<H1>Nachahmung - Nachfolge - Freiheit</H1> Die hier aufgeführten Zitate aus Texten und Vorträgen Rudolf Steiners beschreiben die Entwicklungsschritte des Kindes und Jugendlichen während der ersten 3 Jahrsiebte. Durch die verlinkten Quellenangaben am Ende eines Zitats können Sie die Textseite öffnen, der das Zitat entnommen ist. Die Reihenfolge der Zitate entspricht der **graphischen Übersicht** [[II. Mindmaps/Nachahmung - Nachfolge - Freiheit|Mindmap PDF]]; [Webversion](https://coggle.it/diagram/X0Y0bEXhP2zlpxOw/t/nachahmung-autorit%C3%A4t-freiheit/a7ade99f879178312d1fc2ea16b13803c4dfa11e5c4884a1c232e7dbdc61fa67) (vergrößern und verkleinern mit Strg.+/-).  ## Inhalt [[#(1) Nachahmung: Achtung / Nichtbeachtung]] [[#(2) Zahnwechsel: 2.Jahrsiebt]] [[#(3) Autorität: 2.Jahrsiebt]] [[#(4) Erziehung: Inneres Leben]] [[#(5) Rubikon: Mitte des 2. Jahrsiebts]] [[#(6) Geschlechtsreife: Urteilskraft]] [[#(7) Soziale Liebe: 3.Jahrsiebt]] [[#(8) Ende der Schulzeit: Freiheit]] [[#Literatur]] ## (1) Nachahmung: Achtung / Nichtbeachtung ##### Aufbau der Organe im 1. Jahrsiebt; Autorität und Nachahmung; Seelenleben des Kindes muss ganz dabei sein. GA 312 05.04.1920 Also schon im Kinde werden gewisse, ich möchte sagen, Organe aufgebaut, welche aber noch nicht in der Kindheit benützt werden sollen, sondern das Alter kann sie nicht mehr aufbauen, daher bleiben sie in der Reserve, um dann im Alter benützt zu werden. Wenn aber zum Beispiel gar keine Rücksicht darauf genommen wird, daß man den Menschen bis zum Zahnwechsel hin durch die Nachahmung erziehen soll, daß man dann den Menschen vom Zahnwechsel an so erziehen und unterrichten soll, daß die Autorität eine große Rolle spielt, wenn das nicht bedacht wird, so können einfach frühzeitig die Organe, die für das Alter in der Reserve bleiben sollen, beansprucht werden. Natürlich kann die heutige materialistische Denkweise einwenden: Das kann von keiner so großen Bedeutung sein, wie man die Nachahmung oder die Autorität benützt. — Es ist doch von einer ungeheuren Bedeutung, weil sich die Wirkung in den Organismus fortsetzt. Ich muß nur berücksichtigen, daß das Kind mit seinem ganzen Seelenleben bei der Nachahmung dabei sein muß. [GA 312, S. 306, 05.04.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga312.pdf#page=306&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Wenn die Nachahmung und die Autorität nicht zum richtigen Zeitpunkt zur Anwendung kommen, entwickelt sich die sogenannte Dementia praecox oder Jugendblödsinn nach der Geschlechtsreife GA 059 28.04.1910 Nehmen wir eines, was immer betont worden ist, und was Sie nachlesen können in der kleinen Schrift «Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft». Da ist gesagt worden, daß das Kind bis zum siebenten Jahre bei allem, was es tut, vorzugsweise den Impuls fühlt, es unter Nachahmung zu verrichten; daß es dann in der Zeit vom Zahn Wechsel bis zur Geschlechtsreife in der Entwickelung unter dem Zeichen dessen steht, was man nennen könnte: Sich-Richten nach einer Autorität oder Richten nach dem, was durch das Darleben eines andern Menschen Eindruck auf uns macht. Nehmen wir an, es wird dem keine Beachtung geschenkt; es wird dagegen gesündigt, daß der Impuls der Seele bis zum siebenten Jahre auf Nachahmung eingestellt ist und in der Zeit vom siebenten Jahre bis zur Geschlechtsreife auf Autoritätsunterwerfung. Wird dem keine Rechnung getragen, so wird die äußere Körperlichkeit, anstatt sich zu einem normalen Instrument für die Seele zu entwickeln, sich in Unregelmäßigkeit entwickeln, und es wird dann die Seele in den folgenden Epochen der menschlichen Entwickelung nicht mehr die Möglichkeit haben, auf ein unregelmäßiges Äußeres in der richtigen Weise zu wirken und damit in Wechselwirkung zu treten. Dann sehen wir, wenn der Mensch in Wendepunkten des menschlichen Lebens in ein neues Stadium tritt, daß in einem gewissen Grade ein Glied des Menschen zurückgeblieben sein kann, wenn diese Regel nicht beobachtet wird. Und man würde leicht finden, daß nichts anderes demjenigen zugrunde liegt, was gewöhnlich als Jugendblödsinn, Dementia praecox, auftritt, als das Unterlassen der Beobachtung dieser Gesetze. Durch das Außerachtlassen der richtigen Vorschriften in früheren Epochen tritt dann in dem Zusammenwirken zwischen äußerem und innerem Menschen als Disharmonie dasjenige auf, was als Jugendblödsinn, Dementia praecox, bekannt ist, als Symptom für eine verspätete Nachahmung. Dann zeigt sich eben, daß das Nicht-Zusammenstimmen dessen, was die Geisteswissenschaft reinlich voneinander scheidet, in vieler Beziehung die Ursache eines abnormen Seelenlebens ist. Ebenso haben wir in dem, was gegen Ende des Lebens als die Altersparalyse auftritt, wiederum ein Nicht-Zusammenstimmen zu sehen zwischen innerem und äußerem Menschen, verursacht dadurch, daß der Mensch in der Zeit der Geschlechtsreife bis dahin, wo der Astralleib seine völlige Entwickelung erreicht, nicht so gelebt hat, daß eine Harmonie eintreten kann zwischen äußerem und innerem Menschen. [GA 059, S. 231–232, 28.04.1910](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga059.pdf#page=231&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Gedächtnismäßiges Aufnehmen von der Autorität bis zur Geschlechtsreife schafft in späteren Lebensjahrzehnten verjüngende Kräfte. GA 297 29.12.1920 In diesem Lebensabschnitt, von dem ich jetzt rede, handelt es sich darum, daß von ganz besonderer Wichtigkeit ist, was wir auf Autorität hin annehmen, aufnehmen aus dem Autoritätsgefühl heraus, auch wenn wir es nicht gleich verstehen, und daß wir uns nicht bloß das Anschauliche aneignen. Denn so, wie die Willenskraft in den ersten sieben Lebensjahren dem Nachahmungstrieb zugrunde liegt, so liegt jetzt zwischen dem siebenten Jahre und dem Jahr der Geschlechtsreife alles Gedächtnismäßige den Äußerungen des Kindes zugrunde. Das Kind will unter Einwirkung des Autoritätsgefühles sich gedächtnismäßig die Dinge aneignen. Und gerade das, was gegen das Gedächtnismäßig-sich-Aneignen gesagt wird, das zeigt, daß man im Grunde genommen aus Theorien heraus heute alle mögliche Lebenspraxis aufbaut, ohne daß man das ganze Menschenleben berücksichtigt. Man hat ungeheuer viel von dem, was man in der Kindheit aufgenommen hat. Es handelt sich nicht darum, aus irgendwelchen Vorurteilen heraus zu fordern, aus Autoritätsgefühl etwas aufzunehmen, auf bloße Autorität hin oder gedächtnismäßig etwas wörtlich anzunehmen, sondern es handelt sich darum, daß man dieses fordert um des Menschenheiles willen. Warum werden seelisch die Menschen heute so bald alt? Weil sie keine Lebenskräfte in sich haben. Man muß im einzelnen wissen, welche Kräfte man in das Kind hinein verpflanzen muß, wenn in späteren Lebensjahrzehnten solche Kräfte verjüngend auftauchen sollen. [GA 297, S. 260–261, 29.12.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=260&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Ab dem Zahnwechsel verwandelt sich die Hingabe zur Umgebung (Nachahmung usw.) in eine kindlich-künstlerische Hingabe, dieser muss mit Phantasie entgegengekommen werden. GA 304a 14.11.1923 Das ist das Prinzip, das bis zum Zahnwechsel das Prinzip einer gesunden Erziehung sein muß. Da muß alles den Willen anregen; denn der ist noch ganz im Körperlichen drinnensteckend und hat eine geradezu physische, religiöse Hingabe an die Umgebung. Die kommt überall zum Ausdruck. Das wird mit dem Zahnwechsel in eine ästhetische, in eine kindlich-künstlerische Hingabe verwandelt. Ich möchte sagen: Der naturhaftreligiöse Impuls, den wir gegenüber unseren Nebenmenschen und gegenüber dem, was wir da schon von der Natur verstehen, als Kind haben, wandelt sich um in etwas Künstlerisches. Und dem Künstlerischen muß mit der Phantasie und dem Gefühl entgegengekommen werden. Daher gibt es für das zweite Lebensalter des Menschen nichts anderes, als an dasselbe künstlerisch heranzukommen. Der Lehrer, der Erzieher, der gerade im volksschulmäßigen Alter mit den Kindern zu tun hat, muß seine ganz besondere Sorgfalt darauf verwenden, daß alles, was zwischen ihm und den Kindern vorgeht, in der Handhabung einen künstlerischen Charakter trägt. Ich meine, in dieser Beziehung wird einiges an neuen methodischen Impulsen für die Erziehung schon notwendig sein, welche methodischen Impulse aber doch sehr stark ins Praktisch-Lebendige übergehen. GA 304a, S. 112, 14.11.1923 ##### Die Moral wird im Kindesalter durch Nachahmung und beseelte Bilder gelernt. Beanspruchung der intellektuellen Urteilskraft in diesem Alter tötet einiges im Inneren des Kindes. GA 218 20.11.1922 Ich konnte anführen, wie bis zum Zahnwechsel auch das Moralische vom Kinde durch Nachahmung aufgenommen werden muß. Vom siebenten bis ungefähr vierzehnten Jahr, vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife muß alles durch die liebevolle Hingabe an die selbstverständliche Autorität aufgenommen werden. Nicht irgendwie intellektualistisch dürfen wir dem Kinde beikommen mit einem Gebote: das ist gut oder das ist böse, sondern das Kind muß in der Empfindung heranwachsen, das für gut zu finden, was ihm die selbstverständliche Autorität als gut offenbart. Und es muß an demjenigen Mißfallen haben als an dem Bösen, was ihm die selbstverständlich Autorität als solches hinstellt. Keine anderen Gründe für das Gefallen oder Mißfallen am Guten oder Bösen dürfen sich für das Kind ergeben, als die sind, welche die neben ihm stehende Autorität ihm für das Gute oder Böse offenbart. Nicht weil ihm die Sache an sich nach dem Intellekt gut oder böse erscheint, sondern weil der Erzieher es so findet. Das ist das, worauf es bei einem wirklichen, wahren Erziehen ankommen muß. Worauf es ankommt, das ist, daß alles Moralische, auch alles Religiöse bei dem Kind vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife durch den Menschen herankommen muß. Das menschliche Verhältnis des Lehrers, des Erziehers, das ist es, worauf alles ankommen muß. Was wir glauben dem Kinde beizubringen, indem wir an seine Urteilskraft appellieren, das bringen wir ihm so bei, daß es eigentlich vieles im Kinde innerlich ertötet. Das Kind ist zwar jetzt nicht mehr ganz Sinnesorgan, aber es hat, obwohl es seine Sinnesorgane an die Oberfläche des Körpers bereits verlegte, seine ganze Seele drinnen. Und es bringt nichts heraus aus dem Intellektualistischen, durch welches die Sinne irgendwie organisch geregelt, gesetzmäßig gemacht werden, sondern es kann gerade dann sich an die selbstverständliche Autorität der Erzieherpersönlichkeit hingeben, wenn ihm alles im beseelten Bilde entgegentritt. [GA 218, S. 251–252, 20.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=251&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (2) Zahnwechsel: 2.Jahrsiebt ##### 2.Jahrsiebt: Kind nimmt alles Handeln nicht als solches, sondern als eine "bedeutungsvolle Sprache" wahr. GA 306 20.04.1923 Auch das Kind vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, besonders in den ersten Jahren, nimmt noch nicht Handlungen wahr in seiner Umgebung, sondern alles, was es wahrnimmt, selbst das, was die Menschen in der Umgebung durch ihre Bewegungen tun, durch ihr sonstiges Handeln eben tun, das ist für das zweite Lebensalter vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife nun nicht mehr bloß eine Summe von sinnvollen Gebärden, sondern eine bedeutungsvolle Sprache. Für das Kind vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife ist auch dasjenige, was in seiner Umgebung getan wird, nicht bloß das, was gesprochen wird, eine bedeutungsvolle Sprache. [GA 306, S. 127, 20.