bildung der Organe. Durch nichts kann man die Organe mehr ruinieren, als wenn man dem Kinde nicht das Richtige zuführt. Die Phantasie, die in ihm tätig ist, arbeitet an den Formen seiner Organe, und nichts wäre verfehlter, als durch eine falsche Askese das Kind an ein lustloses Dasein gewöhnen zu wollen. Freude ist der Praktiker in den ersten Lebensjahren, und die gesunden Lebensinstinkte sind die Bildner, die man nur nicht verderben soll. [GA 055, S. 165, 28.02.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga055.pdf#page=165&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Umgebung wird vom Kind nachgeahmt; im Nachahmen gießen sich seine physischen Organe in die Formen. GA 034 01.05.1907 Es gibt zwei Zauberworte, welche angeben, wie das Kind in ein Verhältnis zu seiner Umgebung tritt. Diese sind: _Nachahmung_ und _Vorbild._ Der griechische Philosoph Aristoteles hat den Menschen das nachahmendste der Tiere genannt; für kein Lebensalter gilt dieser Ausspruch mehr als für das kindliche bis zum Zahnwechsel. Was in der physischen Umgebung vorgeht, das ahmt das Kind nach, und im Nachahmen gießen sich seine physischen Organe in die Formen, die ihnen dann bleiben. Man muß die physische Umgebung nur in dem denkbar weitesten Sinne nehmen. Zu ihr gehört nicht etwa nur, was materiell um das Kind herum vorgeht, sondern alles, was sich in des Kindes Umgebung abspielt, was von seinen Sinnen wahrgenommen werden kann, was vom physischen Raum aus auf seine Geisteskräfte wirken kann. Dazu gehören auch alle moralischen oder unmoralischen, alle gescheiten und törichten Handlungen, die es sehen kann. [GA 034, S. 324, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=324&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Bildung der physischen Organe durch Nachahmung gesunder Vorbilder in der Atmosphäre der Liebe. GA 034 01.05.1907 Zu den Kräften, welche bildsam auf die physischen Organe wirken, gehört also Freude an und mit der Umgebung. Heitere Mienen der Erzieher, und vor allem redliche, keine erzwungene Liebe. Solche Liebe, welche die physische Umgebung gleichsam warm durchströmt, brütet im wahren Sinn des Wortes die Formen der physischen Organe aus. Wenn die Nachahmung gesunder Vorbilder in solcher Atmosphäre der Liebe möglich ist, dann ist das Kind in seinem richtigen Elemente. Strenge sollte daher darauf gesehen werden, daß in der Umgebung des Kindes nichts geschieht, was das Kind nicht nachahmen dürfte. Man sollte nichts tun, wovon man dem Kinde sagen müsste, das darfst du nicht tun. [GA 034, S. 328, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=328&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung bildet Gehirn, Blutumlauf, Sehen. GA 034 01.05.1907 Aber das Kind lernt eben nicht durch Belehrung, sondern durch Nachahmung. Und seine physischen Organe bilden sich ihre Formen durch die Einwirkung der physischen Umgebung. Es bildet sich ein. gesundes Sehen aus, wenn man die richtigen Farben- und Lichtverhältnisse in des Kindes Umgebung bringt, und es bilden sich in Gehirn und Blutumlauf die physischen Anlagen für einen gesunden moralischen Sinn, wenn das Kind Moralisches in seiner Umgebung sieht. Wenn vor dem siebenten Jahre das Kind nur törichte Handlungen in seiner Umgebung sieht, so nimmt das Gehirn solche Formen an, die es im späteren Leben auch nur zu Torheiten geeignet machen. Wie die Muskeln der Hand stark und kräftig werden, wenn sie die ihnen gemäße Arbeit verrichten, so wird das Gehirn und werden die anderen Organe des physischen Menschenleibes in die richtigen Bahnen gelenkt, wenn sie die richtigen Eindrücke von ihrer Umgebung erhalten. [GA 034, S. 324–325, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=324&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung prägt sich bis in die konstitutionelle Beschaffenheit des Kindes (Blutzirkulation und Nervensystem). GA 304a 14.11.1923 Wenn wir zum Beispiel in der Umgebung des Kindes den jähzornigen Vater haben, der unter dem Einfluß des Jähzorns allerlei ausführt, so ist dies, was er so ausführt, in seiner äußerlichen Gestaltung für das Kind, das in der Umgebung eines solchen Vaters aufwächst, von einer ganz besonderen Bedeutung, Nicht der Jähzorn selbst ist von Bedeutung, denn von dem versteht das Kind eigentlich nichts, sondern die Taten, selbst die Bewegungen eines solchen Vaters sind von Bedeutung. Denn der ganze Körper des Kindes benimmt sich in dieser Zeit als ein Willens-Sinnesorgan; er lebt in seinen Bewegungen und Willensäußerungen rein aus, was sich in den Taten und Bewegungen eines Jähzornigen ausdrückt. Und alles in dem noch plastisch-bildungsfähigen Körper eines Kindes entfaltet sich unter dem Eindruck solcher Erlebnisse. Blutzirkulation, Nervenorganisation, die wiederum dem Seelischen zugrunde liegen und von ihm beeinflußt werden, richten sich danach, bekommen innere Gewohnheiten, und der Mensch trägt das, was er unter einem solchen Nachahmungsprinzip sich angeeignet hat, durch das ganze spätere Leben mit sich als eine konstitutionelle Beschaffenheit. Unser Blut zirkuliert später so, wie diese äußeren sinnlich wahrnehmbaren, aber sich in Willen umsetzenden Eindrücke im zartesten Kindesalter waren. Wir müssen dies leiblich-physisch und seelisch auffassen. [GA 304a, S. 111, 14.11.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=111&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Im 1. Jahrsiebt macht der Ätherleib ein inneres Bild der Umgebung und prägt es der physischen Organisation ein. GA 311 13.08.1924 Denken Sie daran, daß - ich will alles übrige weglassen - von jedem Gegenstande, der draußen ist, sich im Auge ein Bild bildet, ein umgekehrtes Bild bildet. Das ist ja dasjenige, was die triviale Physik jeden lehrt. Dasjenige also, was draußen ist in der Welt, ist bildhaft im Auge drinnen. Nun, dabei bleibt die Physik stehen. Es ist aber eigentlich nur der Anfang dessen, was man in bezug auf das Auge wissen soll, daß sich da drinnen ein Bild bildet, es ist die äußerlichste physikalische Tatsache. Würde die Physik mit fein beobachtendem Sinn dieses Bild anschauen, dann würde sie finden: Je nachdem dieses Bild ist, geht da drinnen in der Aderhaut die Zirkulation vor sich. Die ganze Aderhaut ist in ihrer Blutzirkulation beeinflußt von der Art und Weise, wie das Bild ist. Das ganze Auge richtet sich ein nach diesen Dingen. Das sind ja feine Vorgänge, die von der gewöhnlichen Physik nicht berücksichtigt werden. Aber das Kind ist Auge in den ersten sieben Jahren. Wenn in der Nähe des Kindes - sagen wir etwas Eklatantes - ein Zornausbruch stattfindet, wenn jemand wütend wird, dann wird das ganze Kind in seinem Innern ein Bild dieses Zornausbruches haben. Der Ätherleib macht ein Bild. Von dem geht nun in die ganze Zirkulation und in den ganzen Gefäß-Stoffwechsel etwas über, was mit dem Zornausbruch verwandt ist. Das ist in den ersten sieben Jahren so, und danach richtet sich der Organismus ein. [GA 311, S. 24–25, 13.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga311.pdf#page=24&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (5) Vorbild ##### 1.Jahrsiebt; Das Kind ist völlig hingegeben an seine Umgebung und seelisch beherrscht vom Triebe der Nachahmung. GA 297 21.05.1920 Bis zum Zahnwechsel lebt das Kind in einer Art Traumleben. Es ist völlig hingegeben an seine Umgebung und seelisch beherrscht vom Triebe zur Nachahmung. Daher seine Liebe zum Spiele und seine Befähigung, sich fremde Sprachen anzueignen, die während dieser Periode in der Erziehung besonders ausgenutzt werden sollte. [GA 297, S. 282, 21.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=282&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Wahrnehmung und Nachahmung der Umgebung. GA 096 14.05.1906 So ist es weitgehend mit allen Eindrücken der Sinneswelt. Was Sie selbst in der Umgebung des Kindes sind, was das Kind unmittelbar sieht oder hört, darauf kommt es an. Es wird ein guter Mensch, wenn es um sich gute Menschen sieht. Es ahmt die Dinge, die es um sich herum wahrnimmt, nach. Gerade auf die Nachahmungskraft, auf die Wirkung des Beispiels muß man den allergrößten Wert legen. Daher wird das richtige sein: möglichst viel vormachen, damit das Kind möglichst viel nachmachen kann. [GA 096, S. 63, 14.05.1906](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga096.pdf#page=63&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; alle Tätigkeit des Kindes ist beherrscht von dem Prinzip der Nachahmung. GA 330 18.06.1919 Wer die Fähigkeit hat, innerlich das Kind in jener wichtigen Lebensepoche, in der das Leben von der Geburt bis zum Zahnwechsel abläuft, zu beobachten, der weiß, daß alle Tätigkeit, alle irgendwie gerichtete Handlungsweise des Kindes in dieser ganz unbewußten, instinktiven Kinderzeit beherrscht ist von dem Prinzip der Nachahmung. Das Kind hat in dieser Zeit durchaus das Bestreben zu sprechen, Gesichter zu machen, die Hände zu bewegen, so zu tun, wie seine Umgebung tut, spricht, Gesichter macht, die Hände bewegt. In diesem nachahmenden Bestreben des Kindes, dem man durch eine wirklich praktische Erziehung entgegenkommen muß, liegt etwas für das menschliche Leben höchst Bedeutungsvolles. Es liegt darin, daß die menschliche Natur das, was sie im späteren Leben bewußt niemals vollbringen kann, unbewußt, instinktiv versucht: sich zusammenzufinden als Einzelmensch mit anderen Menschen. Im nachahmenden Tun und Bestreben soll sich ausgestalten ein Hineinfinden in die menschliche Sozietät, soll sich ausgestalten ein wirklich menschliches, durch Bande von Mensch zu Mensch gehendes Zusammenleben der Menschen. [GA 330, S. 277–278, 18.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga330.pdf#page=277&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Hingabe an die Umgebung und Nachahmung dieser. GA 297 25.11.1919 Jener Abschnitt, der sich deutlich beobachten läßt in der Zeit, in welcher der Mensch die Zähne wechselt, so um das sechste, siebente Jahr herum, bedeutet für den Kenner der Menschenwesenheit einen tiefgehenden Umschwung der ganzen menschlichen Natur. Wenn man das Seelenleben vor diesem Abschnitt prüft, wenn man ein Organ dafür hat, wirklich empirisch solche Sachen zu prüfen, wie man heute empirisch prüft in den Laboratorien oder in den physikalischen Instituten oder der Sternwarte, dann findet man, daß der Mensch in der Zeit, die dem Zahnwechsel vorangeht, im wesentlichen ein Nachahmer ist. Was sein ganzes Wesen beherrscht bis zum siebenten Jahre, ist ein Leben in einem nachahmenden Elemente, eine Art selbstverständlicher naiver Hingabe an die Umgebung. Bis in die Bewegung, bis in die Geste, bis in den Tonfall hinein lernen wir in den ersten sieben Jahren unseres Lebens alles durch Nachahmung, durch strengste Anpassung an dasjenige, was in unserer Umgebung ist. [GA 297, S. 126–127, 25.11.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=126&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Umgebung muss so eingerichtet sein, dass Kind nachahmen kann bis in die Imponderabilien der Gedanken hinein GA 081 08.03.1922 Alles, was wir in der Umgebung des Kindes tun, muss so eingerichtet werden, dass das Kind es nachahmen kann, es nachahmen kann bis in die Imponderabilien der Gedanken hinein. Da erweist sich eben die Realität der Gedanken. Nicht bloß das, was wir tun, sondern auch die Art und Weise unserer Gedanken ist maßgebend dafür. Wir sollen uns in der Umgebung des Kindes nicht jedem Gedanken hingeben, denn er wirkt auf das Kind. Also bis auf die Imponderabilien hin müssen die Gedanken berücksichtigt werden. [GA 081, S. 93–94, 08.03.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga081.pdf#page=93&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (5a) Menschliche Vorbilder ##### 1.Jahrsiebt; Erziehung erfolgt durch Vorbild und Nachahmung bis in die Gedanken und Empfindungen hinein. GA 218 19.11.1922 Durch das, wodurch wir erziehen können, bewirken wir nur etwas, wenn wir vor das Kind hinstellen das Vorbild, das es nachahmen kann. Das geht bis in die Gedanken hinein. Oh, zwischen demjenigen, der erziehen soll, und dem Kinde, ist ein feiner, innerlicher geistiger Zusammenhang! Und wir sollten uns selbst in der Nähe des Kindes befleißigen, nur diejenigen Gedanken und Empfindungen zu haben, welche auch von dem Kinde innerlich als Gedanken und Empfindungen nachgeahmt werden können. Denn, sehen Sie, es ist eben das Kind seelisch ganz Sinn, und es nimmt in den feinsten Regungen, von denen sich unsere Erwachsenensinne gar nichts träumen lassen, dasjenige wahr, was in seiner Umgebung vorgeht. [GA 218, S. 231, 19.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=231&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind nimmt durch Nachahmung alles auf, was aus der Umgebung an das Kind herankommt; Selbsterziehung des Erziehers. GA 303 29.12.1921 Und so steht in ähnlicher Weise in den ersten zweieinhalb Lebensjahren auch das Kind, wenn sich der erziehende Führer richtig benimmt, in einer Art von seelischem Wahrnehmungsrapport zu diesem Führer, und es wird das Kind in allerausgesprochenstem Maße ein Nachahmer, ein Imitator. Uns erwächst dann die Aufgabe, nicht durch unseren Willen allerlei dem Kinde beibringen zu wollen, sondern in einer etwas unbequemeren Weise so zu sein in seiner Nähe, daß das Kind die betreffende Sache nachmachen kann; denn das Kind ist empfänglich für alles, was wir tun, wie wir uns bewegen. Das alles ahmt es entweder wirklich nach, das vielleicht erst später, aber es entwickelt in sich die Nachahmungstendenzen und preßt diese durch die organisch-seelischen Kräfte in seine Körperlichkeit hinein empfänglich für unsere Gefühle, für unsere Gedanken. So daß die Erziehung in diesen ersten zweieinhalb Lebensjahren sich lediglich darauf beziehen kann, daß wir uns selbst so weit erziehen, daß wir in der Nähe des Kindes das denken, fühlen und wollen, was das Kind anschauen kann. Es erhält sich das manchmal noch, weil die Nachahmung im wesentlichen bis zum Zahnwechsel hingeht, für die späteren Lebensjahre. Man erfährt da, wenn man wirklich praktisch im Leben drinnensteht, gar manches von dieser Art. [GA 303, S. 129–130, 29.12.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=129&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; alle moralischen Worte haben in diesem Alter noch keinen Einfluss auf die kindliche Entwicklung. GA 330 18.06.1919 Nehmen wir an, die Menschheit könnte sich in der Gegenwart entschließen, in radikaler Weise hinzuschauen auf dieses Prinzip der Nachahmung in den ersten Kinderjahren. Dann würde, wenn darauf Sorgfalt gelegt würde, für das spätere Leben etwas entwickelt werden, was nur bewußt, verständig entwickelt werden kann, wenn im unbewußten Kindesalter die Nachahmung richtig waltet. Diese Nachahmung sieht man nicht immer in der richtigen Form. Da kommen Eltern zu einem und sagen: Mein Kind, oh, ich habe große Sorge, mein Kind hat einen Diebstahl begangen, es hat Geld aus der Schublade herausgenommen! - Man fragt nach: Wie alt ist das Kind? - Fünf Jahre. — Man muß dann sagen: Wenn sonst alle Erziehungsverhältnisse in Ordnung sind, so braucht man sich aus dieser Sache keine besondere Sorge zu machen, denn das Kind ist ein Nachahmer, es tut das, was in seiner Umgebung getan wird. Es hat gesehen, wie jeden Tag die Mutter soundso oft Geld aus der Schublade nimmt, und es macht dies nach. In diesem kindlichen Alter haben Worte, welche Sittengebote ausdrücken, noch keinen Einfluß auf die kindliche Entwickelung, sondern allein das, was man selbst in der Umgebung des Kindes macht. [GA 330, S. 278, 18.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga330.pdf#page=278&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erzieherverhalten im 1. Jahrsiebt. Nachahmung. GA 301 22.04.1920 Das heißt, ich weiß, wenn ich vor einem noch nicht siebenjährigen Kinde etwas tue, so tue ich das nicht nur für mich, sondern es setzt sich mein Tun in das Tun des Kindes hinein fort. Ich bin nicht allein mit meinem Tun. Wir werden sehen: ich bin nicht allein mit meinem Tun, mit meinem Wollen, mit meinem Fühlen, ich bin nicht allein mit meinem Denken oder Vorstellen, denn die wirken als Imponderabilien. Und etwas anderes ist es, wie wir sehen werden, ob ich mit einer guten Gesinnung neben dem Kinde lebe und das Kind neben mir aufwachsen lasse, oder mit einer schlechten Gesinnung. Da wirken Imponderabilien, die heute noch nicht gewürdigt sind. [GA 301, S. 57, 22.04.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=57&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ahmt instinktiv die Umgebung nach, jede Handbewegung, jeden Sprachlaut. GA 335 10.06.1920 Ich will erwähnen, daß beim Kind ungefähr um das siebente Jahr herum dasjenige eintritt, was Ersatz der ursprünglichen Milchzähne durch die bleibenden Zähne ist. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht hier, daß die ganze seelische Konstitution des Menschen in diesem Lebensalter eine andere wird. Es ist zu gleicher Zeit das Lebensalter, wo wir das Kind aus dem Elternhaus in die Volksschule hinein bekommen. Es ist das Lebensalter, auf das wir hinschauen müssen, wenn wir den methodischen, den didaktischen, den pädagogischen Ausgangspunkt für den Volksschulunterricht und die Volksschulerziehung gewinnen wollen. Ich habe darauf aufmerksam gemacht, wie in den Lebensjahren bis zum Zahnwechsel hin der Mensch vorzugsweise ein Nachahmender ist, wie er in seiner Seele so gestaltet ist, daß er miterlebt aus seinem Instinkt heraus das, was in seiner unmittelbaren Umgebung vorgeht, wie er sich gewissermaßen gar nicht loslöst von seiner Umgebung. Die Handbewegungen, die Vater und Mutter machen, die Sprachlaute, die Vater und Mutter äußern, ahmt das Kind nach, weil es gewissermaßen, wenn auch nicht so sichtbar, mit Vater und Mutter und der ganzen Umgebung so verbunden ist, wie der Mutterarm und Vaterarm mit dem Körper von Mutter und Vater verbunden ist, nur in einem höheren Grade. Aber auf das, worauf ich hier schon aufmerksam gemacht habe, möchte ich heute nicht hinweisen, sondern auf etwas anderes, was nun wiederum innig damit in Zusammenhang steht. Das, was als Zahnwechsel erscheint, ist gewissermaßen der Abschluß eines ganzen organischen Prozesses; das, was sozusagen kulminiert in dem Hinausdringen der zweiten Zähne, das sind Ergebnisse von Kräften, die in dem vorangehenden Lebensalter durch den ganzen menschlichen Organismus fluten. Da brauchen wir zunächst nicht zu unterscheiden, was geistig-seelisch, was leiblich-physisch ist. Wir sehen ja, wenn wir das Mienenspiel des Kindes betrachten, wenn wir die Veränderung seines Gesichtes von Jahr zu Jahr betrachten, wie das Seelische am Leiblichen arbeitet. Und wir sehen gewissermaßen nur tiefer hinein in dieses seelisch-geistige Arbeiten, wenn wir sehen, wie dieses Seelisch-Geistige in dem Kinde organisch arbeitet, wie es an die Außenwelt dringt, indem es zuletzt einen Abschluß findet im Einsetzen der zweiten Zähne. Was ist das eigentlich, was da wirkt? [GA 335, S. 165–166, 10.06.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga335.pdf#page=165&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Nachahmung bis in die Gedankenwelt hinein. GA 309 14.04.1924 Das Kind schaut das Moralische, wenn auch auf unterbewußte Art. Deshalb müssen wir uns klar sein darüber, daß wir in der Umgebung des Kindes nicht bloß aus dem Sichtbaren heraushalten müssen alles dasjenige, was das Kind nicht nachahmen soll, sondern daß wir aus dem Unsichtbaren heraushalten müssen auch alle Gedanken in der Nähe des Kindes, welche nicht in die kindliche Seele hineinkommen sollen. Und diese Gedankenerziehung, die ist sogar für das kindliche Alter bis zum Zahn Wechsel hin das Allerwichtigste: wenn wir uns auch nicht gestatten, unreine, häßliche, zornwütige Gedanken zu haben in der Nähe des Kindes. Denn Sie werden zwar sagen: Ich kann ja hier denken, was ich will, da ändere ich mich äußerlich nicht; da sieht das Kind nichts, es kann also auch nicht beeinflußt werden. [GA 309, S. 35, 14.04.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga309.pdf#page=35&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ist Nachahmer bis in die Mimik und Gestik des Erwachsenen und in seinem Organismus ein konstitutioneller Abdruck des physischen Erlebens am Erwachsenen. GA 305 19.08.1922 Das Kind, das neben den Erwachsenen heranwächst, ist aber ein Imitator auch der schwächsten physischen Zustände des Erziehers. Es richtet sich ganz nach dem physiognomischen Ausdruck, nach dem, was es wahrnimmt, nach der Art und Weise, wie der Erwachsene sorgenvoll spricht, sorgenvoll empfindet, ein, weil es ja ganz Sinnesorgan ist. Imponderable Wechselwirkungen spielen sich ab zwischen dem Erwachsenen und dem Kinde. Hat der Erwachsene Sorge, die seelisch ist, aber sich in den physischen Folgezuständen offenbart, so nimmt Kind als Imitator die physischen Folgen wahr und gestaltet das eigene Innere darnach, wie sich das Auge mit der Lichtwirkung durchdringt. Das Kind nimmt eine innerliche Geste, eine innerliche Mimik auf, was sich durch die klebrige Zunge, den bitteren Geschmack offenbart. Es entwickelt sich bei ihm durch den ganzen Organismus hindurch ein konstitutioneller Abdruck des physischen Erlebens beim Erwachsenen. Es nimmt das in die Länge gezogene Blaß werden des Gesichtes an, das der sorgenvolle Erwachsene hat, aber es kann den seelischen Inhalt der Sorge nicht in sich aufnehmen; es imitiert nur die physische Folge der Sorge. Und das Ergebnis ist, daß beim Kinde sogleich seine physische Konstitution von den geistigen Formkräften, die im Sinnes-Nervensystem ihren Sitz haben, ergriffen wird. Die inneren physischen und feineren Organe bauen sich im Sinne dessen auf, was das Kind an physischem Abbild der Sorge in sich aufgenommen hat. Es bekommt einen zur Sorge disponierten Organismus, der später auch leicht Lebenseindrücke in Sorge aufnimmt, die eine andere Konstitution nicht dazu treiben. [GA 305, S. 59–60, 19.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=59&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Seelenkraft muss durch Nachahmung angeregt werden. GA 309 14.04.1924 So handelt es sich darum, daß wir allmählich lernen, nicht nur Dinge an das Kind heranzubringen, die wir nach unserem abstrakten Verstande als Stäbchenlegen und allerlei solche Arbeiten ausdenken, daß das Kind es machen könne: das Kind tut es nicht von sich aus. Es muß seine eigene Seelenkraft erregt werden; dann ahmt es die Dinge nach, die es bei den Erwachsenen sieht. Es spielt mit der Puppe, weil es die Mutter das Kind pflegen sieht. Im Kinde lebt ganz und gar dasjenige, was bei den Erwachsenen ist, als Tendenz zur Nachahmung. Dieser Tendenz muß Rechnung getragen werden bei der Erziehung des Kindes bis zum Zahnwechsel. [GA 309, S. 37, 14.04.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga309.pdf#page=37&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (6) Kindergarten/Spiel ##### 1.Jahrsiebt; Nachahmung der Erwachsenentätigkeit; keine ausgedachten Tätigkeiten im Kindergarten. GA 307 10.08.1923 Darin haben die ja sonst in vieler Beziehung außerordentlich anerkennenswerten Kindergärten große Fehler gemacht. Der Kindergarten, der von _Fröbel_ und anderen mit einer wirklich innigen Kindesliebe eingerichtet worden ist, muß sich klar sein darüber, daß das Kind ein nachahmendes Wesen ist, aber nachahmen nur dasjenige kann, was noch nicht intellektualistisch ist. So dürfen wir nicht allerlei Kinderarbeiten in den Kindergarten hineinbringen, die ausgedacht sind. Alles Stäbchenlegen, alles Flechten und dergleichen, was im Kindergarten vielfach eine so große Rolle spielt, ist ausgedacht. Wir dürfen in dem Kindergarten nur dasjenige im Bilde haben, was die großen Leute auch machen, nicht was im besonderen ausgedacht ist. Den Menschenkenner beschleicht oftmals ein tragisches Gefühl, wenn er in diese gutgemeinten Kindergärten hineinkommt, wo so schön ausgedachte Arbeiten darin sind. Denn auf der einen Seite gehen diese Kindergärten aus einem so unendlich guten Willen hervor, aus so viel Kinder-liebe, und auf der anderen Seite wird nicht beachtet, daß alles inhaltlich Intellektualistische, alles dasjenige, was ausgedacht ist an Kinderarbeiten, vom Kindergarten ausgeschlossen sein muß, daß es nur die äußere Nachahmung des äußeren Bildes der Erwachsenentätigkeit sein darf, die im Kindergarten entfaltet werden kann. [GA 307, S. 118–119, 10.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=118&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Auf die Gesinnung des Erziehers kommt es im 1. Jahrsiebt an, denn diese prägt das Kind ein Leben lang. GA 311 13.08.1924 Alle diejenigen Dinge, die gewöhnlich in den Kindergärten empfohlen werden, man solle das oder jenes mit den Kindern machen, taugen nichts. Es ist meistens außerordentlich gescheit, was man so aufbringt als Kindergartenunterricht. Man muß sich, ich möchte sagen, ganz entzückt erklären über die Gescheitheit dessen, was da im Laufe des 19. Jahrhunderts für die Kindergärten ausgedacht worden ist. Die Kinder lernen ja da schon soviel, lernen fast schon lesen. Buchstaben bekommen sie, die sie in ausgeschnittene Buchstaben hineinzulegen haben und solche Sachen. Es sieht alles furchtbar gescheit aus, und man kann so leicht versucht sein, zu glauben, daß das etwas ist, was für die Kinder taugt. Nichts nutz ist es! Gar nichts taugt es in Wirklichkeit. Die ganze Seele des Kindes wird dadurch verdorben. Bis in den Leib hinein, bis in die Gesundheit hinein wird das Kind verdorben. Schwächlinge für Leib und Seele werden im späteren Leben durch solche Kindergartenarbeiten erzeugt. Würde man dagegen einfach die Kinder hereinnehmen in den Kindergarten und sich selber so verhalten, daß die Kinder es nachmachen können, würde man allerlei Dinge machen, die die Kinder nachmachen, aus eigenem Antriebe nachmachen, wie sie es gewohnt sind vom Seelensein her im vorirdischen Dasein, dann würde das zwar bedingen, daß die Kinder uns ähnlich werden, aber es hängt ja dann von uns ab, daß wir so sind, daß sie uns ähnlich werden können. Sehen Sie, das ist für die ersten sieben Lebensjahre ins Auge zu fassen, nicht das, was Sie im Worte, im Äußeren, als eine Moralanschauung betrachten. Es kommt in Betracht, ob Sie ein furchtbar griesgrämiges Gesicht machen, so daß das Kind den Eindruck hat, Sie seien ein Sauertopf; das schadet dem Kinde das ganze Leben hindurch. Daher ist es gerade für kleine Kinder so notwendig, daß man in demjenigen, was Menschenbetrachtung und Menschenleben ist, als Erzieher ganz aufgeht. Was für Programmpunkte man sich setzt, ist ja ganz gleichgültig. Was für ein Mensch man ist, das kommt in Betracht. Programme zu machen ist leicht in unserer Zeit, weil in unserer Zeit alle Menschen so gescheit sind. Ich sage das nicht aus Ironie. In unserer Zeit sind die Menschen eben so gescheit. Wenn sich nur ein paar Menschen zusammensetzen und ausdenken, das oder jenes soll im Unterrichte oder in der Erziehung geschehen, so wird immer was Gescheites herauskommen. Ich habe noch keine dummen Erziehungs- und Unterrichtsprogramme kennengelernt; die sind immer sehr gescheit. Es kommt aber nicht darauf an, daß man solche Programme hat, sondern daß man in der Schule Menschen hat, die in der Weise wirken können, wie ich es eben angedeutet habe. Diese Gesinnung muß man entwickeln, denn auf die Gesinnung kommt es eigentlich gerade in der Lebensepoche des Kindes so ungeheuer viel an, in der das Kind ganz Sinnesorgan ist. [GA 311, S. 26–27, 13.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga311.pdf#page=26&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt. Was passiert, wenn in den Kindergärten nicht das Prinzip der Nachahmung herrscht? GA 318 12.09.1924 Wir haben, meine lieben Freunde, gesehen, daß manches in die Pädagogik der früheren Jahrzehnte eingezogen ist, was wir vom Standpunkte einer gesunden Pädagogik, wie sie die Waldorfschul-Pädagogik sein will, gerade bekämpfen, Dinge, die den Menschen außerordentlich lieb geworden sind. Auf das muß manchmal mit grausamer Härte in unserer Waldorfschul-Pädagogik hingewiesen werden, zum Beispiel wie diese, ich habe darauf hingewiesen, nicht dem Leben, sondern dem Intellekt entnommenen Fröbel-Arbeiten, die in den Kindergärten vor dem Zahnwechsel getrieben werden, die nicht Nachahmung des Lebens, sondern ausgedachte Dinge sind, wie diese getrieben werden. Da ist es dann, daß in das kindliche Lebensalter zwischen Geburt und Zahnwechsel hineingenommen wird dasjenige, was erst da sein sollte im zweiten Lebensalter zwischen Zahnwechsel und Geschlechtsreife. Es wird geradezu herangezogen dasjenige, was sich in den ersten Stadien des Pathologischen, wie ich es heute geschildert habe, dargestellt hat. Dann wird herangezogen ein Krankheitszustand schwacher Art, den man oftmals noch nicht als pathologisch anspricht, der auch besser nicht als pathologisch bezeichnet wird, damit man nicht alles pathologisch findet, der aber als Kulturerscheinung durchdrungen werden und verstanden werden muß. Nicht einfach kritisiert werden soll, aber verstanden werden soll, damit man in der rechten Weise sich zu ihm verhält. [GA 318, S. 76, 12.09.