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=127&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Ab dem Zahnwechsel streift der Ätherleib die äußere Hülle ab und der Erziehende kann durch geregeltes Lenken der Phantasie auf den Ätherleib entwickelnd einwirken. GA 034 01.05.1907 Mit dem Zahnwechsel streift der Ätherleib die äußere Ätherhülle ab, und damit beginnt die Zeit, in der von außen erziehend auf den Ätherleib eingewirkt werden kann. Man muß sich klarmachen, was von außen auf den Ätherleib wirken kann. Die Umbildung und das Wachstum des Ätherleibes bedeutet Umbildung beziehungsweise Entwickelung der Neigungen, Gewohnheiten, des Gewissens, des Charakters, des Gedächtnisses, der Temperamente. Auf den Ätherleib wirkt man durch Bilder, durch Beispiele, durch geregeltes Lenken der Phantasie. Wie man dem Kinde bis zum siebenten Jahre das physische Vorbild geben muß, das es nachahmen kann, so muß in die Umgebung des werdenden Menschen zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife alles das gebracht werden, nach dessen innerem Sinn und Wert es sich richten kann. Das Sinnvolle, das durch das Bild und Gleichnis wirkt, ist jetzt am Platze. Der Ätherleib entwickelt seine Kraft, wenn eine geregelte Phantasie sich richten kann nach dem, was sie sich an den lebenden oder dem Geiste vermittelten Bildern und Gleichnissen enträtseln und zu seiner Richtschnur nehmen kann. Nicht abstrakte Begriffe wirken in der richtigen Weise auf den wachsenden Ätherleib, sondern das Anschauliche, nicht das Sinnlich-, sondern das Geistig-Anschauliche. Die geistige Anschauung ist das richtige Erziehungsmittel in diesen Jahren. Daher kommt es vor allen Dingen darauf an, daß der junge Mensch in diesen Jahren in seinen Erziehern selbst Persönlichkeiten um sich hat, durch deren Anschauung in ihm die wünschenswerten intellektuellen und moralischen Kräfte erweckt werden können [GA 034, S. 328–329, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=328&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Vor dem Zahnwechsel ist das Kind ein Nachahmer, nach dem Zahnwechsel verspürt es eine selbstverständliche Hingabe an eine Autorität und wünscht die moralische Haltung dieser zu übernehmen. GA 297 25.11.1919 Und dann, wenn dieser Zahnwechsel vorüber ist, dann treten für den wirklichen Beobachter ganz neue Kräfte in das seelisch-leiblich-geistige Leben des Menschen herein. Dann wird sich der Mensch nicht mehr bloß hinwenden an das, was in seiner Umgebung seine Sinne wahrnehmen, sondern dann wird er ganz besonders reif dazu, etwas in seinen Glauben, in seine Meinung hereinzunehmen, etwas, von dem er verspürt, daß es die Meinung, daß es der Glaube derjenigen ist, die ihm wegen ihres Alters, wegen ihres Auftretens in seiner Umgebung eine selbstverständliche Autorität sind. Und diese Hingabe, diese selbstverständliche Hingabe an die Autorität, ist im Menschenleben drinnen wie ein Naturgesetz bis zu der Zeit, in der der Mensch geschlechtsreif wird. [GA 297, S. 127, 25.11.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=127&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Zahnwechsel: Nicht mehr nur Nachahmung als Entwicklungsweg, sondern halb-bewusster Wunsch nach Übernahme moralischer Werte von einer Autorität. GA 024 01.02.1920 In der Periode des Zahnwechsels vollzieht sich ein völliger Umschwung im kindlichen Erleben. Es tritt der Trieb ein, das zu tun oder auch zu denken, was ein anderer Mensch, der von dem Kinde als Autorität empfunden wird, tut oder denkt, wenn er dieses Tun oder Denken als richtig bezeichnet. Vor diesem Lebensalter wird nachgeahmt, um das eigene Wesen zum Nachbild der Umgebung zu machen; mit dem Eintritt in dieses Alter wird nicht bloß nachgeahmt, sondern es wird das fremde Wesen mit einem gewissen Grade der Bewußtheit in das eigene Wesen hereingenommen. Doch bleibt der Nachahmungstrieb neben dem andern, der Autorität zu folgen, bis etwa zum neunten Lebensjahre noch bestehen. Geht man von den Äußerungen dieser zwei Haupttriebe für die beiden aufeinanderfolgenden Kindesalter aus, so fällt der Blick auf andere Offenbarungen der kindlichen Natur. Man lernt die lebendig-plastische Entwickelung der menschlichen Kindheit kennen. [GA 024, S. 270–271, 01.02.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga024.pdf#page=270&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Kind lebt nicht mehr in den Sinneseindrücken, sondern in demjenigen, was in dem Beobachteten lebt ("etwas Seelischeres als der Sinneseindruck"). GA 305 16.08.1922 Dann aber, wenn das Kind seinen Zahnwechsel nach und nach überwindet, wenn an die Stelle derjenigen Zähne, die noch vererbt sind, diejenigen treten, die schon aus der ersten Lebensepoche heraus mit ihre Formung erhalten haben, dann tritt für das ganze Leben des Kindes das ein, daß es nicht mehr bloß Sinnesorgan ist, sondern hingegeben ist an etwas Seelischeres als an jeden äußeren Sinneseindruck. Dann tritt gerade für das Volksschulalter der Elementarschule das für das Kind ein, daß es beginnt, nun aus der Umgebung nicht mehr nur dasjenige aufzunehmen, was es beobachtet, sondern das, was in dem Beobachten lebt. Für das Kind tritt dasjenige Alter ein, das vorzugsweise gebaut sein muß auf jene Autorität, in der das Kind gegenüber seiner erziehenden und unterrichtenden Umgebung lebt. [GA 305, S. 19–20, 16.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=19&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Autoritätsprinzip nach dem Zahnwechsel: Nicht, was die Menschen tun, sondern was in ihnen lebt wird vom Kinde aufgenommen. GA 081 08.03.1922 Man kann durch eine unbefangene Beobachtung genau feststellen, wie die Bewegungen von Vater und Mutter oder von der anderen Umgebung des Kindes hineingehen in den kindlichen Organismus selbst. Man kann verfolgen, wie unter gesunden Verhältnissen die Sprache gelernt wird unter dem Einfluß der Nachahmung. Man kann sehen, wie das Kind im vollsten Sinne des Wortes mit seinem ganzen Wesen an seine Umgebung hingegeben ist. Das aber wird völlig anders im Verlaufe des Zahnwechsels. Da sehen wir, wie sich im Kinde Kräfte ausbilden, die bewirken, daß das Kind nun selbständig Vorstellungen hervorbringen kann. Diese Fähigkeit zu selbständigen Vorstellungen, die das Innere des Kindes bis zu einem gewissen Grade von der Umwelt befreien, ist vor dem siebenten Lebensjahr gar nicht vorhanden. Mit dem Zahnwechsel erlangt das Kind eine gewisse Innerlichkeit und es wird dann nach und nach auch für Abstraktes zugänglich. (...) Nicht das, was die Menschen seiner Umgebung tun, denn das wird nachgeahmt, sondern das, was in diesen Menschen lebt, also was zum Ausdruck kommt durch das Wort, durch die Gesinnung, durch die Gedankenrichtung, das überträgt sich auf das Kind und zwar jetzt nicht durch Nachahmung, sondern durch eine Kraft, die aufzunehmen das Kind ebenso veranlagt ist wie in ihm die Wachstums und Ernährungskräfte veranlagt sind: die Kraft der Autorität. [GA 081, S. 81–82, 08.03.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga081.pdf#page=81&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Von der Nachahmung zum Autoritätsprinzip. GA 303 31.12.1921 Das Atmungs-, das Zirkulationssystem, also das ganze rhythmische System des Menschen, der mittlere Mensch, der ist ebenso der leiblich-physische Repräsentant für das Fühlen, wie der Kopf der Repräsentant ist für das Vorstellen, für das Denken. Dieses Fühlen, das gefühlsmäßige Element, wird insbesondere mit dem Zahnwechsel in dem Kinde frei. Daher nimmt auch das seelische Wesen etwas an, dem man nur durch das Gefühlsmäßige beikommt. Es ist durchaus auf dem Umwege durch das kunstgemäß gestaltete Fühlen in diesem Lebensalter dem Kinde beizukommen. Man kann das sogar ganz radikal in der Weise ausdrücken, daß man sagt: Die anderen Menschen, die das Kind vor dem Zahnwechsel in ihren Bewegungen, in der Sprache, selbst in den Empfindungen auf imponderable Weise nachahmt, die sind vom Kind noch nicht so empfunden, daß es auf deren eigenes Wesen, auf deren inneres Wesen hinschauen kann. Das Kind bis zum siebenten Jahre empfindet eigentlich den anderen Menschen in Wahrheit noch gar nicht ordentlich als anderen Menschen, sondern als etwas, mit dem es wie mit seinen Armen oder mit seinen Beinen verbunden ist. Es sondert sich noch nicht heraus aus der Welt. Mit dem Zahnwechsel, mit dem selbständig durch Atmung, Zirkulation wirkenden Gefühlssystem, sondert sich das Kind ab von dem anderen, und daher wird ihm der andere Mensch ein Wesen mit einer Innerlichkeit. Und das verlangt beim Kinde, daß es in scheuer Ehrfurcht zu dem Erwachsenen, der groß ist, hinaufschaut, daß es sich gefühlsmäßig nach ihm richten lernt. Das bloße Nachahmungsprinzip, das sich auf die Äußerungen bezog, wird nach dem Zahnwechsel zu einem anderen; rein aus den Bedürfnissen der menschlichen Natur heraus muß sich das Autoritätsprinzip entwickeln. [GA 303, S. 172–173, 31.12.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=172&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (3) Autorität: 2.Jahrsiebt ##### 1.Jahrsiebt: Hingabe an die physische Umgebung. 2. Jahrsiebt: Seele steht der Seele gegenüber - Autoritätsprinzip. GA 218 19.11.1922 Indem das Kind den Zahnwechsel durchgemacht hat, sind diejenigen Kräfte, die vorher tief in seinem Organismus drinnen sitzen, seelische Kräfte geworden. Nun kann es, während es früher hingegeben war seiner Umgebung, auch als Seele der Seele gegenüberstehen, in einer solchen Empfindung, die jetzt gegenüber dem bloßen Nachahmen ein Sich-Fügen der selbstverständlichen Autorität ist. Wir haben wirklich dieses, daß wir in den ersten Kindesjahren bis zum Zahnwechsel so sind, daß wir uns ganz verbinden möchten mit der Umgebung und uns ganz hingeben mochten an die Umgebung. Das ist, ich möchte sagen, das physische Gegenbild der religiösen Empfindung. Die religiöse Empfindung, die gibt sich im Geiste hin an den Geist; das Kind gibt sich mit seinem Körper hin seiner physischen Umgebung. Es ist das physische Korrelat, das physische Gegenbild des Religiösen. Wenn das Kind dann das siebente Jahr überschritten hat, dann gibt es sich nicht mit seinem Körper hin seiner physischen Umgebung, sondern mit seiner Seele der Seele. Der Lehrer tritt an seine Seite, und es ist notwendig für das Kind, daß es den Lehrer ansieht als eine Quelle alles dessen, was für es Gut und Böse ist, daß es jetzt ebensoviel gibt auf das, was der Lehrer sagt und an ihm heranerzieht, wie es früher auf die Geste, auf die äußere Betätigung in der Umgebung gegeben hat. Und jetzt tritt nun bei dem Kinde zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre ungefähr der Drang auf, sich einer selbstverständlichen Autorität hinzugeben, so daß das Kind werden will, wie diese Autorität ist. Die Liebe zu dieser selbstverständlichen Autorität, das Hinhorchen auf sie, das ist jetzt ebenso Prinzip, wie es früher die Nachahmung war. [GA 218, S. 231–232, 19.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=231&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: das Autoritätsprinzip als Grunderziehungsprinzip. GA 061 14.03.1912 Gehen wir weiter, so finden wir dann jenen wichtigen Zeitabschnitt im menschlichen Kindesleben, der beim Zahnwechsel beginnt und etwa bis zur Geschlechtsreife hin geht. Da finden wir wiederum, wenn wir von allen Vorurteilen uns befreien und rein auf die reale Entwickelung des Menschen, auf die realen Bedingungen dieser Entwickelung schauen, daß der bedeutsamste Erziehungsimpuls für diese Jahre das sein muß, was wir die Autorität nennen. Und eine gesunde Erziehung für diese Jahre kommt zustande, wenn das Kind in dieser Zeit erwachsenen Menschen gegenübersteht, zu denen es Vertrauen, Glauben hat, so daß es, ohne mit irgendeiner blassen Verstandesidee, ohne mit irgendeiner unreifen Kritik einzugreifen, auf die Autorität dieser neben ihm befindlichen Personen hin seine Grundsätze, seine Verhaltungsregeln sich bilden kann. Das autoritative Prinzip ist das Grunderziehungsprinzip für diese Jahre. [GA 061, S. 417–418, 14.03.1912](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga061.pdf#page=417&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Das Kind ist Seele geworden, noch nicht Geist. Dem Kind etwas beibringen, nicht ihm etwas beweisen. GA 305 16.08.1922 Nun, was ist da das Kind geworden? Zwischen dem 7. Jahre ungefähr und dem 14., 15. Jahre ist das Kind aus dem Sinnesorgan ganz Seele geworden, noch nicht Geist, noch nicht so, daß es den Hauptwert auf den logischen Zusammenhang, auf das Intellektualistische legt; da würde es innerlich in der Seele verknöchern. Für das Kind zwischen dem 7. und 14. Jahre hat es eine viel größere Bedeutung, wenn wir vermögen in liebevoller Weise ihm irgend etwas beizubringen, als es ihm zu beweisen. Es hat viel größeren Wert, wenn wir Gemüt durch irgendeine Lehre gehen lassen können, als Logik; denn das Kind braucht noch nicht die Logik, das Kind braucht uns, braucht unsere Menschlichkeit. [GA 305, S. 20–21, 16.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=20&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erziehung aus Menschenerkenntnis: Unterscheidung der Entwicklungsepochen. GA 334 18.03.1920 Dazu gehört aber allerdings, daß diese Pädagogik, diese Erziehungskunst gebaut werde auf wirkliche Menschenkenntnis. Wirkliche Menschenkenntnis ergibt sich nur mit den Methoden, die ich heute andeutend charakterisiert habe. Da lernt man erkennen, wie aus dem inneren Seelisch-Geistigen heraus vor allen Dingen gewisse Epochen sich unterscheiden lassen in dem werdenden Menschen. Diese Epochen, sie sind dasjenige in der menschlichen Wesenheit, worüber man heute oftmals selbst in der Wissenschaft, die sich sehr exakt dünkt, oberflächlich hinweggeht. Man sieht ja in dem Kinde gewisse Vorgänge, wenn um das siebente Jahr herum der Zahnwechsel eintritt. Aber derjenige, der tiefer hineinschaut in die menschliche Natur, der sieht auch, wie in dieser Zeit des Zahnwechsels im Kinde eine vollständige Metamorphose des ganzen Seelenlebens vor sich geht. Während in der ersten Zeit, von der Geburt bis zum siebenten Jahre, alles, was das Kind treibt, wozu das Kind sich geneigt, befähigt fühlt, herausstammt aus dem Prinzip der Imitation, der Nachahmung, aus einem Sich-Hineinfühlen in alles dasjenige, was die Umgebung tut, beginnt mit dem Zahnwechsel ungefähr gegen das siebente Jahr beim Kinde die Epoche, wo es durch seine inneren Fähigkeiten auf Autorität hin angelegt ist. Wie durch das selbstverständliche elementarische Leben wird das Kind bis zum siebenten Jahr hin selbst in seinen Handbewegungen, in der Formung seiner Sprache dasjenige tun, was die Erwachsenen seiner Umgebung tun. Es wird sich ganz hineinverweben in dasjenige, was ausströmt selbst von den Imponderabilien der Gedanken- und Vorstellungsrichtungen der Umgebung. [GA 334, S. 115–116, 18.03.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga334.pdf#page=115&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das fühlende sittliche Urteil im Alter zwischen Zahnwechsel und Geschlechtsreife. GA 304a 26.03.1923 Damit aber ist die ganze Richtung der sittlichen Erziehung des Kindes zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife gegeben. Wenn wir dem Kinde abstrakte Sittenregeln mit auf den Weg geben wollen, dann werden wir eine Ablehnung bemerken, nicht durch die Nichtsnutzigkeit des Kindes, sondern durch das Menschenwesen selber. Wenn wir imstande sind, sittliche Bilder vor dem Kinde zu entwerfen, sittliche Bilder meinetwillen schon aus dem Tierreiche, wenn wir die Tiere gegeneinander in symbolischen sittlichen Beziehungen auftreten lassen, wenn wir das vielleicht auf die ganze Natur ausdehnen, werden wir, insbesondere für das siebente, achte, neunte Lebensjahr, außerordentlich Gutes an dem Kinde tun können. Wenn wir selbst aus unserer Phantasie heraus lebendig gestaltete Menschenbilder vorführen, wenn wir merken lassen, was wir an diesen lebendig gestalteten Menschenbildern selber als sympathisch oder antipathisch empfinden und das Sympathische oder Antipathische so überleiten, daß es für das unmittelbare Gefühl, für die Empfindung zu einem moralischen Urteile über das Gute und Böse wird, da entwickeln wir für dieses Lebensalter das empfindende, das fühlende sittliche Urteil heran an der Schilderung der Welt. Aber diese Schilderung der Welt muß es sein. In den ersten Lebensjahren ist es die unmittelbare Anschauung. Jetzt muß das, was an das Kind herantritt, um sein moralisch empfindendes, fühlendes Urteil zu erkräftigen, durch das Mittel des autoritativen menschlichen Fühlens und Empfindens durchgegangen sein. Jetzt muß der erziehende Mensch, der Unterrichtende dastehen als Repräsentant der Weltenordnung. Das Kind muß aus seinem instinktiven Leben heraus einfach durch die Empfindung, die es dem Lehrenden, Erziehenden entgegenbringt, die Welt empfangen in seinen Sympathien und Antipathien, die sich ausbilden zu dem: das ist gut, das ist böse. Es muß die Welt empfangen durch den Menschen. Und wohl dem Kinde, das durch Vermittlung des menschlichen Wesens im Erziehenden, im Unterrichtenden selber zunächst sein eigenes Verhältnis zur Welt bilden kann. [GA 304a, S. 42, 26.03.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=42&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (4) Erziehung: Inneres Leben ##### Erziehung aus Menschenerkenntnis: Unterscheidung der Entwicklungsepochen. GA 334 18.03.1920 Dazu gehört aber allerdings, daß diese Pädagogik, diese Erziehungskunst gebaut werde auf wirkliche Menschenkenntnis. Wirkliche Menschenkenntnis ergibt sich nur mit den Methoden, die ich heute andeutend charakterisiert habe. Da lernt man erkennen, wie aus dem inneren Seelisch-Geistigen heraus vor allen Dingen gewisse Epochen sich unterscheiden lassen in dem werdenden Menschen. Diese Epochen, sie sind dasjenige in der menschlichen Wesenheit, worüber man heute oftmals selbst in der Wissenschaft, die sich sehr exakt dünkt, oberflächlich hinweggeht. Man sieht ja in dem Kinde gewisse Vorgänge, wenn um das siebente Jahr herum der Zahnwechsel eintritt. Aber derjenige, der tiefer hineinschaut in die menschliche Natur, der sieht auch, wie in dieser Zeit des Zahnwechsels im Kinde eine vollständige Metamorphose des ganzen Seelenlebens vor sich geht. Während in der ersten Zeit, von der Geburt bis zum siebenten Jahre, alles, was das Kind treibt, wozu das Kind sich geneigt, befähigt fühlt, herausstammt aus dem Prinzip der Imitation, der Nachahmung, aus einem Sich-Hineinfühlen in alles dasjenige, was die Umgebung tut, beginnt mit dem Zahnwechsel ungefähr gegen das siebente Jahr beim Kinde die Epoche, wo es durch seine inneren Fähigkeiten auf Autorität hin angelegt ist. Wie durch das selbstverständliche elementarische Leben wird das Kind bis zum siebenten Jahr hin selbst in seinen Handbewegungen, in der Formung seiner Sprache dasjenige tun, was die Erwachsenen seiner Umgebung tun. Es wird sich ganz hineinverweben in dasjenige, was ausströmt selbst von den Imponderabilien der Gedanken- und Vorstellungsrichtungen der Umgebung. [GA 334, S. 115–116, 18.03.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga334.pdf#page=115&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Bis zur Geschlechtsreife ist das Kind an die Phantasie des Lehrenden/Erziehenden gebunden. GA 304a 30.08.1924 Mit der Geschlechtsreife wird nun wie durch eine neue Geburt dasjenige herausgelöst, was ich astralischen Leib genannt habe. Alles dasjenige, was als die innersten menschlichen Kräfte zugrunde liegt der eigenen Empfindung bis zur Geschlechtsreife, also gerade im primarschulmäßigen Alter, hat das Kind noch unvermischt, ungeteilt mit seinem physischen Leib und Ätherleib eben in diesem astralischen Leib beisammen; daher ist es naturgemäß hingegeben an die Empfindungen, an die Gefühlsweise, an die Phantasieweise des Lehrenden, des Erziehenden. Indem der astralische Leib frei wird von der physischen Organisation und also seelisch frei wirkt, erscheint das Kind erst herausgelöst auch aus dem, was bei ihm selbstverständlicher Autoritätsglaube sein muß. Denn all das, was ich beschrieben habe als die richtige Erziehung zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife, das muß unter dem Zeichen der selbstverständlichen Autorität stehen zwischen dem Kinde und dem Lehrenden, dem Erziehenden. Oh, es ist ein großes Glück für das Leben, wenn man gerade in diesem Kindesalter in selbstverständlicher Autorität zu dem Lehrenden, Erziehenden aufschauen kann, so aufschauen kann, daß einem das wahr ist, was wahr ist für den Lehrenden, den Erziehenden! Man unterscheidet noch nicht als Kind: Irgend etwas ist wahr, irgend etwas ist falsch; man verehrt die Wahrheit, weil etwas, was der Lehrer sagt, als wahr aufgefaßt wird; man verehrt die Güte, weil der Lehrer sie darstellt in dem, was er als die selbstverständliche Güte heranbringt; man verehrt die Schönheit, weil der Lehrer sie heranbringt. Die Wahrheit, die Güte, die Schönheit der Welt tritt in dem Erziehenden dem Kinde gegenüber. [GA 304a, S. 177, 30.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=177&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Ausbildung von Gedächtnis und Charakter durch Nachfolge. GA 097 12.01.1907 Wer zwischen sieben bis vierzehn Jahren im Ätherleib keinen festen Grundstock an Charakter, Gedächtnis und so weiter bekommen hat, ist falsch erzogen. Der Weg zur richtigen Erziehung ist in dieser zweiten Lebensperiode die Autorität. Was das Kind ahnt als innerste Natur des Menschen, der ihm Autorität ist, das bildet sein Gewissen, seinen Charakter, und sogar sein Temperament aus und wird zur dauernden Anlage bei ihm. Bildend auf den Ätherleib wirkt in diesen Jahren auch das Gleichnis und Sinnbild, überhaupt alles, was durch Gleichnisse die Welt erkennbar macht. [GA 097, S. 306, 12.01.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga097.pdf#page=306&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Ein fester Charakter bildet sich aus frei sich entwickelndem Ätherleib; karmische Prägung des Ätherleibes. GA 055 28.02.1907 Einen festen Charakter kann der Mensch nur haben, wenn er so seinen Ätherleib frei entwickeln kann. Und ein Erzieher muß sich in dieser Zeit sagen: Du hast es nicht zu tun mit etwas, das du formen kannst, so wie du willst; sondern du kannst da etwas für das ganze Leben verderben, wenn du nicht erlauschest, was aus dem früheren Ätherleib herübergekommen ist. [GA 055, S. 167–168, 28.02.