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=76&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ist ein nachahmendes Wesen und das spielt eine große Rolle in der praktischen Beziehung im Kindergartenalter. GA 077a 28.07.1921 In dieser praktischen Beziehung spielt eine große Rolle die Anschauung, dass man es bei dem Kinde bis etwa zum sechsten, siebenten Jahr mit einem nachahmenden Wesen zu tun hat. Das Kind ist Nachahmer bis in dieses Lebensalter hinein. Das geht so weit, daß in diesem Lebensalter, im Kindergartenalter also, eigentlich nicht im gewöhnlichen Sinne gelehrt werden sollte, sondern auf die Nachahmefähigkeit des Kindes gerechnet werden sollte. [GA 077a, S. 86-87, 28.07.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga077a.pdf#page=86&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Gehirnbildung durch Phantasiekräfte, die durch unfertiges und bewegliches Spielzeug angeregt werden. GA 034 01.05.1907 Ein Beispiel wird am besten anschaulich machen, um was es sich handelt. Man kann einem Kinde eine Puppe machen, indem man eine alte Serviette zusammenwindet, aus zwei Zipfeln Beine, aus zwei anderen Zipfeln Arme fabriziert, aus einem Knoten den Kopf, und dann mit Tintenklecksen Augen und Nase und Mund malt. Oder man kann eine sogenannte « schöne » Puppe mit echten Haaren und bemalten Wangen kaufen und sie dem Kinde geben. Es braucht hier gar nicht einmal davon gesprochen zu werden, daß diese Puppe natürlich doch scheußlich ist und den gesunden ästhetischen Sinn für Lebenszeit zu verderben geeignet ist. Die Haupterziehungsfrage dabei ist eine andere. Wenn das Kind die zusammengewickelte Serviette vor sich hat, so muß es sich aus seiner Phantasie heraus das ergänzen, was das Ding erst als Mensch erscheinen läßt. Diese Arbeit der Phantasie wirkt bildend auf die Formen des Gehirns. Dieses schließt sich auf, wie sich die Muskeln der Hand aufschließen durch die ihnen angemessene Arbeit. Erhält das Kind die sogenannte « schöne Puppe », so hat das Gehirn nichts mehr zu tun. Es verkümmert und verdorrt, statt sich aufzuschließen. Könnten die Menschen wie der Geisteswissenschafter hineinschauen in das sich in seinen Formen aufbauende Gehirn, sie würden sicher ihren Kindern nur solche Spielzeuge geben, welche geeignet sind, die Bildungstätigkeit des Gehirns lebendig anzuregen. Alle Spielzeuge, welche nur aus toten mathematischen Formen bestehen, wirken verödend und ertötend auf die Bildungskräfte des Kindes, dagegen wirkt in der richtigen Art alles, was die Vorstellung des Lebendigen erregt. Unsere materialistische Zeit bringt nur wenig gute Spielzeuge hervor. Was für ein gesundes Spielzeug ist zum Beispiel das, welches durch zwei verschiebbare Hölzer zwei Schmiede zeigt, die einander zugekehrt einen Gegenstand behämmern. Man kann dergleichen noch auf dem Lande einkaufen. Sehr gut sind auch jene Bilderbücher, deren Figuren durch Fäden von unten gezogen werden können, so daß sich das Kind selbst das tote Bild in die Abbildung von Handlungen umsetzen kann. Das alles schafft innere Regsamkeit der Organe, und aus dieser Regsamkeit baut sich die richtige Form der Organe auf. [GA 034, S. 325–326, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=325&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung des Lebens soll Kind im Spiel prägen. GA 311 19.08.1924 Darin besteht das Urübel unseres Unterrichtes, daß sich so vieles von der Wirklichkeit entfernt. Darauf beruht auch sehr vieles, was heute in den mustergültigen Kindergärten gemacht wird. Da hat man Arbeiten ausgedacht, die das Kind machen soll. In Wirklichkeit soll man das Kind nichts anderes, auch im Spiele, machen lassen, als was Nachahmung des Lebens ist. Also alle _Fröbelarbeiten_ und so weiter, die ausgedacht sind, sind eigentlich vom Übel. Es handelt sich durchaus darum, daß man das Kind nur dasjenige machen läßt, auch im Spiel, was Nachahmung des Lebens ist. Das ist von ungeheurer Wichtigkeit. Und deshalb soll man auch nicht, wie ich Ihnen schon gesagt habe, Spielwaren ausdenken, die kunstvoll, wie man sagt, gestaltet sind, sondern man soll womöglich bei Puppen oder bei irgend etwas dem Kinde noch möglichst viel für die Phantasie übriglassen. Das ist von einer großen Bedeutung. [GA 311, S. 121, 19.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga311.pdf#page=121&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Ätherhülle: innerer organischer Aufbau durch Phantasie und Nachahmung/ "Licht lockt die Kraft des Auges an die Oberfläche". GA 055 28.02.1907 Wir müssen uns klarmachen, daß in den ersten sieben Jahren des Lebens nur jene Essenz, die wir die Essenz des physischen Leibes nannten, vollständig frei wirkt, daß sie die physische Form gibt; sie leitet die physische Struktur ein. Die Organe wachsen in der Außenwelt heran, so daß sie ihre Form, ihre Anlage haben und nur noch weiterwachsen brauchen. Wir müssen daher alles in seine Umgebung bringen, was die Struktur des physischen Leibes in der allerbesten Weise entfalten kann. Dafür konnten wir zwei Zauberworte anführen: Nachahmung und Beispiel oder Vorbild. Alles, was um das Kind herum ist, wird von ihm nachgeahmt, und diese Nachahmung lockt die inneren Organe zu ihrer Form. Wenn auch das Gehirn mit dem siebenten Jahre noch sehr unvollkommen ist, die Richtung hat es doch erhalten, und was ihm bis dahin vorenthalten ist, kann es später nicht mehr nachholen. In den Zähnen macht das physische Prinzip gleichsam Schlußpunkt, denn es ist das Prinzip des Gestaltens, des Formens. So wie die Zähne am anschaulichsten zeigen, daß die Glieder sich konsolidiert haben, so sind auch die anderen weicheren Organe bestimmt. Das Licht wirkt und lockt die Kraft des Auges an die Oberfläche. Wir haben erwähnt, daß es gut ist, dem Kinde möglichst nicht fertige Puppen und derartiges zu geben, wir haben erwähnt, daß ein gesundes Kind nur für eine kurze Zeit Freude daran findet. Dagegen hat es seine Freude daran, wenn Sie eine Serviette zusammenbinden und mit Tintenklecksen Augen und Ohren machen und ihm als Spielzeug geben. Wie ein Muskel nur stark wird, wenn er angewendet wird, so ist es auch hier: jetzt muß das Kind arbeiten und das in der Phantasie aufbauen, was die Puppe nicht hat. Da wird der innere organische Aufbau bewirkt. [GA 055, S. 164–165, 28.02.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga055.pdf#page=164&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Spiel beruht auf Nachahmung der Tätigkeit der Erwachsenen. GA 301 10.05.1920 Betrachten wir von diesem Gesichtspunkte aus einmal das kindliche Spiel, und zwar gerade jenes Spiel, das beim allerjüngsten Kind zwischen der Geburt und dem Zahnwechsel auftritt. Dieses Spiel beruht ja selbstverständlich nach der einen Seite hin auf dem Nachahmungstrieb. Die Kinder machen das nach, was sie bei den Erwachsenen sehen; aber sie machen es anders; sie machen es vor allen Dingen so, daß sie weit entfernt sind von dem Zweck und der Nützlichkeit, die der Erwachsene mit gewissen Handlungen verbinden muss. Das Spiel wird nur der formalen Seite nach eine Nachahmung der Erwachsenen-Tätigkeit darstellen, nicht der materiellen Seite nach. Die Nützlichkeit, das zweckmäßige Sich hineinstellen in das Leben bleibt fort. Das Kind empfindet eine Befriedigung an der Tätigkeit, die der Betätigung der Erwachsenen nahe verwandt ist. [GA 301, S. 203–204, 10.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=203&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (7) Gehen ##### Das Kind aus Nachahmung gehen und sprechen lernen lassen. Sonst "ruiniert man den Nervenprozess" für das ganze Leben. GA 303 29.12.1921 Alles läuft darauf heraus, daß namentlich für die ersten zweieinhalb Lebensjahre das Kind so wird, wie wir selbst in seiner Umgebung sind. Und das bedingt, daß wir, indem das Kind zum Beispiel sprechen lernt, ihm nicht irgend etwas in der Sprache aufdrängen, vor allen Dingen nicht durch unseren Willen herankommen wollen, um zu bewirken, daß es so oder so sagt; sondern wir müssen in seiner Umgebung so sprechen, wie uns der Schnabel gewachsen ist, damit es Gelegenheit hat zu hören, und müssen nur dafür sorgen, daß er uns moralisch gewachsen ist. Das Kind nimmt das auf und führt sich selbst in diese Bahn hinein. Und wenn man genauer zusieht, das Kind lernt auch niemals gehen dadurch, daß wir alle möglichen Stehversuche und so weiter machen. Beim späteren Gymnastikunterricht ist das am Platze. Beim Gehenlernen können wir sehr leicht mit einem solchen Tapsen erreichen, wenn wir viel zu früh so etwas wie Steh- und Gehversuche anfangen, daß wir dann das Kind in seinem Nervenprozeß für das ganze Leben hindurch ruinieren. Wir lassen das Kind beobachten, daß der Erwachsene aufgerichtet ist. Als Nachahmer schiebt es sich zur richtigen Zeit selbst in diese Lage. Wir müssen eben den Menschen bei seinem Eintritt in das Leben durchaus als ein imitierendes, als ein nachahmendes Wesen auffassen und darnach gerade die Erziehung einrichten. [GA 303, S. 130–131, 29.12.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=130&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kind gliedert durch Nachahmung Statik und Dynamik in sein ganzes Menschenwesen ein. GA 306 16.04.1923 Indem nun das Kind in die Statik und Dynamik seiner Umgebung hineinkommt, tut es unbewußt etwas außerordentlich Bedeutsames. Denken Sie nur einmal, wieviel Mühe es manche Menschen kostet, später in der Schule Statik und Dynamik zu lernen und sie anzuwenden, nur soweit man sie anwendet auf das Maschinelle! Das Kind tut das unbewußt. Es gliedert wirklich Statik und Dynamik in sein ganzes Menschenwesen ein. Und gerade aus anthroposophischer Forschung kann man ersehen, daß selbst das, was die gelehrtesten Statiker und Dynamiker ausdenken für die äußere Welt, ein Kinderspiel ist gegen dasjenige einer so komplizierten Statik und Dynamik, wie sie das Kind sich im Gehenlernen eingliedert. Das tut es durch Nachahmung. Daher werden Sie sehen, wie merkwürdig gerade auf diese Verhältnisse die Nachahmung wirkt. [GA 306, S. 46-47, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=46&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kind ahmt die Bewegungen der Umgebung nach und somit lernt es auch das Gehen. GA 306 17.04.1923 Bedenken Sie nur, daß eben der Mensch eigentlich, am meisten im ersten Kindesalter, dann aber bis zum Zahnwechsel hin, ganz Sinnesorgan ist. Dadurch ist er erstens als ganzer Mensch empfänglich für alles dasjenige, was aus seiner Umgebung wirkt; aber er ist auch auf der anderen Seite veranlaßt, nachzubilden durch sich selbst dasjenige, was in seiner Umgebung wirkt. Er ist gewissermaßen - sagen wir, wenn wir ein Sinnesorgan herausgreifen -, er ist ganz Auge. Wie das Auge die Eindrücke von der Außenwelt empfängt, wie das Auge aber gerade durch seine eigene Organisation nachbildet dasjenige, was in seiner Umgebung auftritt, so bildet der ganze Mensch in der ersten Lebensperiode innerlich dasjenige nach, was in seiner Umgebung geschieht. Aber er nimmt dasjenige, was in seiner Umgebung geschieht, mit einer eigentümlichen inneren Erlebnisform auf. Es ist ja, wenn wir als Kind den Vater oder die Mutter die Hand bewegen sehen, den Arm bewegen sehen, sogleich im Kinde der innere Trieb, auch solch eine Bewegung zu machen. Und von den allgemeinen zappelnden, irregulären Bewegungen geht es über zu bestimmten Bewegungen, indem es die Bewegungen seiner Umgebung nachahmt. So lernt das Kind auch das Gehen. [GA 306, S. 50-51, 17.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=50&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Auf Grundlage dieses Gleichgewichtsuchens bildet sich das Sprechen. GA 224 23.05.1923 Auf Grundlage dieses Gleichgewichtsuchens, dieses Suchens - wenn ich mich jetzt etwas gelehrter, vielleicht auch etwas geschwollener ausdrücken darf- nach einer Dynamik des Lebens, auf Grundlage dieses Suchens bildet sich dann das Sprechenlernen aus. Denn wer beobachten kann, weiß ganz genau: die normale Entwickelung des Kindes geht so, daß sich das Sprechenlernen auf Grundlage des Gehen- und Greifenlernens entwickelt. Zunächst wird man schon am Sprechenlernen merken, wie das feste oder leichte Auftreten des Kindes sich auch ausdrückt in dem Sprechtakt, in dem Betonen der Silben, in der Kraft der Sprache. Und man wird ferner merken, wie die Modulation der Worte, wie die Konturierung der Worte einen gewissen Parallelismus hat mit der Art und Weise, wie das Kind lernt, geschickt oder ungeschickt seine Fingerchen zu biegen oder geradezuhalten. Aber wer dann das ganze Innere des menschlichen Organismus beobachten kann, der wird wissen können, wie nicht nur, was ja auch die heutige Entwickelungslehre zugibt, rechtshändige Menschen in der linken dritten Stirnwindung, in der sogenannten Brocaschen Windung, das Sprachzentrum haben - was ganz einfach physiologisch den charakteristischen Zusammenhang zwischen der Sprache und dem Greifvermögen, wenn ich mich des Pleonasmus bedienen darf: des ganzen Handhabungsvermögens des Armes und der Hand vergegenwärtigt -, sondern er weiß auch, wie intim die Bewegung der Stimmbänder, die ganze Einstellung des Sprachorganismus genau denselben Charakter annimmt, den die Geh- und Greifbewegungen annehmen. Aber es kann sich bei der normalen kindlichen Entwickelung das Sprechen, das ja in Nachahmung der Umgebung entwickelt wird, gar nicht entwickeln, ohne daß die Grundlage des Aufsuchens der Gleichgewichtslage im Leben erst da ist. [GA 224, S. 191–192, 23.05.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga224.pdf#page=191&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (8) Sprechen ##### Wahrhaftigkeit des Sprechens wird durch physischen Organismus nachahmend aufgenommen. GA 307 10.08.1923 Und wenn wir als Hilfeleister beim Gehenlernen jede Anleitung, die wir geben, in Liebe tauchen sollen, dann ist weiter notwendig, daß wir im Sprechenlehren, in der Hilfeleistung, die wir beim Sprechenlernen leisten, innerlich ganz wahr sind. Die größten Unwahrhaftigkeiten des Lebens werden erzeugt während des Sprechenlernens des Kindes; denn da wird die Wahrhaftigkeit des Sprechens durch den physischen Organismus, durch die physische Organisation aufgenommen. Ein Kind, dem gegenüber man als Erziehender, Unterrichtender immer wahrhaftig sich als Mensch äußert, ein solches Kind wird, seine Umgebung nachahmend, die Sprache so erlernen, daß sich jene feinere Tätigkeit in ihm festigt, die fortwährend im Organismus vor sich gehen muß, indem wir einatmen und ausatmen. [GA 307, S. 110, 10.