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga055.pdf#page=167&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Im 2. Jahrsiebt entwickelt sich der Sonnenleib des Kindes, daher kann im Kind ein Gefühl für das rein Geistige und Religiöse geweckt werden. GA 096 04.03.1907 Einen Schönheitssinn können die Menschen nur dann entwickeln, wenn sie das, was die Sonne auf der Erde schön macht, die geistigen Taten der Sonne, verstehen lernen. Das ist sehr wichtig. Die Wesen der Sonne haben ein geistig-göttliches Dasein. Deshalb ist es auch notwendig, daß in dieser Zeit die religiöse Entwickelung einsetzt. Dieses hängt zusammen mit der Entwickelung des Ätherleibes des Menschen. So wie die Sonne in kosmischer Entwickelung die Existenz ihrer Wesen zu Geistern erheben konnte, so ist der Mensch imstande, als Erzieher in dem Kinde zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife das Empfängliche, das Gefühl für das rein Geistige und für das Religiöse zu erwecken, weil da der Sonnenleib sich frei nach allen Seiten entwickelt. [GA 096, S. 246, 04.03.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga096.pdf#page=246&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Nachfolge und Autorität. Glaube, dass der Lehrer der Vermittler zwischen Kind und Kosmos ist. GA 305 16.08.1922 Geben wir uns keiner Täuschung darüber hin, daß das Kind, wenn wir es ansprechen zwischen dem 7. und 14. Jahre, von uns nicht vernimmt das Urteil, das sich in einem Satze ausspricht. Wenn wir das Kind zwingen, das Urteil zu erlauschen, das sich in einem Satze ausspricht, so bringen wir ihm etwas bei, was erst einem späteren Lebensalter angehört. Dasjenige, was das Kind durch seine Wesenheit von uns verlangt, das ist, daß es an uns glauben kann, daß es das instinktive Gefühl haben kann: Da steht einer neben mir, der sagt mir etwas. Er kann es sagen, er steht mit der ganzen Welt so in Verbindung, daß er es sagen kann. Der ist für mich der Vermittler zwischen mir und dem ganzen Kosmos. So steht das Kind, natürlich nicht ausgesprochen, aber instinktiv dem anderen Menschen, namentlich dem lehrenden und erziehenden Menschen gegenüber. Er ist ihm der Vermittler zwischen der göttlichen Welt und zwischen ihm selber in seiner Ohnmacht. Und nur, wenn sich der Erzieher bewußt wird, daß er selbstverständliche Autorität sein muß, daß er dasjenige sein muß, zu dem das Kind hinaufsehen kann in einer ganz selbstverständlichen Weise, dann wird er Erzieher sein. [GA 305, S. 20, 16.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=20&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Hingabe an die physische Umgebung. 2. Jahrsiebt: Seele steht der Seele gegenüber - Autoritätsprinzip. GA 218 19.11.1922 Indem das Kind den Zahnwechsel durchgemacht hat, sind diejenigen Kräfte, die vorher tief in seinem Organismus drinnen sitzen, seelische Kräfte geworden. Nun kann es, während es früher hingegeben war seiner Umgebung, auch als Seele der Seele gegenüberstehen, in einer solchen Empfindung, die jetzt gegenüber dem bloßen Nachahmen ein Sich-Fügen der selbstverständlichen Autorität ist. Wir haben wirklich dieses, daß wir in den ersten Kindesjahren bis zum Zahnwechsel so sind, daß wir uns ganz verbinden möchten mit der Umgebung und uns ganz hingeben mochten an die Umgebung. Das ist, ich möchte sagen, das physische Gegenbild der religiösen Empfindung. Die religiöse Empfindung, die gibt sich im Geiste hin an den Geist; das Kind gibt sich mit seinem Körper hin seiner physischen Umgebung. Es ist das physische Korrelat, das physische Gegenbild des Religiösen. Wenn das Kind dann das siebente Jahr überschritten hat, dann gibt es sich nicht mit seinem Körper hin seiner physischen Umgebung, sondern mit seiner Seele der Seele. Der Lehrer tritt an seine Seite, und es ist notwendig für das Kind, daß es den Lehrer ansieht als eine Quelle alles dessen, was für es Gut und Böse ist, daß es jetzt ebensoviel gibt auf das, was der Lehrer sagt und an ihm heranerzieht, wie es früher auf die Geste, auf die äußere Betätigung in der Umgebung gegeben hat. Und jetzt tritt nun bei dem Kinde zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre ungefähr der Drang auf, sich einer selbstverständlichen Autorität hinzugeben, so daß das Kind werden will, wie diese Autorität ist. Die Liebe zu dieser selbstverständlichen Autorität, das Hinhorchen auf sie, das ist jetzt ebenso Prinzip, wie es früher die Nachahmung war. [GA 218, S. 231–232, 19.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=231&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Zahnwechsel: naturhafte Religiosität/ Bildlichkeit, Sinnenwesen/ Geistig-Seelisches emanzipiert sich vom Leib, Nachahmung/Autorität, Klang der Sprache wirkt/ Gefühl wirkt. GA 309 16.04.1924 Es liegt eine naturhafte Religiosität, hingegeben an die Umgebung, beim kleinen Kinde vor. Das alles ändert sich ganz bedeutsam, wenn der Zahnwechsel überschritten wird. Man möchte sagen: Das Sinnenhafte, dasjenige, was die ganze Kindeswesenheit durchdringt, das zieht an die Oberfläche. Die Sinne sondern sich ab von dem übrigen Organismus, gehen ihre eigenen Wege, und der Mensch verinnerlicht sich gerade dadurch, daß er sich geistig-seelisch emanzipiert von dem Leiblich-Physischen. Das Geistig-Seelische wird dadurch selbständig. Aber was man durchaus festhalten muß, das ist, daß das Geistig-Seelische vor der Geschlechtsreife nicht eigentlich intellektuell wird, daß das Intellektuelle sich erst mit der Geschlechtsreife als ein Naturhaftes herausbildet. Daher kommt man keiner Kraft, die im Kinde lebt, entgegen, wenn man an den Intellekt appelliert. Das Auffassungsvermögen, ja die ganze Seelenverfassung des Kindes vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife sind nun einmal auf das Bildhafte, auf dasjenige orientiert, was man nennen kann ästhetische Auffassung, eine Auffassung, die man etwa in der folgenden Weise charakterisieren kann: Bis zum Zahnwechsel lebt das Kind so, daß es dasjenige, was in der Umgebung tatsächlich vorgeht, was also dem Kinde sozusagen vorgemacht wird, nachahmen will, daß das Kind sein ganzes motorisches System einsetzt, um sich im allgemeinen und auch im speziellen Falle so zu verhalten zu dem, was ihm gegenübersteht, daß es zu dem Betreffenden einen innerlichen Hang, eine Liebe hat. Das ändert sich mit dem Zahnwechsel so, daß das Kind sich nicht mehr richtet nach dem, was es sieht, sondern nach dem, was sich umsetzt in die Seelenoffenbarungen des betreffenden Erziehers oder Unterrichtenden. Was wir so seinem Seeleninhalt nach haben für das Kind bis zum Zahnwechsel, das ist nicht etwas unbedingt Autoritatives. Das Kind geht eigentlich bis zum Zahnwechsel - natürlich sind nicht schroffe, sondern allmähliche Übergänge vorhanden - gar nicht stark auf Sinn und Inhalt des Gesagten ein, sondern es lebt eigentlich viel mehr in dem Klang der Sprache, in der Art und Weise, wie die Sprache gehandhabt wird. Und wer eine intimere Anschauung von diesen Dingen hat, der wird wissen, daß, wenn ich zu dem Kinde sage: Das sollst du nicht tun -, dieses Gebot keinen starken Eindruck auf das Kind macht. Sagt dagegen der Mensch nach seiner Überzeugung: Das sollst du nicht tun - oder: Tue das -, so liegt etwas ganz Entscheidendes in der Art und Weise, wie man spricht. Das Kind merkt da, wenn man sagt: Du sollst das nicht tun -, daß man das in anderer Betonung ausspricht, als wenn man sagt: Das ist recht, das sollst du tun -, und nach dieser Betonung, die eine Offenbarung ist für die Art der Tätigkeit des Sprechens, danach richtet sich das ganz kleine Kind. In den Sinn der Worte und überhaupt in den Sinn der Offenbarungen der Umwelt geht das Kind erst ein, wenn es den Zahnwechsel vollzieht und nach dem Zahnwechsel. Aber da geht es auch noch nicht so ein, daß es eingeht auf das Intellektuelle der Sache, sondern es geht ein auf das Gemüthafte, auf das Gefühlhafte der Sache. Es geht ein darauf, wie man gegenüber einer Art Autorität eingeht auf eine Sache deshalb, weil diese Autorität das sagt. [GA 309, S. 59–60, 16.04.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga309.pdf#page=59&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (5) Rubikon: Mitte des 2. Jahrsiebts ##### Dem Kind etwas Gutes tun, bis zum 9., 10. Jahr, indem die Autorität gestützt und geschützt wird. GA 150 14.03.1913 Wir tun etwas Gutes, wenn wir heranerziehen solche Kinder, die nicht im neunten, zehnten Jahre alles schon selber wissen wollen, sondern die wenn man sie fragt: Warum ist dieses oder jenes richtig oder gut? - dann sagen: Weil der Vater, weil die Mutter es gesagt hat, es sei gut, oder weil der Lehrer es gesagt hat. - Wenn wir so die Kinder erziehen, daß in ihrer Umgebung eben die Erwachsenen als selbstverständliche Autoritäten walten, dann tun wir den Kindern unter allen Umständen etwas Gutes. Und wenn wir gegen diese siebenjährigen Perioden verstoßen, wenn wir also herbeiführen etwa einen solchen Zustand, daß schon gerade in dieser Zeit die Kinder anfangen, diejenigen, die selbstverständliche Autoritäten sind, zu kritisieren, wenn wir das nicht vermeiden, daß diese Kritik eintritt, so tun wir unter allen Umständen etwas Schlimmes für den heranwachsenden Menschen. [GA 150, S. 19-20, 14.03.1913](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga150.pdf#page=19&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 9.Lebensjahr: Nachahmungstrieb verschwindet, Hang zur Autorität bleibt. Über die Autorität hin zur Urteilskraft im 12. LJ. GA 301 03.05.1920 Wir müssen uns ja vor allen Dingen dessen bewußt sein, daß die eigentliche unterscheidende Urteilskraft, dasjenige, was den Menschen befähigt zu urteilen, selbständig zu urteilen, daß das im Grunde genommen erst mit der Geschlechtsreife voll auftritt, und daß es sich vorbereitet langsam von dem 12. Lebensjahre an. So daß wir sagen können: bis zum 9. Jahre entwickelt sich ja schon der Hang der menschlichen Natur unter Autorität sich zu entwickeln; aber es wirkt noch nach bis in dieses 9. Jahr herein das, was man den Nachahmungstrieb nennen kann. Dann verschwindet dieser Nachahmungstrieb, der Hang zur Autorität bleibt. Dann beginnt aber im 12. Lebensjahr ungefähr, noch unter der Leitung der Autorität, die noch weiter wirkt, der entscheidende Trieb, Urteile, selbständige Urteile zu entwickeln. [GA 301, S. 122, 03.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=122&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Rubikon: Das Kind prüft den Lehrer / Erzieher. GA 306 19.04.1923 Zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr, manchmal etwas später, stellt sich, nicht in Begriffen und Vorstellungen, aber in Gefühl und Empfindung, vor die Seele des Kindes die Frage: Ja, woher hat denn der Lehrer und Erzieher das alles? Da beginnt nämlich plötzlich, wenn ich mich bildlich ausdrücken darf, dieser Lehrer und Erzieher durchsichtig zu werden. Man will hinter ihm die Welt sehen, die hinter ihm lebt. Da muß er standhalten; da muß er gegenüber dem, was das Kind heranbringt, in dem Kinde die Überzeugung erhalten, daß er richtig in das Rückwärts, in die Welt, eingeschaltet ist; daß er Wahrheit, Schönheit und Güte wirklich in sich trägt. Da prüft die unbewußte Natur des Kindes den Lehrer in einer ganz unerhörten Weise, möchte ich sagen. Sie prüft ihn, ob er nun wirklich die Welt in sich trägt, ob er würdig war, bisher ihm der Repräsentant des ganzen Kosmos zu sein. Und wiederum kann das nicht ausgesprochen werden. Würde man das in irgendeiner Form auch nur leise theoretisch vorführen durch Gründe oder dergleichen, dann würde die unbewußte Natur des Kindes, weil sie für Kausalität keinen Sinn hat, das als Schwäche, nicht als Stärke des Lehrers empfinden; lediglich als Schwäche. Denn alles das, was man erst beweisen muß, lebt schon schwach in der Seele; dasjenige, was stark in der Seele lebt, muß man ja nicht erst beweisen. [GA 306, S. 110–111, 19.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=110&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Rubikon, 9. und 10. LJ: Das Kind ergreift das, was es bisher aufgenommen hat. Sympathie, Antipathie. Natur- und Ich-Trennung. Autorität, Hinterfragung der Autorität. GA 304a 26.03.1923 Was als Keim in die kindliche Seele hineingelegt ist, das muß mit dem Kinde heranwachsen können. Nicht fertige Begriffe dürfen wir dem Kinde übermitteln; wachstumsfähige Begriffe müssen wir dem Kinde entwickeln. Die Seele muß mit solchen Keimen ausgerüstet werden, die das ganze Leben hindurch wachsen können. Und darauf kommt es an, daß das Kind in diesem Lebensalter Sympathie für das Moralische, Antipathie für das Unmoralische in unmittelbar mitgeteilter Anschauung in  sich heranentwickelt. Das was auf dem Wege der Sympathien und Antipathien sich als moralisch empfindendes Urteil in der kindlichen Seele festsetzt, bestimmt die ganze moralische Bildung des Kindes.  Da ergibt sich zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre eine merkwürdige Tatsache am sich entwickelnden Menschen - man muß nur ganz aufmerksam sein können auf das Individuelle, das herauskommt in den verschiedenen Kindern -, da ergibt sich diese merkwürdige Tatsache, daß einen das Kind gerade ganz besonders in diesem Zeitpunkte braucht. Manchmal sind es ein paar Worte, an denen man bemerkt, daß man gerade selber an diesem Lebenspunkte ein paar Worte finden muß, die dem Kinde weiterhelfen. Das Kind überschreitet in diesen Augenblicken einen Lebensmoment, bei dem alles davon abhängen kann, ob man das richtige Wort, das richtige Verhalten zu dem Kinde findet. Dieser Lebensmoment ist der, wo das Kind durch sein Ringen mit der Sprache, durch dieses Ringen nach dem Zusammenfallen des ganzen Seelenlebens mit der Sprache, zum ersten Male nicht so unbewußt wie in den ersten Lebensjahren, wo es ganz unbewußt nur lernt zu sich «Ich» sagen, sondern in ganz bewußter Weise aufmerksam wird: es ist ein Unterschied zwischen mir und der Welt. Das Kind fordert intensiv eine Orientierung für Leib, Seele und Geist in der Welt. Das tritt gerade zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre auf. Es hat nämlich das Erlebnis: da ist die Autorität, die gibt mir die Welt. Ich schaue in den Kosmos durch die Autorität. Ist die Autorität auch die richtige? Gibt mir die auch ein wahres Bild von der Welt? Das alles spielt sich in intimer, feiner Weise in der Empfindungswelt ab. Es entscheidet sich aber in diesem Lebenspunkte, ob das Kind weiter das rechte Vertrauen fassen kann zu der Autorität, jenes Vertrauen, das es haben muß bis zur Geschlechtsreife, wenn es gedeihen soll, oder ob es dieses Vertrauen nicht haben kann. Das macht die innere Unruhe, die Nervosität des Kindes aus. Man muß für diesen Lebenspunkt als Lehrer, als Erzieher diejenigen Worte finden, die das Vertrauen weiter befestigen. Denn mit dieser Befestigung des Vertrauens festigt sich auch der moralische Charakter des Kindes, der zunächst noch ganz latent in der Anlage vorhanden ist. Aber er festigt sich. Das Kind wird innerlich fest. Es ergreift bis in den Leib hinein dasjenige, was es bisher in der geschilderten Weise aufgenommen hat durch sein eigenes Selbst. [GA 304a, S. 44–46, 26.03.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=44&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Jahrsiebte: Untergliederung. Ich-Bewusstsein und Rubikon. Durchdringung von Nachahmung und Autoritätsdrang. GA 297 31.08.1919 (I) Sieht man dann aber weiter zu, dann ergeben sich wiederum Einschnitte auch in diesen großen Lebensabschnitten. Wir sehen zum Beispiel einen deutlichen Einschnitt innerhalb der Zeit von der Geburt bis zum Zahnwechsel so um das dritte Lebensjahr herum, wo das Kind in das Entwicklungsstadium eintritt, in dem es zum ersten Mal ein deutliches Ich-Gefühl entwickelt. Da beginnt derjenige Zeitabschnitt, bis zu dem man sich im späteren Leben zurückerinnert, während das frühere Erleben in den Schlaf der Kindheit hineinverschwindet. Und manches andere tritt um diese Lebenszeit in der Entwicklung des Kindes auf, so daß man sagen kann: trotzdem das Kind im wesentlichen ein Nachahmer ist in den ersten sieben Lebensjahren, liegt um die Mitte dieser ersten sieben Lebensjahre herum ein wichtiger Abschnitt, der in der ersten Erziehung berücksichtigt werden muß. Dann aber liegen wiederum zwei wichtige Abschnitte in der Zeit von dem Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, also gerade in dem Zeitalter des Kindeslebens, in dem die Volksschulerziehung sich abwickeln soll. Wenn sich das Kind ungefähr dem neunten Jahre nähert, wird man einen großen Umschwung in der Entwicklung des Kindes beobachten können. Was im Menschenleben auftritt, ist ja nach der einen Seite hin deutlich da. Es geht wiederum das eine in das andere über. Das Kind ist in den ersten sieben Lebensjahren ein Nachahmer; aber wenn es nach dem Zahnwechsel schon hinneigt zum Autoritätsgefühl, bleibt ihm noch etwas von der Sehnsucht nachzuahmen aus den früheren Jahren da, so daß sich bis zum neunten Jahre hin im Kinde fortwährend der Drang vermischt, seine Umgebung nachzuahmen und schon die Autorität auf sich wirken zu lassen. [GA 297, S. 46–47, 31.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=46&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (6) Geschlechtsreife: Urteilskraft ##### Der selbstständige Weg zum Göttlich-Geistigen durch die eigene Urteilskraft. GA 306 18.04.1923 Es bleibt uns gerade das volksschulmäßige Lebensalter für die wichtige Frage: Wie haben wir da nun den Religionsunterricht einzurichten? Da kommt in erster Linie in Frage: Worauf müssen wir in diesem Lebensalter vom 7. bis zum 14. Jahr vorzugsweise wirken? In der ersten Lebensepoche bis zum Zahnwechsel wirken wir als erzieherische Umgebung eigentlich auf das Leibliche. Nach der Geschlechtsreife wirken wir im Grunde genommen auf das Urteil, auf die Vorstellung. In der Zwischenperiode wirken wir nun gerade auf das Gemüt, das Gefühl. Daher ist auch notwendig, diese Periode einzuleiten damit, daß wir bei den Kindern, die in die Volksschule hineinkommen, mit Bildern anfangen. Die wirken nämlich gerade auf die Empfindung, auf das Gemüt. Die Vorstellung reift allmählich erst heran und wird vorbereitet für das richtige Lebensalter. Nun haben wir ebenso, wie ich es morgen für einzelne Lehrfächer ausführen werde, beim Religionsunterricht dafür zu sorgen, daß wir ihn vor allen Dingen ans Gemüt heranbringen. Und darum handelt es sich also: Was wirkt im Gemüt und auf das Gemüt? Ja, da wirkt vor allen Dingen dasjenige, was erlebt wird in Sympathien und Antipathien, Wenn wir nun bei dem Kinde gerade zwischen dem 7. und 14. Jahr solche Sympathien und Antipathien entwickeln, die da vorbereiten ein richtiges religiöses Urteil, dann tun wir das Rechte. Also sagen wir: Wir richten den Unterricht nicht so ein, daß wir überall Gebote obenan stellen «Du sollst dieses tun, Du sollst jenes nicht tun»; das taugt eben wiederum nicht, gerade für dieses kindliche Alter, sondern wir müssen den Unterricht so einrichten, daß das Kind Sympathie bekommt mit dem, was es tun soll. Das behalten wir für uns im Hintergrund, was es tun soll, aber wir stellen in Bildern dasjenige dar, was ihm auch in religiöser Beziehung in höherem und sehr gehobenem Sinne sympathisch einfließen soll. Wir versuchen, ihm Antipathie einzuflößen für dasjenige, was es eben nicht soll. Wir versuchen auf diese Weise auch gerade eben durch das Gemütsurteil immer an Hand des Bildes das Kind allmählich hinzuführen von dem Göttlich-Geistigen in der Natur durch das Göttlich-Geistige im Menschen zu dem Aneignen des Göttlich-Geistigen. Aber das Ganze muß durch Gemüt und Gefühl gehen, gerade im volksschulmäßigen Alter. Also nicht dogmatisch und nicht gebotsmäßig, sondern durchaus das Gemüt, das Gefühl vorbereiten für dasjenige, was dann später in selbstgebildetem Urteil auftreten kann. Und wir werden ganz andere Erfolge erzielen gerade für die religiöse Orientierung des Menschen, als wenn wir in dem Lebensalter, in dem das Kind nicht empfänglich dafür ist, mit Geboten oder Glaubensartikeln kommen. Wenn wir ihm die Bilder vorweisen und dadurch vorbereiten dasjenige, worüber sich später der junge Mensch selber ein religiöses Urteil bilden soll, bereiten wir dem Menschen die Möglichkeit, dasjenige wirklich durch seine eigene Geistigkeit zu erfassen, was er als sein innerstes Wesen erfassen soll, nämlich die religiöse Orientierung. Wir lassen gewissermaßen dem Kinde die Freiheit, sich selber religiös zu orientieren, wenn wir ihm das Religiöse ans Gemüt heranbringen, also in Bildern das Religiöse darbieten, nicht in Glaubensartikeln oder in Geboten. Es ist von ungeheurer Bedeutung, wenn der Mensch dann nach der Geschlechtsreife bis in die Zwanziger jähre hinein die Möglichkeit hat, das, was er erst im Gemüt, im Gefühl, ich möchte sagen mit einer gewissen Weite und Vielseitigkeit aufgenommen hat, aus sich selbst heraus zum Urteil erhebt. Er bringt sich dann selbst auf den Weg zum Göttlichen. Es ist ein großer Unterschied, ob das Kind in der Zeit, in der es auf Autorität eingestellt ist, durch die Autorität eine fest bestimmte Richtung bekommt oder ob es so geführt wird, daß es die religiöse Orientierung bei seinem Erzieher oder Lehrer sieht, daran bildhaftig sich hinaufrankt und dann später schöpfen kann daraus das «Du sollst», «Du sollst nicht». Nachdem es zuerst Gefallen oder Mißfallen gefunden hat an dem, was herauskommt als «Du sollst», «Du sollst nicht», nachdem es in bildhafter Naturanschauung erkennen gelernt hat, wie das Gemüt frei wird durch die Vorstellung eines göttlich-geistigen Webens in Natur und Geschichte, kommt es selber darauf, sich die Vorstellungen zu bilden. Es bekommt die Möglichkeit, die religiöse Erziehung aus dem Zentrum des Lebens zu bekommen, zu dem man erst mit der Geschlechtsreife herankommt. Also darum handelt es sich, aus diesen Untergründen, die aus Menschenerkenntnis gewonnen werden, das Spätere in richtiger Weise vorzubereiten. [GA 306, S. 176–178, 18.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=176&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erwachen der Urteilskraft: Dazu muss sich ein Teil des Seelenorganismus vom ätherischen Organismus zur Selbstständigkeit loslösen. GA 036 16.09.1922 Das bedingt, daß für dieses Lebensalter das Kind ein Leben entwickelt, das sich nicht mehr in der Nachahmung erschöpft. Aber es kann auch noch nicht nach vollbewußten, vom intellektuellen Urteil geregelten Gedanken sein Verhältnis zu andern Menschen bestimmen. Das ist erst möglich, wenn ein Teil des Seelenorganismus mit der Geschlechtsreife sich von dem entsprechenden Teile des ätherischen Organismus zur Selbständigkeit loslöst. Vom siebenten bis zum vierzehnten oder fünfzehnten Lebensjahre ist das Bestimmende für das Kind nicht diejenige Orientierung an den Menschen seiner Umgebung, die durch die Urteilskraft, sondern diejenige, die durch die Autorität bewirkt wird. [GA 036, S. 287, 16.09.