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=110&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Nachahmung und Muttersprache. GA 298 01.06.1924 Das Kind bis zum Zahnwechsel ist durchaus darauf angewiesen, alles, was es sich erzieherisch aneignet, sich anzueignen durch Nachahmung. Was man dem Kinde vormacht, das wirkt auf das Kind wie ein äußerer Reiz, der unmittelbar die ganze körperliche Organisation - an der einen Stelle mehr sichtbar, an der anderen Stelle weniger sichtbar - zum Nachahmen des Eindrucks aufruft. Wir brauchen ja, um das zu erhärten, nur die schwerwiegende Tatsache ins Auge zu fassen, dass die Muttersprache vom Kinde ganz und gar durch Nachahmung errungen wird. Da geht die Nachahmung tief in die menschliche physische und seelische Organisation hinein. Da muss berücksichtigt werden, dass irgendein Laut, der gesprochen wird, in seiner Vibration, in seiner Wellenbewegung von dem Kinde noch viel intensiver empfunden wird als das später im Leben der Fall ist. Und alle Einstellung des Kehlkopfes, alle innere Durchseelung der Organe beruht selbst in der Sprache, wenn die Muttersprache in Betracht kommt, auf Nachahmung; und so alles im Leben des Kindes bis zum Zahnwechsel. [GA 298, S. 208-209, 01.06.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga298.pdf#page=208&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sprache lernt das Kind durch Nachahmung und dazu wirkt noch in der Sprache der astralische Leib des Menschen. GA 349 04.04.1923 Das Kind hat während der ersten sieben Jahre auch mehr nur Gefühl. Die Sprache lernt es durch Nachahmung. Aber in dieser Nachahmung wirkt drinnen das Fühlen, das Gefühl. Und wir müssen sagen: Das Licht kann nicht Gefühl hervorrufen. Wenn wir die Sprache durch das Fühlen lernen, so ist etwas anderes da in uns. Dasjenige, was dann in der Sprache wirkt, wodurch der Mensch sprechen kann, das ist nicht bloß der Ätherleib, das ist dann der astralische Leib des Menschen. So daß wir sagen können: Wir haben zweitens zum Sprechenlernen den astralischen Leib - das ist nur ein Ausdruck, ich könnte ebensogut anders sagen -, wir haben den astralischen Leib, der vorzugsweise in der Brust wirkt, im Atmen, das sich dann zum Sprechen umgestaltet. [GA 349, S. 136, 04.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga349.pdf#page=136&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sprache ist von außen nach innen durch Nachahmung entstanden. GA 059 20.01.1910 Was hier die Entsprechung zwischen äußerem Wesen und innerem Erleben ist, das heißt, was hier geschieht, das können wir fortwährend bei unseren Kindern beobachten, wenn sie sprechen lernen. Da können wir sehen, wie das Kind beginnt, irgend etwas, was es fühlt, in den Ton umzusetzen. Wenn das Kind zuerst Ma und Pa schreit, so ist das nichts anderes als ein innerliches Umgießen des Affektes in den Laut. Es ist nur die Äußerung eines Inneren. Wenn aber dieses Kind sich so äußert, dann kommt zum Beispiel die Mutter herbei, und das Kind merkt dann, daß demjenigen, was sich innerlich als Freude äußert, indem es sich umgießt in den Laut Ma, ein äußeres Ereignis entspricht. Das Kind fragt natürlich nicht, wie das geschieht, daß es in diesem Falle dem Herbeieilen der Mutter entspricht. Da gesellt sich zusammen inneres Erlebnis von Freude oder Schmerz und äußerer Eindruck, und es verbindet sich das, was von innen hervorstrahlt mit dem äußeren Eindruck. Das ist eine dritte Art, wie die Sprache wirkt. Daher können wir sagen: Die Sprache ist ebensosehr von außen nach innen durch Nachahmung entstanden, wie sie entstanden ist durch das, was man nennen kann das Hinzugesellen der äußeren Wirklichkeit zu dem, was unser Inneres äußert. [GA 059, S. 30–31, 20.01.1910](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga059.pdf#page=30&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sprechen lernen ist eine Fähigkeit des Kindes, bevor das eigentliche Ich-Bewusstsein aufwacht. GA 152 07.03.1914 Das ist die zweite der Fähigkeiten, die sich das Kind aneignet, bevor das eigentliche Ich-Bewußtsein aufwacht: das Sprechenlernen. Das Erwachen des Ich-Bewußtseins folgt erst auf das Sprechenlernen. Das Sprechenlernen beruht durchaus bloß auf einer Art Nachahmung, zu der allerdings die Anlagen tief in der menschlichen Natur ruhen. Dieses Sprechen ist wiederum eine menschliche Fähigkeit, die in den Erdenmenschen hineingekommen ist dadurch, daß er sich vorwärtsentwickelt hat. Dadurch, daß die Geister der Form ihn durchgossen, durchdrungen haben, ist er imstande, eine Sprache zu sprechen, sein Erdenleben auf dem physischen Plan zu leben. Damit entreißt er sich durch zwei Elemente denjenigen geistigen Kräften, die auf der Erde wirksam sind. [GA 152, S. 107, 07.03.1914](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga152.pdf#page=107&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sprechenlernen als seelisches Nachahmen ließe den Menschen zum vollständigen Abbild seiner Umgebung werden, wenn nicht die Verhärtungstendenz des Leibes mit Abschluss im Zahnwechsel als Selbstbehauptung dagegen wirkte. GA 192 15.06.1919 Vor dem Sprechenlernen ist das Nachahmen zunächst noch ein Nachahmen im Äußeren; tritt das Sprechenlernen ein, dann erstreckt sich das Nachahmen in die inneren seelischen Eigenschaften hinein. Der heranwachsende Mensch wird dann denen angeähnelt, die um ihn sind. Und viel mehr, als man gewöhnlich denkt, flößt sich mit der Sprache in den Grundcharakter des heranwachsenden Menschen ein. Die Sprache hat einen innerlichen, einen eigenen seelischen Charakter, und ein gutes Stück nimmt das heranwachsende Kind von demjenigen Menschen seelisch auf, an dem es sich sprechend heranentwickelt. Diese Aufnahme ist sehr stark, sehr kräftig; sie geht bis in dasjenige hinein, was wir den astralischen Leib nennen. Sie ist so kräftig, daß sie einen Gegenpol braucht. Der ist da. Und in der unbefangenen Betrachtung dieses Gegenpoles zeigt sich eben jenes Geheimnisvolle in der Natur- und Wesensentwickelung, zu dem die heutige äußerliche Naturbetrachtung nicht heran dringen kann. Wäre die äußere physische Natur - ich will mich so ausdrücken, wir haben ja kaum einen Ausdruck in der Sprache, um diese Dinge anzugeben -, wäre die äußere physische Natur weichlicher, als sie ist, so würde der Mensch durch das Aufnehmen der Sprache ganz und gar ein Abdruck desjenigen werden, von dem er sprechen lernt. Aber dagegen ist gleichsam ein Damm aufgerichtet dadurch, daß die physische Natur des Menschen in diesen ersten sieben Jahren innerlichst am allermeisten erhärtet. Und der Gipfel, der Kulminationspunkt dieser Erhärtung drückt sich in dem Durchstoßen eines Knöchrigen, der Dauerzähne, aus. Ein Durchstoßen eines Knöchrigen ist der Abschluß einer inneren Festigung des menschlichen physischen Leibes, die durch das ganze Lebensalter, von der Geburt, oder wenigstens von dem Entstehen der ersten Zähne, die reine Vererbungszähne sind, bis zu den Dauerzähnen hin verläuft. Das sind zwei Gegenpole: die äußerst bewegliche innere Entwickelung in der Sprache, und die äußere Verhärtung, wo sich gleichsam der Mensch dagegen aufbäumt und sagt: Ich bin auch noch da, ich will nicht bloß ein Abbild sein. - Und diese Verhärtung drückt sich aus in dem, was zuletzt in den zweiten Zähnen, in den Dauerzähnen, als Kulminationspunkt erscheint. [GA 192, S. 188–189, 15.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga192.pdf#page=188&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ahmt jede Gebärde nach; auch die Güte und Liebefähigkeit ahmt das Kind nach; Erlernen der Sprache. GA 330 19.06.1919 In der ersten Lebensepoche gibt es für das heranwachsende Kind ein gewisses Wachstumsmoment, das alles übrige beherrscht: das Kind ist Nachahmer. Das Kind ist so veranlagt, daß es bis auf die Gebärde, die es macht, bis auf die Handgriffe, die es ausführt, bis auf die Geschicklichkeit, die es sich aneignet, als nachahmendes Wesen die Natur derjenigen Menschen annimmt, die in seiner Umgebung wirken. Das geht aber viel weiter als man glaubt. Was von Mensch zu Mensch wirkt, ist tatsächlich viel tiefer als man gewöhnlich ahnt. Sind wir ein guter Mensch in der Umgebung eines Kindes, so geht mit unserer äußerlichen Gebärde auch unsere Güte, unsere Liebefähigkeit, unser Wohlwollen in das Kind hinüber. Und besonders erst, wenn wir beginnen von unserer Umgebung die Sprache zu lernen, dann ist es ein Hinüberfluten desjenigen, was seelisch Eltern und Umgebung sonst in ihrer Seele bewahrten, in den kommenden aufwachsenden Menschen hinein. Das Kind paßt sich ganz der Umgebung an, es wird so wie die Umgebung, weil in der Menschennatur bis zur Zeit des Zahnwechsels das Prinzip der Nachahmung herrscht. Das kann man an einzelnen Fällen beobachten. [GA 330, S. 305–306, 19.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga330.pdf#page=305&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sprechenlernen. Ausbildung des Broca-Feldes durch Nachahmung und Gebärden der rechten Hand. GA 305 16.08.1922 ... diese naturwissenschaftliche Entdeckung besteht darin, daß des Menschen Sprache beruht auf der Ausbildung der linken Schläfenwindung im Gehirn. Die wird plastisch im Gehirn ausgebildet. Aber diese Ausbildung geschieht durchaus während des kindlichen Alters selber aus jener Plastik heraus, von der ich Ihnen gesprochen habe. Und wenn wir den ganzen Zusammenhang betrachten, der besteht zwischen der Gebärde des rechten Armes und der rechten Hand, die präponderieren bei denjenigen Kindern, die das normal bilden - über Linkshänder werde ich noch zu sprechen haben, inwiefern sie sich zu den Allgemeinen verhalten; sie machen eine Ausnahme; aber gerade sie sind Beweise, wie das, was Sprechenlernen bedeutet, zusammenhängt mit jeder Gebärde, bis ins einzelnste hinein mit dem rechten Arm und der rechten Hand -, so werden wir sehen, wie durch einen inneren geheimnisvollen Zusammenhang von Blut, Nerven und der Windung des Gehirns aus der Gebärde heraus durch Imitation der Umgebung, die Sprache sich bildet. [GA 305, S. 18–19, 16.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=18&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sprache durch Nachahmung, nicht vererbt. GA 349 04.04.1923 Nun können Sie sagen: Aber warum sieht denn das Kind der Mutter oder dem Vater ähnlich? Ja, meine Herren, das ist aus dem Grunde, weil das Kind immer am Nachahmen festhält. Derjenige, der da sagt: Dieses Kind ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten -, der könnte nämlich auch noch etwas anderes sagen. Sehen Sie - warten wir ein bißchen mit dem Kind -, da haben wir ein Kind, das schaut, sagen wir, seinem Vater oder seiner Mutter sehr ähnlich, obwohl das gar nicht so ausgesprochen ist; die Kinder werden später viel ähnlicher, als da sie noch ganz klein sind. Aber solche Sachen, die gehen ja die gelehrten Herrschaften nichts an. Aber, sehen Sie, warten wir ein bißchen, urteilen wir nicht schon, wenn das Kind acht oder vierzehn Tage oder einen Monat alt ist, warten wir, bis das Kind drei, vier Jahre alt ist. Da hat das Kind angefangen zu sprechen. Da kommt einer und sagt: Donnerwetter, der Vater ist ein Deutscher, das Kind, das fängt auch deutsch zu sprechen an, das muß es vom Vater haben; das hat es vom Vater geerbt, denn der Vater ist ein Deutscher. Das ist doch ganz wunderbar! Da das Kind aus dem Eikeim gekommen ist, muß die Sprache schon im Eikeim gesessen haben. Es ist nur wunderbar, daß das Kind, als es aus dem Eikeim gekommen ist, aus dem Leibe der Mutter, noch nicht reden konnte! Aber, nicht wahr, das Kind hat ja das Sprechen gar nicht geerbt, das Kind hat es durch Nachahmung sich angeeignet. Die Sprache ist ähnlich derjenigen von Vater und Mutter. Aber es wird keinem einfallen zu sagen, das Kind hat die Sprache geerbt. [GA 349, S. 131, 04.