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga036.pdf#page=287&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nach der Geschlechtsreife entzieht sich das Kind der Autorität des Lehrers und wird sehr sensitiv für die Haltung und das Handeln des Lehrers. GA 302 19.06.1921 Nun handelt es sich darum, daß wir uns in dieses Wesen des Nachahmungsbegriffes hineinfühlen, daß wir dann in dem Autoritätsbegriff sehen, wie sich zwischen uns als Autorität und dem Kinde der Sinn für die Schönheit entwickelt. Und haben wir das getrieben bis zu dem Moment, wo das Kind geschlechtsreif wird, dann entwickelt sich, indem das Kind in die Neigung zum Ideal hineinwächst, in der richtigen Weise der Sinn für das Gute. Das Kind müssen wir an uns halten, damit es bis zur Geschlechtsreife das Gute tut. Bis dahin müssen wir durch das gegenseitige Wechselverhältnis so wirken, daß das Kind das Gute tut. Es ist schon notwendig, wenn das elf-, zwölf-, dreizehnjährige Kind das Gute tut, daß so stark die Autorität des Erziehers hinter ihm steht, daß es in dem Moment, wo es das Gute tut, so fühlt, als ob es damit seinen Lehrer und Erzieher zufrieden macht. Und das Schlechte soll es meiden. Es soll fühlen, daß er von irgendeiner unbestimmten Seite kommt und unzufrieden ist. Irgendwo soll es den Erzieher vermuten. So soll es zusammenwachsen mit dem Lehrer und dem Erzieher. Es soll ihm erst mit der Geschlechtsreife entwachsen. Wenn wir das Kind so erziehen und aufziehen, daß wir es schon für reif halten, wenn es in die Schule kommt, und möglichst zu eigenen Urteilen anführen in dem Moment, wo es sprechen gelernt hat, das heißt, alles auf Anschauung gründen, dann lassen wir das Kind in dem Entwickelungszustand, wo es sprechen gelernt hat, und wollen es nur nicht weiterkommen lassen. Wenn wir also dieses nicht herankommen lassen, daß das Kind wirklich einen Wandel durchmacht mit der Geschlechtsreife, daß es wirklich etwas ablegt dadurch, daß wir es erst an die Autorität gewöhnt haben, dann kann es nicht über die Autorität hinauswachsen. Es muß erst die Autorität gefühlt haben. Es muß dann mit der Geschlechtsreife über das Autoritätsgefühl hinauswachsen und das Urteil suchen. Wir müssen dann wirklich in das Verhältnis des Kindes kommen, daß ein jeglicher sich seinen Helden wählt, dem er die Wege zum Olymp sich nacharbeitet. Natürlich ist das mit allerlei Unbehaglichkeiten verbunden. Man hat es dann nicht mehr in der Hand, das selbstverständliche Ideal für das Kind zu bleiben. Man muß sich dann selber darnach halten. Früher kann man es noch befehlen. Mit der Geschlechtsreife tritt es dann auf, daß das Kind bemerkt und sehr sensitiv wird für die Unmöglichkeiten beim Lehrer und Erzieher. Dieser Gefahr müssen wir uns bewußt aussetzen, daß das Kind sehr sensitiv wird für dasjenige, was der Lehrer selber nicht tun soll. Namentlich werden Sie bemerken, daß das Kind in dieser Zeit sehr sensitiv wird für die Gesinnung des Lehrers. Aber wenn wir es nicht mit uns egoistisch, sondern ehrlich mit dem Kinde meinen, dann werden wir gerade auf diese Empfindungsmöglichkeit hin erziehen und unterrichten. Dann werden wir gerade dasjenige herankommen lassen, daß wir in ein freies Verhältnis zur heranwachsenden Jugend kommen. Und dann werden wir bewirken, daß der Mensch in der richtigen Weise hineinwächst in das Wahre, das ihm gewissermaßen aus einer geistigen Welt wie ein Erbgeschenk mitgegeben wird, daß er in der richtigen Weise zusammenwächst mit dem Schönen, und daß er in dieser Welt des sinnlichen Daseins lernt das Gute, das er hier ausprägen soll. Geradezu eine Sünde ist es, von dem Wahren, Schönen, Guten im abstrakten Sinn zu reden, ohne im konkreten darauf aufmerksam zu machen, wie es im Verhältnis steht zu den einzelnen Lebensaltern. [GA 302, S. 136-137, 19.06.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302.pdf#page=136&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Ab der Geschlechtsreife spielt das Autoritätsgefühl keine Rolle mehr. Das Kind sollte selbstständig einen Anschluss an die Welt finden. Es findet eine Metamorphose statt. GA 303 04.01.1922 Und von der Geschlechtsreife an soll man sich klar sein, daß der Mensch einem ein neues Wesen entgegenbringt, welches aus seinem Verhältnisse zur Welt entsteht, daß das Autoritätsgefühl jetzt keine Rolle mehr spielt, daß er vor allen Dingen, wenn irgend etwas an ihn herangebracht wird, die Gründe dafür verlangt. Wir müssen uns jetzt angewöhnen, dem heranwachsenden Jüngling und der heranwachsenden Jungfrau mit Gründen entgegenzutreten. Wir müssen uns zum Beispiel gewöhnen, wenn der Jüngling oder die Jungfrau, die eben eine Überwelt in die Welt hereingeführt hat, nun toben, daß diese Welt nicht so ist, daß alles so anders sein muß - wenn sie rebellisch werden, muß man sich bemühen, ohne daß man dabei in die Philisterei verfällt, nun zu motivieren, daß dasjenige, was da ist, ja schließlich aus dem Vorhergehenden, aus dem Geschichtlichen geworden ist. Man muß den gescheiten Menschen spielen, der voll begreift, wie dasjenige,,was da ist, geworden ist. Aber man wird mit Autorität gar nichts mehr ausrichten können. Man muß so in der Sache drinnenstehen, daß man jetzt die vollgültigen Gründe für die Dinge anzuführen in der Lage ist. Tritt einem gerade in diesem Lebensalter durch den Menschen eine nichtbegründete Welt von Inhalten entgegen, treten einem Zustände entgegen in der Welt, die unvernünftig empfunden werden und denen gegenüber man so empfindet, daß man sich sagt: Was ich bisher gelebt habe, bevor ich die Welt betreten habe, ist ja eigentlich sinnlos, denn das alles führt mich in eine Welt, die ja unvernünftig ist -, findet man da nicht den Anschluß an Menschen, die nun wiederum die Vernünftigkeit der Welt wenigstens bis zu einem gewissen Grade begründen können, dann wird der innere Sturm zu groß, dann verliert der Jüngling oder die Jungfrau den inneren Halt. Denn dieser freigewordene astralische Leib, der ist eben nicht von dieser Welt. Aus seiner Welt ist der Mensch herausgeworfen, und er will sich in diese Welt nur hineinstellen, wenn diese Welt es begründen kann, daß sie auch da ist. Sie werden das gründlich mißverstehen, was ich sage, wenn Sie meinen, daß ich das für das volle Bewußtsein des Menschen schildere. Nein, für das schildere ich es nicht, sondern ich schildere es gerade als im tagwachenden Zustand im Unterbewußten drinnen sich abspielend, in Gefühlen heraufwogend, in sich abstumpfenden Willensimpulsen heraufwogend, sich auslebend in enttäuschten Idealen, in enttäuschten Wünschen, sich auslebend in einem gewissen Stumpfwerden vielleicht gegenüber dem, was sich in der unvernünftigen Außenwelt darstellt. Denn, wenn in diesem Lebensalter noch erzogen werden soll — und für jeden, der etwas lernen will, muß ja auch erzogen werden —, so muß das zu Lernende in einer entsprechenden Erziehungsform an den Menschen herangebracht werden, so muß ja vorbereitet werden für die Zeit der beginnenden Zwanzigerjahre bis weiter ins Leben hinein. Dafür muß vorgearbeitet werden. Denn, was man erlebt vom fünfzehnten bis zum einundzwanzigsten, zweiundzwanzigsten Jahre - diese Periode grenzt sich selbstverständlich nicht ganz voll ab, besonders in unserer chaotischen Zeit nicht, manchmal geschieht das noch viel später -, was man da erlebt, das muß dazu führen, daß man ausgerüstet mit alledem, was einen gestochen hat aus dem Leben, mit alledem, wo man selbst gestochen hat in das Leben, in den Zwanzigerjahren wieder aufgenommen wird in die Welt, aus der man bei der Geschlechtsreife herausgeworfen worden ist. Man muß wieder aufgenommen werden; man muß wieder einen Anschluß finden, denn ohne diesen Anschluß geht es im Leben nicht. Diesen Anschluß muß man selbständig finden. Wird er einem durch Autorität aufgezwungen, dann gilt er nichts für den Menschen im Leben. Wir müssen daher bis zur Geschlechtsreife hin, durch die vom Kinde ersehnte Autorität, das Kind so weit bringen, daß wir unsere Autorität von der Geschlechtsreife an nicht mehr anzuwenden brauchen. Aber wir müssen uns auch selber, ganz besonders als Lehrer und Erzieher, in eine solche Lage bringen, daß wir überall dasjenige begründen können, was wir an das Kind heranbringen wollen. Das zeigt zunächst vom mehr geistig-seelischen Standpunkte aus jene ganz grandiose Metamorphose, die sich mit der Geschlechtsreife für den heranwachsenden Menschen abspielt. [GA 303, S. 240–241, 04.01.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=240&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Jahrsiebte: Untergliederung. 12. Jahr. Durchdringung von Autoritätsdrang und erwachender Urteilskraft. GA 297 31.08.1919 (I) Denn um das zwölfte Jahr herum liegt wiederum ein wichtiger Einschnitt in der Entwicklung des Kindes. Da spielt schon herein im zwölften, dreizehnten, vierzehnten Jahr - es ist bei den einzelnen Kindern verschieden - dasjenige, was dann nach der Geschlechtsreife zum Ausdruck kommt: die Urteilsfähigkeit, das Urteilen. Aber das Urteilen spielt noch durchaus so herein, daß es noch immer zusammenwirken muß mit dem, was nur aus Autoritätsdrang herauskommt. In diesem Lebensalter des Menschen müssen vom Erziehungskünstler Autoritätsdrang und Urteilskraft im Zusammenklingen behandelt werden. [GA 297, S. 52, 31.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=52&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Die Hinneigung zum Idealen und Ideellen erwacht mit der Urteilskraft. GA 302 19.06.1921 Aber wir müssen auch unser ganzes pädagogisches Wirken so einrichten können, daß wir die Kinder bis zu diesem Punkt hin in der richtigen Weise vorbereiten. Alles hängt ja davon ab, daß das heranwachsende Kind in ein bestimmtes Verhältnis zur Welt hineinwächst. Dieses Verhältnis zur Welt kündigt sich gerade in dem Lebensalter, von dem wir jetzt reden, ganz besonders dadurch an, daß beim Knaben sowohl wie beim Mädchen in einer gewissen Weise die Hinneigung für Ideale beginnt, die Hinneigung für das Leben in etwas, das zur äußeren sinnlichen Welt hinzukommen soll. Auch in den Ausartungen des kindlichen Lebens, in dem Lümmelhaften des Knaben, in den entsprechenden Eigenschaften, die wir beim Mädchen kennengelernt haben, lebt sich im Grunde genommen dasjenige aus, was man nennen kann Hinneigung zu einem übersinnlichen idealen Sein, gewissermaßen zu der höheren Zweckidee: Das Leben muß zu etwas da sein! - Das sitzt tief im Wesen des Menschen. Und mit diesem: Das Leben muß zu etwas da sein, das Leben muß Ziele haben -, muß man rechnen. Es ist für dieses Lebensalter ganz besonders wichtig, daß wir diesen gefühlten inneren Grundsatz: Das Leben muß einen Zweck haben -, nicht auf ein falsches Lebensgeleise bringen. Der Jüngling wird ja sehr häufig so betrachtet, daß er, wenn er so 14, 15 Jahre alt geworden ist und ihm alle möglichen Hoffnungen für das Leben vorschweben, sich leicht in die Empfindung einlebt: Das oder jenes muß so und so sein. - Und das Mädchen wiederum lebt sich in eine gewisse Beurteilung des Lebens ein. Gerade in diesem Lebensalter sind die Mädchen scharfe Kritiker des Lebens. Sie glauben viel über das zu wissen, was recht und unrecht, namentlich was gerecht und ungerecht ist. Sie setzen ein bestimmtes Urteil in die Welt hinein. Und sie sind von einer gewissen Sicherheit durchzogen, daß das Leben etwas bieten muß, was durch die Menschheit selbst aus ideellen Untergründen außen im Leben begründet sein muß. Diese Hinneigung zum Idealen und Ideellen ist eben in diesem Lebensalter stark vorhanden. Und es liegt während der ganzen Schulerziehung vom 1. Schuljahr an an uns, ob wir bewirkt haben oder nicht, daß das Kind in dieses Ideelle, in dieses Ideale, in der richtigen Weise hineinwächst. [GA 302, S. 122-123, 19.06.