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga349.pdf#page=131&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Mensch passt innerste physische Organisation an dasjenige an, was in seiner Umgebung in der Sprache verläuft, während das Tier seine Gestalt gemäß den oberen Brustorgangen ausbildet. GA 306 16.04.1923 Nun, so sehen wir, wie während seiner ersten Kindheitszeit der Mensch ganz und gar innerlich bis in seine Blutzirkulation hinein gerichtet, orientiert wird nach demjenigen, was in seiner Umgebung vorgeht - und daraus fließt dann das, was er als die Gedankenrichtungen aufnimmt. Sehen Sie, was da beim Menschen geschieht durch das Sprechenlernen, möchte ich Ihnen ganz besonders ans Herz legen zu beachten. Ich möchte es Ihnen daher in zwei Sätze prägen, die gewissermaßen diesen Unterschied von Mensch und Tier angeben. - Wenn das Tier zum Ausdruck bringen könnte das, was sein Formen betrifft, sein Gestalten betrifft mit Bezug auf die oberen Brustorgane, dann müßte es sagen: Ich bilde mich in Gemäßheit der oberen Brust- und Mundorgane zu meiner Gestalt und lasse in mein Wesen nichts ein, was die Gestalt modifiziert. - So müßte das Tier sagen, wenn es ausdrücken wollte, wie dieses Verhältnis ist. Der Mensch dagegen würde sagen: Ich passe meine oberen Brust- und Mundorgane den Weltvorgängen an, welche in der Sprache ablaufen, und richte darnach die Struktur meiner innersten Organisation. - Also nicht der äußeren Organisation, die entwickelt sich tierähnlich; aber der Mensch paßt gerade die innerste physische Organisation an dasjenige an, was in seiner Umgebung in der Sprache verläuft. Das ist von ungeheurer Bedeutung für das ganze Verständnis des Menschenwesens. Denn aus der Sprache heraus entwickelt sich wieder die Denkrichtung, und der Mensch wird dadurch eben ein Wesen, das in diesen ersten Jahren des kindlichen Lebens hingegeben ist an die Außenwelt, während das Tier in sich krampfhaft abgeschlossen ist. [GA 306, S. 39-40, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=39&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Feine Strukturen im Menschen bilden sich durch Aufnahme der Sprache aus der Umgebung. Durch das Erlernen mehrerer Sprachen wird der Mensch universeller. GA 306 16.04.1923 Der Mensch gestaltet diese Organe auf der Grundlage seines aufrecht gehenden und mit den Armen agierenden Wesens zu Sprachorganen aus. Er nimmt, wenn wir bei der Gegenwart bleiben, dasjenige auf, was an Laut und Sprache aus seiner Umgebung wirkt. Was nimmt der Mensch damit auf? Denken Sie, daß in diesen Organen die Tendenz liegt, den ganzen Organismus der Form nach zu bilden. Indem der Mensch also eine Sprache hört, die zum Beispiel leidenschaftlich und zornig, jähzornig dahinpoltert, so nimmt er etwas auf, was das Tier nicht einläßt. Das Tier läßt sich nur formen vom Kehlkopf und seinen Nachbarorganen; der Mensch aber nimmt das Zornige, Leidenschaftliche seiner Umgebung in sich hinein, es fließt ein in die Formen, bis in die äußersten Gewebestrukturen hinein. Wenn der Mensch nur Sanftes hört in seiner Umgebung, so fließt es bis in die Struktur seiner feinsten Gewebe, es fließt in seine Formen hinein. Gerade in die feinere Organisation fließt es hinein. Die gröbere macht der Mensch auch so ab wie das Tier, aber in die feinere fließt alles ein, was der Mensch mit der Sprache aufnimmt. Dadurch sind ja auch die feineren Organisationen der Völker gegeben: sie fließen aus der Sprache heraus. Der Mensch ist ein Abdruck der Sprache. Sie werden daher begreifen, was es bedeutet, daß in der Entwickelung die Menschen allmählich dazu gekommen sind, verschiedene Sprachen zu lernen: dadurch wird der Mensch universeller. Diese Dinge haben ja eine ungeheure Bedeutung für die Entwickelung des Menschen. [GA 306, S. 38–39, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=38&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (9) Gehen, Sprechen, Denken ##### Aufrechtstehen und Gehenlernen des Kindes verdankt der Mensch dem Christus-Impuls. GA 152 07.03.1914 Ja, daß wir unsere Empfindungen bereichern, dazu ist Geisteswissenschaft da. Solch eine Empfindung, die in unserer Seele leben kann, wenn wir ein Kind aufrechtstehen und gehen lernen sehen, solch eine Empfindung hat ganz gewiß tiefe religiöse Hintergründe. Wir sollen uns später öfter erinnern, warum das Kind geht, und dann denken, wie das dem Christus-Impuls zu verdanken ist. Dann haben wir durch Geisteswissenschaft unsere Weltanschauung bereichert, haben uns eine Empfindung angeeignet für das, was unsere Umgebung ist, die wir sonst nicht haben könnten. [GA 152, S. 107, 07.03.1914](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga152.pdf#page=107&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Gehen, Sprechen, Denken. Das Denken wird an der Sprache gelernt. GA 349 17.03.1923 Sehen Sie, diese drei Dinge, die muß der Mensch erst lernen: Gehen, Sprechen, Denken. Ein richtig normal sich entwickelndes Kind lernt zuerst das Gehen, nachher das Sprechen, und nachher erst das Denken. Es ist ganz falsch, wenn man glaubt, daß der Mensch erst denkt und dann redet, sondern er lernt zuerst die Sprache durch Nachahmung. Er ahmt die Wörter, die er hört, nach, und erst in den Wörtern drinnen lernt er das Denken. Der Mensch lernt erst an der Sprache das Denken. Deshalb hat die ganze Menschheit so spät das Denken gelernt. Gesprochen haben auch schon die Urvölker, aber denken gelernt haben die Menschen erst später. An der Sprache haben sie denken gelernt. [GA 349, S. 87, 17.03.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga349.pdf#page=87&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Gehen, Sprechen, Denken werden in den ersten Lebensjahren durch Nachahmung erworben. GA 307 10.08.1923 Und nun müssen wir, indem wir diesen Gesichtspunkt gewonnen haben, hinschauen darauf, wie drei für das ganze Leben maßgebende Tätigkeiten von dem Kinde in den ersten Lebensjahren erworben werden: Gehen, Sprechen, Denken. Diese drei Fähigkeiten, die werden maßgeblich für das ganze Leben in den ersten Lebensjahren von dem Kinde erworben. Gehen, ja, das ist, ich möchte sagen, eine Abbreviatur, ein verkürzter Ausdruck für etwas viel Umfassenderes. Weil es am meisten auffällt, daß wir gehen lernen, sagen wir: das Kind lernt gehen. Aber dieses Gehenlernen, das ist ja verbunden mit einem Sich-Hineinversetzen in eine Gleichgewichtslage gegenüber der ganzen Raumeswelt. Wir suchen als Kind die aufrechte Lage, wir suchen als Kind die Beine in ein solches Verhältnis zur Schwerkraft zu bringen, daß wir das Gleichgewicht haben. Wir versuchen dasselbe aber auch mit den Armen und Händen. Der ganze Organismus wird orientiert. Gehenlernen bedeutet, die Raumrichtungen der Welt finden, den eigenen Organismus in die Raumrichtungen der Welt hineinzustellen. Hier handelt es sich darum, daß wir in richtiger Weise hinschauen darauf, wie das Kind ein nachahmendes Sinneswesen ist. Denn alles muß in den ersten Lebensjahren durch Nachahmung gelernt werden, aufgenommen werden durch Nachahmung aus der Umgebung. [GA 307, S. 106,10.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=106&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### In Gehirn und Nervenorganisation ist eingeprägt, was durch Nachahmung im Gehen-, Sprechen-, Denkenlernen erlebt wird. GA 306 16.04.1923 So etwa erklären aus vererbten Anlagen heraus und aus dem Gehirn heraus die Menschen das Seelenwesen. Gerade so wie die Fußspuren von außen eingedrückt sind, so sind in den Körper, besonders in das Gehirn und in die Nervenorganisation eingedrückt diejenigen Dinge, die aus der Umgebung herein im nachahmenden Leben erlebt werden im Gehenlernen, Sprechenlernen, Denkenlernen. Es ist ja alles richtig, was die äußere, physische Psychologie sagt: Das Gehirn ist ein deutlicher Abdruck dessen, was der Mensch seelisch ist; aber man muß eben wissen, daß es nicht der Erzeuger des Seelischen ist, sondern der Boden, auf dem sich das Seelische entwickelt. Gerade so wenig wie ich gehen kann ohne Boden unter den Füßen, ebensowenig kann ich als irdischer Mensch ohne Gehirn denken, selbstverständlich. Aber das Gehirn ist nichts anderes als der Boden, in den das Denken und Sprechen hineinkonfiguriert dasjenige, was Sie gerade aus der Welt heraus, aus der Welt Ihrer Umgebung bekommen, nicht aus den vererbten Anlagen heraus. [GA 306, S. 45, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=45&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kind ist ganz Sinnesorgan und bildet auch das Geistige innerlich physisch nach; Gehen, Sprechen, Denken, GA 307 10.08.1923 Geradeso wie das Sprechen aus dem Gehen, aus dem Greifen, aus der Bewegung des Menschen entsteht, so entsteht wiederum das Denken aus dem Sprechen. Und haben wir nötig, bei der Hilfeleistung, die wir beim Gehen anzuwenden haben, alles in Liebe zu tauchen; haben wir nötig - weil das Kind innerlich das nachbildet, was in seiner Umgebung sich realisiert -, beim Sprechenlernen der gediegensten Wahrhaftigkeit uns zu befleißigen, so haben wir nötig, damit das Kind, das ganz Sinnesorgan ist und auch das Geistige innerlich physisch nachbildet, damit es aus dem Sprechen das richtige Denken herausholt, in unserem Denken in der Umgebung des Kindes Klarheit walten zu lassen. [GA 307, S. 111, 10.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=111&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Gehen-, Sprechen-, Denkenlernen bauen aufeinander auf. GA 306 16.04.1923 Das dritte nun, was das Kind dann auf Grundlage von Gehen und Sprechen zu lernen hat, das ist das immer mehr und mehr bewußte Denken. Das muß aber eigentlich zuletzt kommen. Das Kind kann nämlich nicht seiner Wesenheit nach das Denken an etwas anderem lernen als an dem Sprechen. Das Sprechen ist zunächst ein Nachahmen des gehörten Lautes. Indem der gehörte Laut von dem Kinde aufgenommen wird und das Kind zugrunde liegend hat jenes eigentümliche Verhältnis zwischen den Bewegungen der Arme und den Bewegungen der Beine, findet es Verständnis für diese Laute und ahmt sie nach, ohne zunächst mit den Lauten noch Gedanken zu verbinden. Zunächst verbindet das Kind mit den Lauten nur Gefühle; das Denken, das dann auftritt, muß sich erst aus der Sprache heraus entwickeln. Die richtige Folge, auf die wir also sehen müssen bei dem heranwachsenden Kinde, ist: Gehenlernen, Sprechenlernen, Denkenlernen. [GA 306, S. 36-37, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=36&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Sprache wird durch Nachahmen gelernt; dreierlei Schicksale verweben sich im Menschen. Gehenlernen: individuelles Schicksal; Sprechenlernen: Volksschicksal; Denkenlernen: Menschheitsschicksal. GA 226 19.05.1923 Als zweites lernen wir die Sprache. Da ahmen wir dasjenige nach, was in unserer Umgebung gesprochen wird. Jedes Kind tut das auf seine besondere Art, aber es ahmen alle Menschen, die innerhalb eines Sprachgebietes ihre Muttersprache lernen, eine Sprache nach. In der Art und Weise, wie das Kind sich in das Nachahmen der Laute hineinfindet, sieht man, wie sich im Menschen das Volksschicksal auslebt. Im Gehenlernen eines Menschen: einzelnes individuelles Schicksal; im Sprechenlernen: Volksschicksal; und im Denkenlernen: das Schicksal der ganzen Menschheit in einem gewissen Zeitpunkte über das Erdenrund hin. Dreierlei Schicksale verweben sich eigentlich im Menschen. [GA 226, S. 69, 19.05.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga226.pdf#page=69&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Feine Organe des Gehirns, die dem Denken zugrunde liegen entwickeln sich aus der Sprachorganisation; Gehen, Sprechen, Denken. GA 224 23.05.1923 Und das Denken! Ja, die feineren Organe des Gehirns, die dem Denken zugrunde liegen, sie entwickeln sich wieder aus der Sprachorganisation. Es soll nur niemand glauben, daß sich in der normalen kindlichen Entwickelung das Denken vor dem Sprechen entwickeln könnte. Wer aufzupassen vermag, der wird finden: Die Sprache ist zunächst nicht ein Ausdruck von Gedanken beim Kind. Ganz und gar nicht! Es wäre lächerlich, das zu glauben. Sondern die Sprache ist beim Kinde ein Ausdruck des Fühlens, des Empfindens, des Seelenlebens. Daher werden Sie sehen, daß es zunächst die Empfindungsworte sind, alles, was Empfindungen sind, was das Kind durch die Sprache zuerst ausdrückt. Und wenn das Kind «Mama» oder «Papa» sagt, so sind es die Gefühle zu Mama oder Papa, die es meint, nicht irgendein Begriff oder Gedanke. Das Denken entwickelt sich erst aus der Sprache heraus. Allerdings verschiebt sich beim Menschen manches, so daß man dann sagt: Dieses Kind hat sprechen gelernt vor dem Gehenlernen. Aber es ist dies nicht die normale Entwickelung, und man sollte sogar bei der Erziehung durchaus darauf sehen, daß die normale Entwickelungsreihe wirklich eingehalten werde: Gehen, Sprechen, Denken. [GA 224, S. 192, 23.05.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga224.pdf#page=192&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Willenswirksamkeit des Ich beim Erlernen von Gehen, Sprechen, Denken. GA 349 04.04.1923 Nun habe ich Ihnen gesagt, daß das Kind in der Zeit, an die man sich nicht mehr zurückerinnert, gehen lernt, sprechen lernt, denken lernt. Man kann sich natürlich an die Zeit nicht mehr zurückerinnern, wo man noch nicht denken kann. Man lernt also gehen, überhaupt sich bewegen, den Körper gebrauchen, sprechen und denken. Das lernt man. Und da muß man den Körper ebenso dirigieren. Sie können nicht, wenn Sie als Kind noch auf allen vieren kriechen, den Körper aufrichten ohne Ihren Willen. Wenn Sie Ihre Hand bewegen, sagt das Ich: Ich bewege die Hand - das Ich mit seinem Willen. So aber geschieht das auch im Kinde mit dem Willen, daß es sich aufrichtet. Das Kind lernt sprechen mit dem Willen. Das Kind lernt denken mit dem Willen. Also müssen wir fragen: Woher kommt es, daß das Kind das alles lernt? - Und da kommen wir darauf, daß durch das ganze Erdenleben, trotzdem der Körper fortwährend ausgetauscht wird, das Ich immer dasselbe bleibt, daß dieses Ich auch noch dasselbe ist in der Zeit, wo wir denken, wo wir sprechen und gehen gelernt haben. Da war schon dieses Ich wirksam im Körper. [GA 349, S. 128, 04.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga349.pdf#page=128&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (10) Umwandlung ##### 1.Jahrsiebt: physischer Leib ist eine Art vererbtes Modell, an dem das Geistig-Seelische durch Nachahmung der Umgebung arbeitet. GA 308 09.04.1924 Der ganze Mensch ist nämlich von der Geburt bis zum Zahnwechsel, indem in seinem Physischen die Vererbungskräfte walten, wie eine Art Modell, an dem das Geistig-Seelische arbeitet nach den Eindrücken der Umgebung als rein nachahmendes Wesen. Und wenn man sich versetzt in das Gemüt des Kindes in bezug auf sein Verhältnis zur Umgebung, wie das Kind jede Regung des Seelischen auf sein Ganzes hin betrachtet, wie das Kind in jeder Handbewegung, in jeder Miene, in jeglichem Blick des Auges das dahinterstehende Geistige des Erwachsenen wittert und in sich fortrieseln läßt, wenn man das alles beobachtet, dann findet man eben, wie nach dem Modell, das durch die Vererbung dem Menschen übergeben wird, sich nun im Verlaufe der ersten sieben Lebensjahre ein anderes bildet. [GA 308, S. 28, 09.04.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga308.pdf#page=28&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Kind ahmt instinktiv alles in der Umgebung nach bis in jede Handbewegung, Geste, Form, Handlung usw. GA 334 04.05.1920 Gewöhnlich sieht man zum Beispiel auf so etwas, wie es der Zahnwechsel ist, eben nur ganz äußerlich hin. Man betrachtet nicht dasjenige, was mit dem Zahnwechsel zugleich als eine völlige Umwandlung der ganzen kindlichen Seelenverfassung vor sich geht. Bis zum Zahnwechsel lebt das Kind so, daß es im Grunde genommen als innersten Instinkt Nachahmung desjenigen hat, was in seiner Umgebung durch Menschen geschieht, namentlich durch diejenigen Menschen, mit denen es durch Blut oder Erziehung zusammengewachsen ist. Jede Handbewegung, die das Kind macht, können wir begreifen, wenn wir wissen, wie das Kind hingegeben ist an die Menschen seiner Umgebung; und im Grunde ist jede Handbewegung eine Nachahmung, wenn auch manchmal so, daß sich das Nachahmewesen kaschiert,. Aber wer beobachten kann, merkt, daß zum Beispiel auch in der Sprachbildung eine Angliederung, eine nachahmende Angliederung an die Umgebung vorhanden ist. So sehen wir, wie das Kind in den ersten Lebensjahren ein Nachahmer ist. Und indem wir das Kind so betrachten und sehen, wie von Woche zu Woche, von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr aus den innersten Tiefen heraus dasjenige wächst, was sich dann überträgt in Form, in Geste, in Bewegung und Handlung, in Laut, in Gedanken, wenn wir das beobachten bei dem Kinde, so werden wir bemerken - wenn man es nicht anders kann, so werden wir meinetwillen durch Hypothese zunächst zu der Vorstellung kommen -, wie das Seelisch-Geistige nun an dem Leiblichen arbeitet. Und vertieft man sich in eine solche Beobachtung, schaut man hin, wie das Seelisch-Geistige an dem Leiblichen arbeitet, dann kann man nicht anders, als diese Arbeit des Seelisch-Geistigen an dem Leiblichen bis hinein in das Innerste zu verfolgen. Dann wird man sich sagen: Da geschieht etwas Bedeutsames durch den ganzen Organismus hindurch, was sich um das siebente Jahr herum auslebt in den zweiten Zähnen, die die Milchzähne ersetzen. Da ist gewissermaßen in diesem Zahnwechsel ein Schlusspunkt. [GA 334, S. 231–232, 04.