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302.pdf#page=122&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Intellektualismus sollte frühestens nach der Überwindung der Geschlechtsreife wirken. Demzufolge ist die jetzige intellektuelle Kultur eine für die erwachsenen Menschen. GA 081 08.03.1922 Dieser Intellektualismus hat aber die Eigentümlichkeit, daß er - geradeso wie das Nachahmungsprinzip oder das Autoritätsprinzip - erst in einem bestimmten Lebensalter des Menschen aus einem latenten in einen freien Zustand versetzt wird, und das ist beim Intellektualismus in einem verhältnismäßig späten Lebensalter der Fall. Wir sehen, wie der Mensch eigentlich erst, wenn er die Geschlechtsreife überwunden hat, eigentlich sogar noch später, aus seiner elementaren Natur heraus geeignet wird, zum Intellektualistischen fortzuschreiten. Vorher wirkt das Intellektualistische auf seine Seelentätigkeit durchaus ablähmend, abtötend. Daher können wir sagen: Wir leben in einem Zeitalter, das eigentlich nur für den erwachsenen Menschen da ist, das als den wichtigsten Kulturimpuls etwas hat, was erst im erwachsenen Menschen voll zum Ausdruck kommen sollte. Das aber hat zur Folge, daß wir heute mit dem, was in bezug auf die ganze Kultur für die erwachsenen Menschen gerade tonangebend ist, eigentlich das Kind und selbst den jungen Menschen nicht mehr verstehen! [GA 081, S. 88-89, 08.03.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga081.pdf#page=88&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Urteile werden aus dem eigenen Inneren heraus gebildet: keine Nachahmung mehr. GA 212 26.05.1922 Die Sprache selbst lernt das Kind noch durch Nachahmung; aber was in der Sprache ausgedrückt werden kann, was also der Erwachsene durch die Sprache dem Kinde mitteilen kann, das wird maßgebend für das Kind erst vom Zahnwechsel an. Und die eigentliche Urteilsfähigkeit, wo das Kind oder der junge Mann oder die junge Dame, wie man jetzt sagen muß, anfangen, die eigene Urteilskraft geltend zu machen, das beginnt mit der Geschlechtsreife. Da erst soll man voraussetzen, daß das Kind anfängt, Urteile zu bilden aus dem eigenen Inneren heraus. [GA 212, S. 112, 26.05.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga212.pdf#page=112&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (7) Soziale Liebe: 3.Jahrsiebt ##### 3.Jahrsiebt: Soziale Liebe erwacht aus dem Puppenzustand des Autoritätsgefühls. GA 192 15.06.1919 Wer in dem Lebensalter vom siebten bis vierzehnten, fünfzehnten Jahre nicht diese Möglichkeit entwickelt hat, zu einem anderen Menschen als zu seiner Autorität hinzuschauen, der ist für das nächste Lebensalter, das mit der Geschlechtsreife beginnt, vor allen Dingen nicht fähig, das Allerwichtigste zu entwickeln, was es für das Menschenleben gibt: das Gefühl der sozialen Liebe. Denn mit der Geschlechtsreife erwächst im Menschen nicht nur die geschlechtliche Liebe, sondern auch das, was überhaupt freie soziale Hingabe der einen Seele an die andere ist. Diese freie Hingabe der einen Seele an die andere muß sich aus etwas entwickeln; die muß sich zuerst aus der Hingabe durch das Autoritätsgefühl hindurchwinden. Das ist der Puppenzustand für alle soziale Liebe im Leben, daß wir erst durch das Autoritätsgefühl hindurchgehen. Liebeleere Menschen, antisoziale Menschen entstehen, wenn das Autoritätsgefühl zwischen dem siebten und vierzehnten, fünfzehnten Jahre nicht im Unterrichten und Erziehen lebt. Das sind für die heutige Zeit Dinge von eminentester, von größter Wichtigkeit. Die Geschlechtsliebe ist nur gewissermaßen ein Spezifikum, ein Ausschnitt aus der allgemeinen Menschenliebe; sie ist das, was als das Individuelle, Besondere hervortritt und was mehr im physischen Leibe und ätherischen Leibe haftet, während allgemeine Menschenliebe mehr im astralischen Leibe und Ich haftet. Aber es erwacht auch die Fähigkeit zu sozialer Liebe, ohne die es keine sozialen Einrichtungen in der Welt gibt. Die erwacht erst auf der Grundlage des gesunden Autoritätswesens zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife, das heißt gerade während der Schulzeit des Menschen. [GA 192, S. 193–194, 15.06.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga192.pdf#page=193&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Autoritätsfühlen im 2. JS als Grundlage sozialer Gleichheit. GA 296 09.08.1919 Das Autoritätsfühlen zwischen dem 7. und 14. Jahre wird in der Zukunft in erhöhtem und intensiverem Maße ausgebildet werden müssen, als es in der Vergangenheit ausgebildet war. Bewußter und bewußter wird alle Erziehung in diesen Jahren geleitet werden müssen im Sinne eines reinen schonen Autoritätsgefühles, das im Kinde erwacht; denn dasjenige, was in diesen Jahren in das Kind hineingepflanzt werden soll, es soll die Grundlage bilden für das, was die Erwachsenen im sozialen Organismus erleben sollen als das gleiche Recht der Menschen. Das gleiche Recht der Menschen wird nicht anders da sein, denn die Menschen werden nie reif werden als Erwachsene für das gleiche Recht der Menschen, wenn sie nicht in der Kindheit das Autoritätsgefühl eingepflanzt erhalten. [GA 296, S. 19, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=19&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nach der Geschlechtsreife entzieht sich das Kind der Autorität des Lehrers und wird sehr sensitiv für die Haltung und das Handeln des Lehrers. GA 302 19.06.1921 Nun handelt es sich darum, daß wir uns in dieses Wesen des Nachahmungsbegriffes hineinfühlen, daß wir dann in dem Autoritätsbegriff sehen, wie sich zwischen uns als Autorität und dem Kinde der Sinn für die Schönheit entwickelt. Und haben wir das getrieben bis zu dem Moment, wo das Kind geschlechtsreif wird, dann entwickelt sich, indem das Kind in die Neigung zum Ideal hineinwächst, in der richtigen Weise der Sinn für das Gute. Das Kind müssen wir an uns halten, damit es bis zur Geschlechtsreife das Gute tut. Bis dahin müssen wir durch das gegenseitige Wechselverhältnis so wirken, daß das Kind das Gute tut. Es ist schon notwendig, wenn das elf-, zwölf-, dreizehnjährige Kind das Gute tut, daß so stark die Autorität des Erziehers hinter ihm steht, daß es in dem Moment, wo es das Gute tut, so fühlt, als ob es damit seinen Lehrer und Erzieher zufrieden macht. Und das Schlechte soll es meiden. Es soll fühlen, daß er von irgendeiner unbestimmten Seite kommt und unzufrieden ist. Irgendwo soll es den Erzieher vermuten. So soll es zusammenwachsen mit dem Lehrer und dem Erzieher. Es soll ihm erst mit der Geschlechtsreife entwachsen. Wenn wir das Kind so erziehen und aufziehen, daß wir es schon für reif halten, wenn es in die Schule kommt, und möglichst zu eigenen Urteilen anführen in dem Moment, wo es sprechen gelernt hat, das heißt, alles auf Anschauung gründen, dann lassen wir das Kind in dem Entwickelungszustand, wo es sprechen gelernt hat, und wollen es nur nicht weiterkommen lassen. Wenn wir also dieses nicht herankommen lassen, daß das Kind wirklich einen Wandel durchmacht mit der Geschlechtsreife, daß es wirklich etwas ablegt dadurch, daß wir es erst an die Autorität gewöhnt haben, dann kann es nicht über die Autorität hinauswachsen. Es muß erst die Autorität gefühlt haben. Es muß dann mit der Geschlechtsreife über das Autoritätsgefühl hinauswachsen und das Urteil suchen. Wir müssen dann wirklich in das Verhältnis des Kindes kommen, daß ein jeglicher sich seinen Helden wählt, dem er die Wege zum Olymp sich nacharbeitet. Natürlich ist das mit allerlei Unbehaglichkeiten verbunden. Man hat es dann nicht mehr in der Hand, das selbstverständliche Ideal für das Kind zu bleiben. Man muß sich dann selber darnach halten. Früher kann man es noch befehlen. Mit der Geschlechtsreife tritt es dann auf, daß das Kind bemerkt und sehr sensitiv wird für die Unmöglichkeiten beim Lehrer und Erzieher. Dieser Gefahr müssen wir uns bewußt aussetzen, daß das Kind sehr sensitiv wird für dasjenige, was der Lehrer selber nicht tun soll. Namentlich werden Sie bemerken, daß das Kind in dieser Zeit sehr sensitiv wird für die Gesinnung des Lehrers. Aber wenn wir es nicht mit uns egoistisch, sondern ehrlich mit dem Kinde meinen, dann werden wir gerade auf diese Empfindungsmöglichkeit hin erziehen und unterrichten. Dann werden wir gerade dasjenige herankommen lassen, daß wir in ein freies Verhältnis zur heranwachsenden Jugend kommen. Und dann werden wir bewirken, daß der Mensch in der richtigen Weise hineinwächst in das Wahre, das ihm gewissermaßen aus einer geistigen Welt wie ein Erbgeschenk mitgegeben wird, daß er in der richtigen Weise zusammenwächst mit dem Schönen, und daß er in dieser Welt des sinnlichen Daseins lernt das Gute, das er hier ausprägen soll. Geradezu eine Sünde ist es, von dem Wahren, Schönen, Guten im abstrakten Sinn zu reden, ohne im konkreten darauf aufmerksam zu machen, wie es im Verhältnis steht zu den einzelnen Lebensaltern. [GA 302, S. 136-137, 19.06.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302.pdf#page=136&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nach der Geschlechtsreife soll der Mensch die allgemeine Menschenliebe in sein berufliches Leben tragen, damit eine brüderliche Wirtschaft entstehen kann. GA 296 09.08.1919 Nach der Geschlechtsreife, vom 14., 15. bis zum 21. Jahr entwickelt sich bei dem Menschen ja nicht nur das geschlechtliche Liebesleben, sondern es entwickelt sich dieses geschlechtliche Liebesleben nur als ein Spezialfall der allgemeinen Menschenliebe überhaupt; es ist nur ein Spezialfall der allgemeinen Menschenliebe. Und diese Kraft der allgemeinen Menschenliebe, die sollte in der Zeit, wenn die Kinder die Schule verlassen und dann in die anderen Anstalten kommen oder in die Lehre kommen oder so etwas, da besonders gepflegt werden. Denn niemals wird diejenige Konfiguration des Wirtschaftslebens, welche eine historische Forderung ist, durchglüht sein können von dem, von dem sie durchglüht sein soll, von Brüderlichkeit, das heißt von allgemeiner Menschenliebe, wenn nicht in diesen Jahren die allgemeine Menschenliebe entwickelt wird. Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben, wie sie angestrebt werden muß für die Zukunft, sie wird in den Menschenseelen nur sein, wenn die Erziehung nach dem 15. Jahre so eingerichtet wird, daß gerade mit aller Bewußtheit hingearbeitet wird auf die allgemeine Menschenliebe, wenn Weltanschauungsfragen, wenn die ganze Erziehung, die auf die sogenannte Einheitsschule folgen soll, aufgebaut wird auf Menschenliebe, überhaupt auf Liebe zur äußeren Welt. [GA 296, S. 21-22, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=21&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erleben des eigenen, geistigen Wesens. Bilder, die sich durch Nachahmung in die Seele gegossen haben, emanzipieren sich nach der Geschlechtsreife und führen zum Erleben der eigenen Ungeborenheit und Unsterblichkeit. GA 309 17.04.1924 In jedem Lebensalter muß eben durchaus darauf gesehen werden, daß man nicht bloß für dieses Lebensalter erzieht, sondern für das ganze irdische Menschenleben, ja noch darüber hinaus. Denn die schönste Art, zunächst an die unsterbliche Menschenwesenheit heranzukommen, ist die, nun selber zu erfahren nach der Geschlechtsreife, wie dasjenige, was durch Nachahmung in Bildern sich in die Seele ergossen hat, jetzt der Seele selber sich emanzipiert in den Geist herauf, und zu fühlen, wie es übergeht aus dem zeitlichen Wirken in das ewige Wirken, das dann durch Geburt und Tod geht. An diesem Heraufkommen desjenigen, was in richtiger Weise durch die Erziehung in die Menschenseele sich ergossen hat, erlebt man die Unsterblichkeit, denn man erlebt vor allen Dingen deutlich durch Erfahrung, daß man etwas war, bevor man in die physische Welt heruntergestiegen ist. Und mit dem, was man war, bevor man in die physische Welt heruntergestiegen ist, verbindet sich das, was auftritt aus dem religiös Nachgeahmten und bildhaft Aufgenommenen; so kommt man heran im Erleben an den Unsterblichkeitskern. ...  