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga334.pdf#page=231&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Plastische Sprachentwicklung vor dem Zahnwechsel, musikalische Sprachentwicklung nach dem Zahnwechsel. GA 301 04.05.1920 Insbesondere an der Sprache wird es nun klar, wie das Musikalische und das Plastische nach zwei ganz entgegengesetzten Richtungen hin arbeiten. Entwickeln wir bei einem Menschen mehr das musikalische Element, welches insbesondere in Anlehnung an das Autoritätsgefühl in der Schule seine Ausbildung finden wird, dann vernichten wir dadurch dasjenige, was im Kinde als plastischer Trieb ist. Sehen Sie, das musikalische Element der Sprache, das entwickelt sich unter dem Einflüsse der Autorität so, daß das Kind fortwährend eigentlich den Instinkt hat, den Trieb hat, so zu sprechen bis in die geringsten Einzelheiten des Tonfalles hin, wie derjenige spricht, der als Autorität empfunden wird. Die Anpassung an das musikalische Element der Autorität, das ist - ob wir nun dogmatisch sagen: das ist richtig oder unrichtig -, das ist da, das ist einfach durch die Natur des Kindes da. Man wird sehr bald sehen, wenn man für so etwas Beobachtungsgabe hat, wie sich dieses musikalische Element der Sprache anpaßt an denjenigen, der das Kind erzieht oder unterrichtet. Nun ist aber die einseitige Ausbildung dieses musikalischen Elementes der Sprache geradezu vernichtend für das plastische Element der Sprache. Der Mensch wird immer mehr und mehr dazu gedrängt, wenn er nur diesem musikalischen Element der Sprache folgt, die Sprache überhaupt zu verinnerlichen, nurmehr in einer gewissen Weise seinen Gefühlen, seinen Empfindungen zu folgen, indem er gleichsam unbewußt wiedererzeugt Tonfall, besondere Betonung, besondere Nuancierung der Vokale, wie er sie in Anpassung an den Menschen entwickelt, den er als Autorität empfindet. Das aber tritt erst dann so recht ein, wenn wir das Kind in der Volksschule herinnen haben. Weniger ist das der Fall, wenn das Kind in dem Lebensalter steht von der Geburt bis zur Volksschule hin, in dem es die Sprache zuerst lernt. Da ist das Kind Nachahmer, und es entwickelt die Sprache aus dem ganzen Menschenwesen heraus unter fortwährender Anpassung des übrigen Organismus an die menschliche Umgebung. Da greift vieles in das Sprechen ein, was dazu führt, daß das Sprechen sich plastisch gestaltet. Aber weil ja der Mensch Nachahmer ist, Nachahmer bis in das innerste Getriebe seines Wesens hinein, so bildet sich das plastische Element in dieser Zeit zu gleicher Zeit innerlich aus. Wir können auf einen durchgreifenden Unterschied in der Sprachentwickelung hinweisen. Von der Geburt bis zum Zahnwechsel bildet das Kind seine Sprache plastisch aus. In der Volksschule selbst, da tritt dann eben an die Stelle des plastischen Elementes, wie ich gesagt habe, das musikalische Element, Es wirkt schon das Innerliche. Aber weil die Verinnerlichung, das musikalische Element als solches, dem plastischen entgegenwirkt, so ist es nötig, daß wir dasjenige, was das Kind schon hat, was es uns mitbringt, was es durch seine Kräfte bis zum 6. und 7. Jahre mit der Sprachentwickelung herangebildet hat, daß wir das wirklich im Volksschulerziehen und -unterrichten entsprechend benützen. [GA 301, S. 137–139, 04.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=137&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Strömen der Entwicklungskräfte vom Kopf aus in den physischen Leib und den Ätherleib; die Bildekräfte des 1. JS sind Seelentätigkeit, die sich später in Verstand und Gedächtnis metamorphosiert. GA 302a 16.09.1920 Vergegenwärtigen wir uns, was der Zahnwechsel bedeutet. Der Zahnwechsel ist der äußere Ausdruck dafür, daß vorher, zwischen der Geburt und dem Zahnwechsel, in dem kindlichen Organismus der physische Leib und der Ätherleib stark von dem Nerven-Sinnessystem, also von oben nach unten, beeinflußt sind. Der physische Leib und der Ätherleib sind bis ungefähr zum 7. Jahre vom Kopfe aus am wirksamsten beeinflußt. Im Kopfe sind gewissermaßen die Kräfte konzentriert, die in diesen Jahren, in denen die Nachahmung eine so große Rolle spielt, besonders wirksam sind. Und was an Gestaltung im übrigen Organismus vor sich geht, in Rumpf und Gliedmaßen, das geht dadurch vor sich, daß vom Kopfe aus Strahlungen nach dem übrigen Organismus, nach dem Rumpforganismus und dem Gliedmaßenorganismus, dem physischen Leibe und dem Ätherleibe ausgehen. Dasjenige, was da vom Kopfe aus in den physischen Leib und Ätherleib des ganzen Kindes hineinstrahlt bis in die Finger- und Zehenspitzen, was da hineinstrahlt vom Kopf ins ganze Kind, das ist Seelentätigkeit, trotzdem sie vom physischen Leibe ausgeht; ist dieselbe Seelentätigkeit, die später als Verstand und Gedächtnis in der Seele wirkt. Es ist nur so, daß später nach dem Zahnwechsel das Kind anfängt so zu denken, daß seine Erinnerungen bewußter werden. Die ganze Veränderung, die mit dem Seelenleben des Kindes vor sich geht, zeigt, daß gewisse seelische Kräfte in dem Kinde vom 7. Jahre ab tätig sind als Seelenkräfte, die vorher im Organismus wirksam sind. Die wirken im Organismus. Die ganze Zeit bis zum Zahnwechsel, während der das Kind wächst, ist ein Ergebnis derselben Kräfte, die nach dem 7. Jahre als Verstandeskräfte, als intellektuelle Kräfte auftreten. [GA 302a, S. 25-26, 16.09.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302a.pdf#page=25&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Karma/Schicksal, Kind nimmt nur das aus seiner Umwelt auf, was ihm schicksalsmäßig vorbestimmt ist. GA 226 19.05.1923 Aber da liegt nun folgendes Eigentümliche vor. Ganz besonders interessant ist für die Karmabeobachtung die Zeit der allerersten Kindheit des Menschen. Die Entschlüsse des Kindes erscheinen uns ganz willkürlich, dennoch sind sie nicht willkürlich. Oh, es ist schon so, daß diese Willensentschlüsse des Kindes dasjenige nachahmen, was in der Umgebung des Kindes vor sich geht. Und ich habe im öffentlichen Vortrag das angedeutet, wie das Kind ganz Sinnesorgan ist, wie es innerlich jede Geste erlebt, jede Bewegung der Menschen seiner Umgebung. Aber es erlebt jede Geste, jede Bewegung mit der moralischen Bedeutung, so daß das Kind an einem jähzornigen Vater das Unmoralische erlebt, das mit dem Jähzorn verknüpft sein kann. Und das Kind erlebt in den feinsten Bewegungen, die der Mensch in seiner Umgebung macht, die Gedanken, die der Mensch hat. Wir sollten uns daher nie gestatten, unreine, unmoralische Gedanken etwa in der Umgebung eines Kindes zu haben und zu sagen: In Gedanken können wir uns das gestatten, das Kind weiß doch nichts davon. - Das ist nicht wahr. Wenn wir denken, bewegen sich immer in irgendeiner Weise wenigstens unsere inneren Nervenstränge. Diese nimmt auch das Kind wahr, besonders in den allerersten Jahren. Das Kind ist ein feiner Beobachter und Nachahmer seiner Umgebung. Aber was das Merkwürdige, das, ich möchte sagen, im erhabenen Sinne Interessante ist, ist, daß das Kind nicht alles nachahmt, sondern daß es eine Wahl trifft. Und diese Wahl geschieht eigentlich auf eine sehr komplizierte Weise. Denken Sie sich also einmal, in der Umgebung des Kindes wirkt meinetwillen ein unüberlegter jähzorniger Vater, der allerlei Dinge macht, welche eigentlich nicht richtig sind. Weil das Kind ganz Sinnesorgan ist, muß es alle diese Dinge aufnehmen, wie das Auge sich nicht wehren kann, es muß das sehen, was in seiner Umgebung ist. Aber das Kind nimmt dasjenige, was es da aufnimmt, eben nur im Wachzustande auf. Nun beginnt das Kind zu schlafen. Kinder schlafen viel. Und während des Schlafes trifft nun das Kind die Wahl. Dasjenige, was es aufnehmen will, sendet es aus seiner Seele in seinen Leib, in seinen Körper hinunter. Dasjenige, was es nicht aufnehmen will, stößt es während des Schlafes in die ätherische Welt hinaus, so daß das Kind nur dasjenige in seine Körperlichkeit aufnimmt, wozu es schicksalsmäßig vorbestimmt ist durch sein Karma, durch sein Schicksal. Das Walten des Schicksals sieht man insbesondere lebendig in den allerersten Kindesjahren. [GA 226, S. 65-66, 19.05.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga226.pdf#page=65&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (11) Zusammenfassung ##### Leib des Kindes wird durch Vermittlung des Nerven-Sinnessystem ein Abdruck von der Umgebung. GA 304a 26.03.1923 Diese Wahrheit, sie muß vor allen Dingen nicht nur in oberflächlicher Weise, sondern mit aller psychologischen Tiefe vor unser Seelenauge treten. Denn es ist ganz merkwürdig, welche Ergebnisse da herauskommen, wenn man genügend fein aufmerksam ist auf die Art und Weise, wie sich das Kind seiner Umgebung anschmiegt. Man wird finden, daß es ganz erstaunlich ist, wie ein Gedanke, der unausgesprochen bleibt, der nur in einem feinen Mienenspiel fortlebt, der vielleicht nur dadurch fortlebt, daß ich einmal unter dem Einfluß eines Gedankens mich schneller oder langsamer bewege bei dem Kinde, man wird erstaunen, wie die Feinheiten der Lebensäußerung, die beim Erwachsenen sonst in der Seele bleiben, in der Seele des Kindes ihre Fortsetzung finden; wie das Kind sich ganz einlebt, nicht nur in das physische, sondern in das seelisch-geistige Offenbaren seiner Umgebung. Wer sich eine feine Empfindung erwirbt für diese Tatsache des Lebens, der wird dazu kommen, in der Nähe des kleinen Kindes sich auch nicht einen unreinen oder unkeuschen oder unmoralischen Gedanken zu gestatten, weil er weiß, daß es Imponderabilien gibt in der Wirkungsweise des Erwachsenen, die durch die Kraft der Nachahmung vom Erwachsenen aus im ganz kleinen Kinde weiterleben. Das Gefühl von dieser Tatsache und die Gesinnung, zu der dieses Gefühl wird, macht eigentlich den Erzieher. Aber die allerwichtigsten Bilder, die aus der Umgebung der Erwachsenen auf das Kind einen tiefen, unbewußten Eindruck machen, aber in der Wesenheit des Menschen wie eingeprägt, eingesiegelt erhalten bleiben, das sind die Bilder, die sich auf das Moralische beziehen. In einer außerordentlich charakteristischen, wenn auch feinen und intimen Weise wird sich dasjenige, was sich beim Vater ausdrückt im Gebrauch seiner Energie, seines Lebensmutes, wie er sich in allen seinen Lebensäußerungen offenbart, in das Kind hinein fortpflanzen und fortsetzen. Was beim Vater Energie ist, wird die ganze Organisation des Kindes durchenergetisieren. Was bei der Mutter Wohlwollen und Liebe ist, was das Kind von der Mutter aus mit Wärme umgibt und umhüllt, das wird das Innere des Kindes mit sittlicher Empfänglichkeit und sittlichem Interesse zunächst in ganz unbewußter Weise durchsetzen. Und wissen muß man, von wo aus eigentlich alle Kräfte der kindlichen Organisation gehen. Alle Kräfte der kindlichen Organisation, so sonderbar und paradox das für den heutigen Menschen klingt, gehen aus, gerade beim Kinde, von dem Nerven-Sinnessystem. Weil die Beobachtungsgabe, die Wahrnehmungsgabe des Kindes unbewußt ist, bemerkt man nicht, in welch intensiver Weise, nicht so sehr durch den einzelnen Sinn als durch die allgemeine Sinnlichkeit des Kindes, das, was in der Umgebung ist, in die ganze Organisation untertaucht. Man weiß ja, daß mit dem Zahnwechsel, wenigstens im wesentlichen, die Gehirn- und Nervenbildung des Menschen eigentlich erst abgeschlossen ist. In den ersten sieben Lebensjahren läßt sich die Sinnes-Nervenorganisation in Bezug auf ihre Plastizität vergleichen mit Wachs. Nicht nur daß das Kind die feinsten und intimsten Eindrücke von seiner Umgebung bekommt, sondern durch die energische Wirkungsweise seines Sinnes-Nervensystems strömt ein und fließt ein dasjenige, was es beobachtet, was es wahrnimmt, unbewußt in die ganze Zirkulation des Blutes, in die Festigkeit und Sicherheit des Atmungsprozesses, in das Wachsen der Gewebe, in das Heranbilden der Muskeln, in das Heranbilden des Knochensystems. Der Leib des Kindes wird durch die Vermittlung des Sinnes-Nervensystems ein Abdruck von der Umgebung, insbesondere von der moralischen Umgebung. Und bekommen wir das Kind mit dem Zahnwechsel in die Schule herein, dann haben wir es so, daß wir in seinem Leibe, ich möchte sagen, wie in Siegelabdrücken in der Muskelbildung, in der Gewebebildung, selbst in dem Rhythmus des Atmungs- und Blutsystems, in dem Rhythmus des Verdauungssystems, in der Zuverlässigkeit und Trägheit des Verdauungssystems, kurz, in der leiblichen Organisation des Kindes das darin stecken haben, was als moralische Eindrücke in den ersten sieben Jahren auf das Kind gewirkt hat. [GA 304a, S. 34–36, 26.03.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=34&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Auswirkungen der Umwelt auf die Bildung des physischen Körpers im 1. Jahrsiebt. GA 100 20.06.1907 Das Kind ist in Wirklichkeit bis zum siebenten Jahre eigentlich nur Sinnesorgan. Alles, was es mit seinen Sinnen aufnimmt, verarbeitet es, und so auch vor allen Dingen alles, was es in seiner allernächsten Umgebung sieht und hört. Das Kind ist daher bis zum Zahnwechsel ein nachahmendes Wesen, und das geht bis in seine physische Organisation hinein. Das ist ja etwas ganz Natürliches. Das Kind nimmt durch die Sinnesorgane seine ganze Umgebung in sich auf. Es übt sich auch in dem Gebrauch seiner Glieder. Es sieht, wie der Vater, die Mutter und so weiter dieses oder jenes machen und macht dies ohne weiteres nach. Das geht bis in jede Bewegung der Hände und Beine hinein. Sind Mutter oder Vater zum Beispiel zappelig, so wird wohl in unzähligen Fällen auch das Kind zappelig; ist die Mutter ruhig, wird ganz selbstverständlich auch das Kind ruhig. Da muß man also versuchen, durch die richtige Umgebung die richtige Gegenwirkung hervorzurufen. Damit das Kind nun zur Ausbildung seines physischen Gehirns gerade die richtigen Richtlinien bekommt, ist es unbedingt nötig, daß, neben den sinnlichen Eindrücken, der Phantasie Anregungen gegeben werden. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, dem kleinen Kinde möglichst einfache Spielsachen in die Hand zu geben. So wird ein natürliches Kind immer wieder, wenn es auch eine noch so «schöne» Puppe hat, zu der alten Puppe greifen, die aus einem Lappen besteht. Nur die verbildeten Kinder unseres Zeitalters werden mit «schönen» Puppen aufgezogen. Worauf beruht das? Das Kind muß seine Phantasie anstrengen, um das Gebilde in seiner Phantasie so umzugestalten, daß es ähnlich einer menschlichen Figur wird, und das ist gerade eine gesunde Übung für das Gehirn. Genau wie der Arm durch Turnen gestärkt wird, so wird das Gehirn durch diese Übung ausgebildet. Wichtig sind auch die Farben in der Umgebung, die beim kleinen Kind ganz anders wirken als beim Erwachsenen. Man glaubt heute vielfach, grün wirke auf ein Kind beruhigend. Das ist durchaus falsch. Einem zappeligen Kind soll man eine rote Umgebung geben, und einem ruhigen Kinde eine grüne oder blaugrüne. Die Wirkung des Rot auf das Kind ist so: Wenn Sie auf ein helles Rot sehen und dann schnell weg auf ein weißes Papier, dann sehen Sie die komplementäre Farbe: grün. Das ist die Tendenz, die Gegenfarbe hervorzubringen. Das versucht auch das Kind, es versucht innerlich die Tätigkeit zu entfalten, die die Gegenfarbe hervorruft. - Das war ein Beispiel dafür, wie die Umgebung wirkt. Und so wirkt die ganze Umgebung - neben vielen, vielen andern Dingen, die wir später und an anderer Stelle erörtern werden - in außerordentlich hohem Maße mit an der Bildung des kindlichen physischen Körpers von der Geburt bis zum Zahnwechsel, an der Bildung des Ätherleibes vom siebenten bis vierzehnten Jahre, des Astralleibes vom vierzehnten bis einundzwanzigsten Jahre und so weiter. [GA 100, S. 62–63, 20.06.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga100.pdf#page=62&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Nachahmung bis in die Worte, Gesinnung und Gedanken hinein. GA 060 12.01.1911 Da sehen wir, wie die Begabung des Menschen in einer bestimmten Reihenfolge sich entwickelt. Wir sehen zunächst auftreten, was in dem wenigst isolierten, abgesonderten Element des Menschen, in der Empfindungs- oder Triebseele lebt. Das hat aber dafür auch die größte Kraft, in die ganze menschliche Organisation einzugreifen. Daher können wir sehen, wie wir am wenigsten mit Meinungen, Theorien, Ideen an das Kind herankommen, wenn diese Empfindungsseele am intensivsten von innen heraus gestalten will. Wir können nur dann an das Kind herankommen, wenn wir auf die Empfindungsseele wirken lassen - dargestellt in meiner Schrift «Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft» —, worauf man besonders in den ersten Lebensjahren zu sehen hat, daß nicht Theorien, Lehren entwickelt werden, sondern daß das Kind zur _Nachahmung_ angehalten wird, daß man ihm vorlebt, was es nachleben soll. Das ist von unendlicher Wichtigkeit, weil dieser Nachahmungstrieb als eine der allerersten Anlagen auftritt, auf die man wirken kann. Die Ermahnungen und Lehren wirken in dieser Zeit am wenigsten. Was das Kind sieht, das macht es nach, weil es sich so bildet, wie es sich in Gemäßheit seines Zusammenhanges mit der Außenwelt bilden muß. Wir legen den ersten Grundstock für das ganze persönliche Wesen des Kindes, wenn wir ihm in den ersten sieben Jahren vorleben, was es nachleben darf, wenn wir erraten, wie wir uns in der Umgebung des Kindes benehmen müssen. Das ist allerdings ein für viele höchst merkwürdiger Erziehungsgrundsatz. Die meisten Menschen werden fragen, wie sich das Kind benehmen solle, und jetzt kommt die Geisteswissenschaft mit ihren Anforderungen: die Menschen sollen vom Kinde lernen, wie man sich in der Umgebung des Kindes zu benehmen habe - bis auf die Worte, Gesinnungen und Gedanken hin! Denn das Kind ist in seiner Seele viel empfänglicher, als man gewöhnlich glaubt, vor allem empfänglicher als der erwachsene Mensch. Es gibt ja solche Menschen mit einer gewissen Sensitivität, die es sofort merken, wenn zum Beispiel ein Mensch hereinkommt, der die gute Stimmung verdirbt. Das ist beim Kinde, trotzdem es heute wenig beachtet wird, in einem ungeheuren Maße der Fall. Und es kommt viel weniger darauf an, was man im einzelnen unternimmt, als darauf, was man für ein Mensch zu sein sich bemüht, was man für Gedanken, für Vorstellungen hegt. Es genügt nicht, daß man es vor den Kindern verschweigt und sich Gedanken gestattet, die nicht für das Kind sein sollten, sondern unsere Gedanken müssen so ausgelebt werden, daß wir das Gefühl haben: das darf in dem Kinde weiterleben und soll weiterleben. - Das ist unbequem, aber doch richtig! [GA 060, S. 239–240, 12.01.1911](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga060.pdf#page=239&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Jahrsiebte: Untergliederung. Ich-Bewusstsein und Rubikon. Durchdringung von Nachahmung und Autoritätsbedürfnis. GA 297 31.08.1919 (I) Sieht man dann aber weiter zu, dann ergeben sich wiederum Einschnitte auch in diesen großen Lebensabschnitten. Wir sehen zum Beispiel einen deutlichen Einschnitt innerhalb der Zeit von der Geburt bis zum Zahnwechsel so um das dritte Lebensjahr herum, wo das Kind in das Entwicklungsstadium eintritt, in dem es zum ersten Mal ein deutliches Ich-Gefühl entwickelt. Da beginnt derjenige Zeitabschnitt, bis zu dem man sich im späteren Leben zurückerinnert, während das frühere Erleben in den Schlaf der Kindheit hineinverschwindet. Und manches andere tritt um diese Lebenszeit in der Entwicklung des Kindes auf, so daß man sagen kann: trotzdem das Kind im wesentlichen ein Nachahmer ist in den ersten sieben Lebensjahren, liegt um die Mitte dieser ersten sieben Lebensjahre herum ein wichtiger Abschnitt, der in der ersten Erziehung berücksichtigt werden muß. Dann aber liegen wiederum zwei wichtige Abschnitte in der Zeit von dem Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, also gerade in dem Zeitalter des Kindeslebens, in dem die Volksschulerziehung sich abwickeln soll. Wenn sich das Kind ungefähr dem neunten Jahre nähert, wird man einen großen Umschwung in der Entwicklung des Kindes beobachten können. Was im Menschenleben auftritt, ist ja nach der einen Seite hin deutlich da. Es geht wiederum das eine in das andere über. Das Kind ist in den ersten sieben Lebensjahren ein Nachahmer; aber wenn es nach dem Zahnwechsel schon hinneigt zum Autoritätsgefühl, bleibt ihm noch etwas von der Sehnsucht nachzuahmen aus den früheren Jahren da, so daß sich bis zum neunten Jahre hin im Kinde fortwährend der Drang vermischt, seine Umgebung nachzuahmen und schon die Autorität auf sich wirken zu lassen. [GA 297, S. 46–47, 31.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=46&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; Leib, Seele und Geist im menschlichen Haupte; schlafender Kopfgeist ermöglicht Nachahmung. GA 293 02.09.1919 Jetzt haben wir eine merkwürdige Zusammengliederung von Leib, Seele und Geist im menschlichen Haupte. Wir haben einen sehr, sehr ausgebildeten Leib als Kopf. Wir haben darin eine träumende Seele, eine deutlich träumende Seele und einen noch schlafenden Geist. Nun handelt es sich darum, mit der ganzen Entwickelung des Menschen diese eben charakterisierte Tatsache in Einklang zu sehen. Diese Entwickelung ist ja bis zum Zahnwechsel hin so, dass der Mensch vorzugsweise ein nachahmendes Wesen ist. Es tut der Mensch alles dasjenige, was er seiner Umgebung absieht. Dass er das tun kann, verdankt er eben gerade dem Umstände, dass sein Kopfgeist schläft. Dadurch kann er mit diesem Kopfgeiste außerhalb des Kopfleibes weilen. Er kann sich in der Umgebung aufhalten. Denn wenn man schläft, so ist man mit seinem Geistig-Seelischen außerhalb des Leibes. Das Kind ist mit seinem Geistig-Seelischen, mit seinem schlafenden Geiste und mit seiner träumenden Seele außerhalb des Kopfes. Es ist bei denen, die in seiner Umgebung sind, es lebt mit denen, die in seiner Umgebung sind. Daher ist das Kind ein nachahmendes Wesen. Daher entwickelt sich auch aus der träumenden Seele heraus die Liebe zur Umgebung, vorzugsweise die Liebe zu den Eltern. Wenn nun der Mensch die zweiten Zähne bekommt, wenn er den Zahnwechsel durchmacht, so bedeutet das in seiner Entwickelung eigentlich den letzten Abschluß der Kopfentwickelung. Wenn der Kopf auch vollständig schon als Leib geboren wird, so macht er doch eine letzte Entwickelung erst durch in den ersten sieben Lebensjahren des Menschen. Was er da durchmacht, das findet seinen Abschluß, setzt sich gewissermaßen seinen Schlußpunkt mit dem Zahnwechsel. [GA 293, S. 161, 02.09.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga293.pdf#page=159&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Durch die Nachahmungskraft erziehen wir geistig-seelisch und zur gleichen Zeit körperlich-physisch. GA 308 09.04.1924 Es werden sich viele Menschen eben gar nicht bewußt, daß sie nicht aus dem ursprünglichen Quell der Menschennatur heraus urteilen, sondern aus demjenigen, was der äußeren Kultur seit dem vierzehnten Jahrhundert eingeprägt worden ist durch die äußere materialistische Lebensgestaltung und Bildung. Tiefer in den Menschen hineinzuschauen, das ist vor allen Dingen die Aufgabe des Pädagogen, des Erziehers, und damit eigentlich aller Menschen, die irgendwie mit Kindern etwas zu tun haben. Daher handelt es sich darum, durchaus sich bewußt zu sein, wie alles, was als Regung in der Umgebung lebt, im Kinde fortvibriert. Man muß sich schon klar darüber sein, daß in dieser Beziehung tatsächlich Imponderabilien, wie ich gestern sagte, herrschen. Das Kind wittert aus demjenigen, was wir in seiner Umgebung tun, heraus, welche Gedanken einer Handbewegung, einer Gebärde zugrunde liegen. Es wittert sie heraus, nicht dadurch selbstverständlich, daß es die Gebärden deutet, sondern durch ein viel regsameres inneres Verbundensein des Kindes mit dem Erwachsenen, als das später der Fall ist beim Erwachsenen gegenüber dem erwachsenen Menschen. Und so kommt es, daß wir uns nicht gestatten dürfen, in der Umgebung des Kindes anderes zu empfinden und zu denken als dasjenige, was in dem Kinde weitervibrieren kann. Im erzieherischen Verhalten gegenüber den ersten Jahren des Kindes muß durchaus der Grundsatz herrschen: Du mußt bis in deine Empfindung, Gefühl, Gedanke hinein in der Umgebung des Kindes so erleben, daß es in dem Kinde weitervibrieren kann. Und dann werden für das kindliche Alter der Psychologe, der Seelenbetrachter, der lebenserfahrene Mensch und der Arzt eine Einheit. Denn alles dasjenige, was auf das Kind einen Eindruck macht, so daß das Kind seelisch reagiert, setzt sich fort in seiner Blutzirkulation, in der Art und Weise wie es verdaut, bildet sich aus als Anlage desjenigen, was die Gesundheitsverfassung des späteren Lebens ist. Indem wir geistig-seelisch erziehen, rechnend auf die Nachahmefähigkeit des Kindes, erziehen wir zu gleicher Zeit körperlich-physisch. Denn das ist die wunderbare Metamorphose dessen, was an das Kind geistig und seelisch herantritt, um zur physischen Konstitution, zur organischen Verfassung, zur Gesundheits- oder Krankheitsanlage für das spätere Leben zu werden. [GA 308, S. 34–35, 09.04.2914](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga308.pdf#page=34&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (12) Wirkung im Lebenslauf ##### Gesundheitliche Folgen des nachgeahmten Umfeldes im 1. JS (z.B. Rheumatismus durch Nachlässigkeit und Disharmonie in der Umgebung des Kindes). GA 304a 30.08.1924 In Wahrheit werden wir darauf zurückgeführt, daß zum Beispiel die Gicht, der Rheumatismus im fünfzigsten, sechzigsten Jahr davon herrührt, daß in der Umgebung des Kindes Nachlässigkeit, Ungeordnetheit, Disharmonie geherrscht haben, was das Kind aufgenommen hat. Es ist ganz in das Organische hineingegangen. So schaut man hinein in die Gestaltung, die der Mensch für das ganze Leben erhält, wenn man darauf hinschaut, was er als imitierendes Wesen bis zum Zahnwechsel aufnimmt. Wir müssen das Gestalten des Menschen beherrschen lernen, sonst haben alle Kleinkinderschulen gar keinen Wert, wenn wir nicht dasjenige in dem Kinde keimen lassen können, was gestaltend wirkt und das gesunde und kranke Leben beherrscht für das ganze Erdendasein. [GA 304a, S. 171, 30.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=171&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt; durch die Nachahmung blüht die richtige Achtung und Einschätzung des anderen Menschen auf. GA 330 18.06.1919 Beachten wir dies, dann legen wir bei einer entsprechend eingerichteten Erziehung den Grund dazu, daß, wenn der Mensch in der richtigen Weise mit Hinorientierung auf die naturgemäße Nachahmungssucht erzogen worden ist, daß ihm dann im bewußten Lebensalter das aufblüht, was man nennen kann die richtige Achtung, die richtige Einschätzung des anderen Menschen, das Bestreben, den anderen Menschen so zu achten, wie er geachtet zu werden verdient, einfach deshalb, weil er Menschenantlitz trägt. Und dies ist die erste Bedingung für die richtige Ausgestaltung einer Demokratie! Demokratien können auf dem Rechtsboden nur dadurch in der richtigen Weise entstehen, daß _die_ Menschen in den demokratischen Parlamenten in Gesetze dasjenige formen, was als Verhältnis von Mensch zu Mensch als gleichen lebt. Das wird geschehen, wenn diese Menschen in sich solche Lebensantriebe haben, die nach der Menschenachtung hingehen und die ihnen nur werden können, wenn sie in der Kindheit in der richtigen Weise gemäß dem Prinzip der Nachahmung erzogen worden sind. [GA 330, S. 278–279, 18.