Und da das materialistische Denken auch die pädagogische Kunst ergriffen hat, so wird eigentlich doch so erzogen, daß dieses Heraufholen des zeitlich durch die Erziehung Erworbenen ins Ewige von den Menschen nicht erlebt werden kann. Dadurch verlieren sie den Zusammenhang mit ihrem ewigen Teil. Menschen, die richtig erzogen werden, denen können Sie auf materialistische Art noch soviel Materialismus predigen, sie werden dadurch nicht sehr stark berührt werden, denn sie werden sagen: Ja, ich spüre ja, daß ich unsterblich bin; du hast leider das übersehen mit deinen Beweisen. [GA 309, S. 80, 17.04.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga309.pdf#page=80&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (8) Ende der Schulzeit: Freiheit ##### Richtige Behandlung der ersten drei Jahrsiebte als notwendige Voraussetzung für späteres soziales Leben: Nachahmung - Freiheit; Autorität -Recht; Liebe und Brüderlichkeit - Wirtschaft. GA 296 09.08.1919 Auf diesem dreifachen Erziehungs-Unterboden muß aufgerichtet werden das, was der Zukunft der Menschheit erblühen soll. Ohne daß man wissen wird, der physische Leib, der ein Nachahmer ist, der muß in der richtigen Weise ein Nachahmer werden, wird man in diesen physischen Leib hineinverpflanzen nur die animalischen Triebe. Ohne daß man wissen wird, daß vom 7. bis 14. Jahre sich der Ätherleib besonders entwickelt, der auf Autorität hin sich entwickeln muß, wird sich im Menschen entwickeln nur die allgemeine Kulturschläfrigkeit. Und diejenige Kraft, die notwendig werden wird für den Rechtsorganismus, sie wird nicht da sein. Und ohne daß vom 14., 15. Jahre an die Kraft der Liebe, die an den Astralleib gebunden ist, in vernünftiger Weise in alles, was Unterricht oder Lehre ist, hineingelegt wird, werden die Menschen niemals ihren astralischen Leib entwickeln können, weil sie den astralischen Leib nimmer zu einem freien Wesensgebilde im Menschen gestalten können. Die Dinge umschlingen sich. Daher mußte ich sagen: Nachahmung, in der richtigen Weise, entwickelt Freiheit; Autorität - Recht, Brüderlichkeit, Liebe - Wirtschaftsleben. Aber auch umgekehrt ist das. Wenn nicht in der richtigen Weise die Liebe entwickelt wird, fehlt auch die Freiheit. Wenn nicht in der richtigen Weise die Nachahmung entwickelt wird, werden groß die animalischen Triebe. [GA 296, S. 21–22, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=21&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Mit dem Freiheitsgefühl kommt das geschlechtsreife Kind zu seiner Urteilsreife. GA 307 17.08.1923 (I) Wenn das Kind geschlechtsreif geworden ist, das fünfzehnte, sechzehnte Jahr erreicht hat, dann vollzieht sich ja in seinem Inneren jener Umschwung, durch den es von der Hinneigung zum Autoritativen zu seinem Freiheitsgefühl kommt und mit dem Freiheitsgefühl zu seiner Urteilsreife, zu seiner eigenen Einsicht. Da kommt etwas, was in der allerintensivsten Weise für Erziehung und Unterricht berücksichtigt werden muß. Wenn wir bis zur Geschlechtsreife Gefühle erweckt haben für das Gute und Böse, für das Göttliche und Nichtgöttliche, dann kommt das Kind nach der Geschlechtsreife dazu, aus seinem Inneren aufsteigend diese Gefühle zu haben. Sein Verstand, sein Intellekt, seine Einsicht, seine Urteilskraft sind nicht beeinflußt, sondern es kann jetzt frei aus sich heraus urteilen. Bringen wir dem Kinde von vornherein ein Gebot bei, sagen wir ihm: Du sollst dies tun, das andere lassen -, dann nimmt es dieses Gebot mit ins spätere Alter, und man hat es dann fortwährend zu tun mit dem Urteil: Man darf dies tun, man darf jenes nicht tun. - Es entwickelt sich alles nach dem Konventionellen. Aber der Mensch soll heute nicht mehr im Konventionellen in der Erziehung drinnenstehen, sondern auch über das Moralische, über das Religiöse sein eigenes Urteil haben. Das entwickelt sich auf naturgemäße Weise, wenn wir es nicht zu früh engagieren. Wir entlassen den Menschen mit dem vierzehnten, fünfzehnten Jahre ins Leben hinaus. Wir stellen ihn dann uns gleich. Er blickt dann zurück auf unsere Autorität, behält uns lieb, wenn wir rechte Lehrer, Erzieher waren; aber er geht zu seinem eigenen Urteil über. Das haben wir nicht gefangen genommen, wenn wir bloß auf das Gefühl gewirkt haben. Und so geben wir dann das Seelisch-Geistige mit dem vierzehnten, fünfzehnten Jahre frei, rechnen damit auch in den sogenannten höheren Klassen, rechnen von da ab mit den Schülern und Schülerinnen so, daß wir an ihre eigene Urteilskraft und Einsicht appellieren. Dieses Entlassen in Freiheit in das Leben, das kann man niemals erreichen, wenn man dogmatisch, gebotsmäßig Moralisches und Religiöses beibringen will, sondern wenn man im entsprechenden Alter zwischen Zahnwechsel und Geschlechtsreife bloß auf Gefühl und Empfindung wirkt. Das ist das einzige, daß man den Menschen so in die Welt stellt, daß er dann auf seine Urteilskraft vertrauen kann. [GA 307, S. 231-231, 17.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=231&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Beim Eintritt in die Geschlechtsreife muss die Erziehung erweckend werden, sodass ein eigenes Urteil entsteht. GA 304a 30.08.1924 Man wird mir, der ich vor vielen Jahren eine «Philosophie der Freiheit» schrieb, nicht zumuten, daß ich für das Autoritätsprinzip etwa im sozialen Leben eintrete. Dasjenige, was ich hier meine, ist, daß das Kind in selbstverständlicher Autorität stehen muß zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife, und in dieser Zeit alles, wie ich es dargestellt habe, lebendig empfangen muß. Also der Erzieher ist die eigentliche Autorität in diesem Alter, und der Mensch wird erst fähig zur Freiheit, wenn er die selbstverständliche Autorität des Erziehers verehren und achten gelernt hat. Und ebenso wird er auch fähig, sich seines eigenen Urteils zu bedienen, nicht mehr des Urteils des Lehrers, des Erziehers, wenn er geschlechtsreif geworden ist und sein astralischer Leib der Träger des eigenen Urteils geworden ist. Da tritt nun das auf, was das dritte Element in der Erziehung sein muß. Das erste nannte ich das gestaltende, das zweite das belebende. In diesem dritten Element der Erziehung, das eintritt mit der Geschlechtsreife, finden wir nur dasjenige berechtigt, was ich nennen kann: die erweckende Erziehung. Alles, was über die Geschlechtsreife hinausgeht, muß so wirken auf den jungen Menschen, auf den jungen Mann, das junge Mädchen, daß die Entstehung des eigenen Urteils, diese innere Selbständigkeit, wie ein fortwährendes Aufwachen erscheint. Wenn man über die Geschlechtsreife hinaus jemandem etwas von außen beibringen will, tyrannisiert man ihn, man versklavt ihn. Wenn man die ganze Erziehung so leitet, daß man von diesem Lebensalter ab, von der Geschlechtsreife ab, alles aufnimmt so, wie wenn jemand aus dem Schlaf erweckt wird - der Mensch hat bis dahin geschlafen in bezug auf die Beurteilung von dem oder jenem, es kommt ihm jetzt vor, als ob er sein eigenes Wesen aus sich herausruft - dieses Gefühl, daß es sein eigenes Wesen ist, das aus ihm herauskommt, daß der Lehrer ihm nur der Anreger, der Erwecker ist, das kann man entwickeln, wenn man so vorgeht, wie ich es ausgeführt habe für die zwei ersten Lebensalter; dann wächst man hinein in den Gebrauch seines eigenen Urteils, dann wird die spätere Erziehung, der Unterricht ein erweckender. Und wenn man als Lehrer, als Erziehender, seiner Gesinnung nach tief durchdrungen ist von diesem Erweckenden, dann weiß man auch im Stil, in der Haltung, im Vortrag alles so zu gestalten, daß dasjenige, was nun eigenes Urteil sein soll desjenigen, der belehrt, der erzogen wird, daß das wirklich aus dem Betreffenden herauskommt, daß es in einer gewissen dramatischen Steigerung geht bis dahin, wo er selber nun einsetzt mit dem inneren Betätigen, das gerade im astralischen Leib lebt. [GA 304a, S. 177–178, 30.08.1924](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=177&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Freiheit des Erwachsenen entsteht nur, wenn das Kind intensiv nachahmen konnte. GA 296 09.08.1919 Wenn die Menschen im sozialen Organismus werden erwachsen sein sollen, so werden sie freie Menschen sein müssen. - Frei wird man nur, wenn man zuerst als Kind möglichst intensiver Nachahmer war. [GA 296, S. 18–19, 09.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga296.pdf#page=18&view=Fit), [[Nachahmung_-_Nachfolge_-_Freiheit_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## Literatur GA 024: Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus und zur Zeitlage 1915-1921. Dornach (1982). GA 034: Lucifer-Gnosis 1903-1908. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus der Zeitschrift "Luzifer" und "Lucifer-Gnosis". Dornach (1987). GA 036: Der Goetheanumgedanke inmitten der Kulturkrisis der Gegenwart. Gesammelte Aufsätze 1921-1925 aus der Wochenschrift "Das Goetheanum.". Dornach (1961). GA 055: Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit und deren Bedeutung für das heutige Leben. Dornach (1983). GA 059: _Metamorphosen des Seelenlebens - Pfade der Seelenerlebnisse II_. Dornach (1984). GA 061: Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung. Dornach (1983). GA 081: Erneuerungs-Impulse für Kultur und Wissenschaft. Berliner Hochschulkurs. Dornach (1994). GA 096: Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis. Dornach (1989). GA 097: Das christliche Mysterium. Die Wahrheitssprache der Evangelien, Luzifer und Christus, alte Esoterik und Rosenkreuzertum, Erkenntnisse und Lebensfrüchte der Geisteswissenschaft. Dornach (1998). GA 150: Die Welt des Geistes und ihr Hereinragen in das physische Dasein. Das Einwirken der Toten in die Welt der Lebenden. Dornach (1980). GA 192: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen. Drei Vorträge über Volkspädagogik. Dornach (1991). GA 212: Menschliches Seelenleben und Geistesstreben. Im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung. Dornach (1998). GA 218: _Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus_. Dornach (1992). GA 218: Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus. Dornach (1992). GA 296: Die Erziehungsfrage als soziale Frage. Die spirituellen, kulturgeschichtlichen und sozialen Hintergründe der Waldorfschul-Pädagogik. Dornach (1991). GA 297: _Idee und Praxis der Waldorfschule_. Dornach (1998). GA 297: Idee und Praxis der Waldorfschule. Dornach (1998). GA 301: Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft. Dornach (1991). GA 302: Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung. Dornach (1986). GA 303: Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik. Dornach (1987). GA 304a: _Anthroposophische Menschenkunde und Pädagogik_. Dornach (1979). GA 304a: Anthroposophische Menschenkunde und Pädagogik. Dornach (1979). GA 305: Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben. Dornach (1991). GA 306: _Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen_. Dornach (1989). GA 306: Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen. Dornach (1989). GA 307: Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung. Dornach (1986). GA 309: Anthroposophische Pädagogik und ihre Voraussetzungen. Dornach (1981). GA 312: _Geisteswissenschaft und Medizin_. Dornach (1999). GA 334: Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus. Dornach (1983).