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga330.pdf#page=278&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Richtige Behandlung der ersten drei Jahrsiebte als notwendige Voraussetzung für späteres soziales Leben: Nachahmung - Freiheit; Autorität -Recht; Liebe und Brüderlichkeit - Wirtschaft. GA 296 09.08.1919 Auf diesem dreifachen Erziehungs-Unterboden muß aufgerichtet werden das, was der Zukunft der Menschheit erblühen soll. Ohne daß man wissen wird, der physische Leib, der ein Nachahmer ist, der muß in der richtigen Weise ein Nachahmer werden, wird man in diesen physischen Leib hineinverpflanzen nur die animalischen Triebe. Ohne daß man wissen wird, daß vom 7. bis 14. Jahre sich der Ätherleib besonders entwickelt, der auf Autorität hin sich entwickeln muß, wird sich im Menschen entwickeln nur die allgemeine Kulturschläfrigkeit. Und diejenige Kraft, die notwendig werden wird für den Rechtsorganismus, sie wird nicht da sein. Und ohne daß vom 14., 15. Jahre an die Kraft der Liebe, die an den Astralleib gebunden ist, in vernünftiger Weise in alles, was Unterricht oder Lehre ist, hineingelegt wird, werden die Menschen niemals ihren astralischen Leib entwickeln können, weil sie den astralischen Leib nimmer zu einem freien Wesensgebilde im Menschen gestalten können. Die Dinge umschlingen sich. Daher mußte ich sagen: Nachahmung, in der richtigen Weise, entwickelt Freiheit; Autorität - Recht, Brüderlichkeit, Liebe - Wirtschaftsleben. Aber auch umgekehrt ist das. Wenn nicht in der richtigen Weise die Liebe entwickelt wird, fehlt auch die Freiheit. Wenn nicht in der richtigen Weise die Nachahmung entwickelt wird, werden groß die animalischen Triebe. [GA 296, S. 21–22, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=21&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Früchte der Nachahmung im 1. Jahrsiebt im späteren Leben; Freiheit im Leben; demokratisches Leben. GA 330 19.06.1919 Denkt man über die gegenwärtigen Verhältnisse ein bisschen nach, dann wird man den Ausspruch, daß die Schule sehr häufig wenig gut erzogene Kinder bekommt, nicht gar so radikal finden. Denn dieser Grundsatz, nichts zu tun, nichts zu reden, ja, nichts zu denken, was das Kind durch die Nachahmung verderben könnte, dieser Grundsatz ist wahrhaftig noch wenig verbreitet. Aber was liegt denn in diesem Nachahmungsprinzip? Ja, wenn diesem Nachahmungsprinzip in den ersten Kindesjahren Rechnung getragen wird, wenn sich in den Seelenkräften dasjenige besonders erhärtet, was durch ein richtig beobachtetes Nachahmungsprinzip erhärtet werden kann, dann entsteht etwas im Kinde, was es später - denn die Blüte dessen, was Saat gewesen ist, geht im Leben oft recht spät auf -, was es später befähigt, ein wahrhaft freier Mensch zu sein. Wer niemals in seiner Umgebung solche Menschen gehabt hat, denen er sich so weit hingeben kann, dass er sie nachahmen kann, dass er in sich selber aufnimmt, was sie tun, der wird nicht vorbereitet für ein demokratisches Leben, der wird niemals fähig werden zum Genusse der Freiheit im Leben. Das ist das, was als Zusammenhang des Lebens betrachtet werden muss. Man muss sich, wie ich schon sagte, nur darüber klar sein, dass Blüte und Frucht von dem, was ins Menschenleben hineingesät worden ist, eben manchmal viel später aufgehen, als man meint. Was in den ersten sieben Lebensjahren durch ein richtiges Nachahmungsprinzip gesät wird, das prägt sich dann tief ein in die Seele des Kindes und geht erst in den Zwanzigerjahren dann und während des ganzen folgenden Lebens auf. Wie es überhaupt im Leben so ist: Kein Mensch bekommt für sein späteres Leben die Fähigkeit, mit seiner Hand zu segnen, wer nicht in seiner Kindheit dazu erzogen worden ist, mit seiner Hand zu bitten. Was in der Kindheit erzogen wird, das verwandelt sich im Leben oftmals gerade in das Gegenteil, das Bitten verwandelt sich in das Segnen und dergleichen. [GA 330, S. 307, 19.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga330.pdf#page=307&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Freiheit des Erwachsenen entsteht nur, wenn das Kind intensiv nachahmen konnte. GA 296 09.08.1919 Wenn die Menschen im sozialen Organismus werden erwachsen sein sollen, so werden sie freie Menschen sein müssen. - Frei wird man nur, wenn man zuerst als Kind möglichst intensiver Nachahmer war. [GA 296, S. 18–19, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=18&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Nachahmung prägt die Konstitution des Leibes für das ganze Leben. GA 218 19.11.1922 Wir können das ganz kleine Kind nur dadurch erziehen, daß wir in seiner Umgebung jene Tätigkeiten und Vorgänge hervorrufen, die das Kind nachmachen soll, damit es stark an Geist, Seele und Leib werde. Denn das, was sich da nicht nur seinem Geist und seiner Seele, sondern auch seinem Leibe einpflanzt, wie sich innerlich die Organe verstärken, das bleibt als eine Konstitution das ganze Leben hindurch. Wie ich mich neben einem Kinde von vier Jahren benehme, daran hat das Kind bis in sein sechzigstes Jahr hinauf in seinem Leben zu tragen; so daß es mein Verhalten neben ihm im spätesten Lebensalter als sein Schicksal empfindet. [GA 218, S. 230, 19.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=230&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Nachahmung einer jähzornigen Sprache bewirkt Drüsenabsonderung, die den Menschen später "nervös" für Jähzorn in seiner Umgebung macht. GA 306 16.04.1923 Mit der Sprache nehmen wir auf, was wir uns seelisch aneignen aus der Umgebung. Die Seele des ganzen Milieus dringt in uns ein auf dem Umwege durch die Sprache. Und wir wissen, daß das Kind ganz Sinnesorgan ist, daß wirklich sich innere Vorgänge abspielen, indem diese Dinge als seelische Eindrücke da sind. So daß zum Beispiel, sagen wir, wenn das Kind in der Umgebung eines jähzornigen Vaters ist, der seine Worte immer ausstößt wie ein Jähzorniger, dann erlebt das Kind im Innern diese ganze seelische Eigentümlichkeit, die in der Formung der Worte durch den Jähzorn liegen; und das prägt sich in dem Kinde jetzt nicht nur dadurch aus, daß es auch seelisch wird, sondern das Kind sondert dadurch, daß es jähzornige Ereignisse in der Umgebung hat, aus feinen Drüsen mehr Stoff ab, als es in einer nicht jähzornigen Umgebung absondern würde. Und seine Drüsen gewöhnen sich an eine starke Stoffabsonderung. Das wirkt dann im ganzen Leben weiter, ob die Drüsen gewohnt worden sind, mehr oder weniger Stoff abzusondern. Dadurch kann der Mensch, wenn das die Schule später nicht zurecht richtet, dazu veranlagt werden, gerade, wie man heute sagt, nervös zu werden für alles dasjenige, was in der Umgebung jähzorniger Äußerungen liegt. Sie sehen, da dringt in das Physische Seelisches unmittelbar ein. [GA 306, S. 46, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=46&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung im 1. Jahrsiebt bezieht sich auf menschliche 'Gesten' (nicht Handlungen). Aus der Wahrnehmung sinnvoller Gebärden entwickelt sich ein Dankbarkeitsgefühl und aus diesem ein Dankbarkeitswille. GA 306 20.04.1923 Was ist es denn, das in der Umgebung für das Kind im ersten Lebensabschnitt bis zum Zahnwechsel geschieht? Die Menschen tun etwas in der Umgebung des Kindes. Aber das, was das Kind aufnimmt von dem Tun der Menschen, das sind nicht die Handlungen der Menschen. Das Kind hat noch gar kein Wahrnehmungsvermögen für die Handlungen der Menschen. Sondern alles, was das Kind in der Umgebung wahrnimmt, das sind für das Kind sinnvolle Gebärden. Im ersten Lebensabschnitt haben wir es in der Tat zu tun mit einem Verständnis für sinnvolle Gebärden. Und sinnvolle Gebärden ahmt das Kind nach. Und aus der Wahrnehmung der sinnvollen Gebärden entwickelt sich das Dankbarkeitsgefühl und dann aus dem Dankbarkeitsgefühl der Dankbarkeitswille. [GA 306, S. 126, 20.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=126&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Die Gesundheit des ganzen Lebens hängt ab davon, wie man sich in der Nähe eines Kindes benimmt. GA 311 13.08.1924 Natürlich sind das nicht grobe Dinge. Feine Dinge sind es; aber wenn das Kind in der Nähe eines zornigen Vaters oder einer zornigen Erzieherin aufwächst, dann wird das Gefäßsystem sich auf Zorn einstellen, orientieren. Das ganze Leben hindurch bleibt dann das, was aus dieser eingepflanzten Anlage kommt. Das sind die allerwichtigsten Dinge beim Kinde. Was Sie dem Kind sagen, was Sie das Kind lehren, das macht noch keinen Eindruck; es macht den Eindruck, daß es in der Sprache dasjenige imitiert, was Sie ihm sagen. Aber wie Sie sind, ob Sie gut sind und diese Güte in Ihren Gesten zum Vorschein bringen oder ob Sie böse sind, zornmütig sind und das in Ihren Gesten zum Vorschein bringen, kurz, alles was Sie selber tun, setzt sich in dem Kinde drinnen fort. Das ist das Wesentliche. Das Kind ist ganz Sinnesorgan, reagiert auf alles, was durch Menschen als ein Eindruck in ihm hervorgerufen wird. Daher ist das Wesentliche, daß man nicht glaubt, das Kind könne lernen, was gut, was schlecht ist, könne dies oder jenes lernen, sondern daß man weiß: Alles, was man in der Nähe des Kindes tut, setzt sich im kindlichen Organismus in Geist, Seele und Leib um. Die Gesundheit des ganzen Lebens hängt ab davon, wie man sich in der Nähe eines Kindes benimmt. Die Neigungen, die das Kind entwickelt, hängen ab davon, wie man sich in der Nähe des Kindes benimmt. [GA 311, S. 25–26, 13.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga311.pdf#page=25&view=Fit), [[Nachahmung_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## Literatur GA 024: Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus und zur Zeitlage 1915-1921. Dornach (1982). GA 034: Lucifer-Gnosis 1903-1908. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus der Zeitschrift „Luzifer“ und „Lucifer-Gnosis“. Dornach (1987). GA 036: Der Goetheanumgedanke inmitten der Kulturkrisis der Gegenwart. Gesammelte Aufsätze 1921-1925 aus der Wochenschrift „Das Goetheanum“. Dornach (1961). GA 055: Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit und deren Bedeutung für das heutige Leben. Dornach (1983). GA 059: Metamorphosen des Seelenlebens - Pfade der Seelenerlebnisse II. Dornach (1984). GA 060: Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins. Dornach (1983). GA 061: Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung. Dornach (1983). GA 077a: Die Aufgabe der Anthroposophie gegenüber Wissenschaft und Leben. Darmstädter Hochschulkurs. Dornach (1997). GA 081: Erneuerungs-Impulse für Kultur und Wissenschaft. Berliner Hochschulkurs. Dornach (1994). GA 083: Westliche und östliche Weltgegensätzlichkeit. Wege zu ihrer Verständigung durch Anthroposophie. Dornach (1981). GA 084: Was wollte das Goetheanum und was soll die Anthroposophie? Dornach (1986). GA 096: Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis. Dornach (1989). GA 097: Das christliche Mysterium. Die Wahrheitssprache der Evangelien, Luzifer und Christus, alte Esoterik und Rosenkreuzertum, Erkenntnisse und Lebensfrüchte der Geisteswissenschaft. Dornach (1998). GA 100: Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis. Theosophie und Rosenkreuzertum; Das Johannes-Evangelium. Dornach (1981). GA 143: Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus. Dornach (1994). GA 152: Vorstufen zum Mysterium von Golgatha. Dornach (1990). GA 170: Das Rätsel des Menschen. Die geistigen Hintergründe der menschlichen Geschichte. Kosmische und menschliche Geschichte. Erster Band. Dornach (1992). GA 177: Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis. Dornach (1999). GA 181: Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft. Dornach (1991). GA 192: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen. Drei Vorträge über Volkspädagogik. Dornach (1991). GA 200: Die neue Geistigkeit und das Christus-Erlebnis des zwanzigsten Jahrhunderts. Dornach (2003). GA 206: Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist II. Zweiter Teil. Der Mensch als geistiges Wesen im historischen Werdegang. Dornach (1991). GA 212: Menschliches Seelenleben und Geistesstreben. Im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung. Dornach (1998). GA 218: Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus. Dornach (1992). GA 224: Die menschliche Seele in ihrem Zusammenhang mit göttlich-geistigen Individualitäten. Die Verinnerlichung der Jahresfeste. Dornach (1992). GA 226: Menschenwesen Menschenschicksal und Welt-Entwickelung. Dornach (1988). GA 293: Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik. Dornach (1992). GA 296: Die Erziehungsfrage als soziale Frage. Die spirituellen, kulturgeschichtlichen und sozialen Hintergründe der Waldorfschul-Pädagogik. Dornach (1991). GA 297: Idee und Praxis der Waldorfschule. Dornach (1998). GA 297a: Erziehung zum Leben. Selbsterziehung und pädagogische Praxis. Dornach (1998). GA 298: Rudolf Steiner in der Waldorfschule. Dornach (1980). GA 301: Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft. Dornach (1991). GA 302: Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung. Dornach (1986). GA 302a: Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis. Meditativ erarbeitete Menschenkunde. Erziehungsfragen im Reifealter Zur künstlerischen Gestaltung des Unterrichts. Anregungen zur innerlichen Durchdringung des Lehr- und Erzieherberufes. Dornach (1993). GA 303: Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik. Dornach (1987). GA 304a: Anthroposophische Menschenkunde und Pädagogik. Dornach (1979). GA 305: Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben. Dornach (1991). GA 306: Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen. Dornach (1989). GA 307: Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung. Dornach (1986). GA 308: Die Methodik des Lehrens und die Lebensbedingungen des Erziehens. Dornach (1986). GA 309: Anthroposophische Pädagogik und ihre Voraussetzungen. Dornach (1981). GA 310: Der pädagogische Wert der Menschenerkenntnis und der Kulturwert der Pädagogik. Dornach (1989). GA 311: Die Kunst des Erziehens aus dem Erfassen der Menschenwesenheit. Dornach (1989). GA 312: Geisteswissenschaft und Medizin. Dornach (1999). GA 318: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pastoral-medizinischer Kurs. Dornach (1994). GA 330: Neugestaltung des sozialen Organismus. Dornach (1983). GA 334: Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus. Dornach (1983). GA 335: Die Krisis der Gegenwart und der Weg zu gesundem Denken. Dornach (2005). GA 349: Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums. Dornach (1980).