<H1>Denken - Fühlen - Wollen</H1> Im Folgenden finden Sie eine **Auswahl** von Zitaten aus Texten und Vorträgen Rudolf Steiners zur **seelischen Entwicklung des Kindes**. Durch die verlinkten Quellenangaben am Ende eines Zitats können Sie die Textseite öffnen, der das Zitat entnommen ist. Die Reihenfolge der Zitate entspricht der **graphischen Übersicht** [[II. Mindmaps/Seelische Entwicklung|Mindmap PDF]]; [Webversion](https://coggle.it/diagram/Y4X8OvnDY3PfApm5/t/seelische-entwicklung-des-kindes/072eba366dbe6299a337db276422fbc78d2e48f0b495d35887204374231a1618) (vergrößern und verkleinern mit Strg.+/-). ## Inhalt [[#(1) Denken, Fühlen, Wollen]] [[#(1a) Entwicklung]] [[#(1b) Erziehung]] [[#(2) Fühlen]] [[#(2a) Entwicklung]] [[#(2b) Erziehung]] [[#(3) Fühlen - Wollen]] [[#(3a) Entwicklung]] [[#(3b) Erziehung]] [[#(4) Wollen]] [[#(4a) Entwicklung]] [[#(4b) Erziehung]] [[#(5) Vorstellung - Wille]] [[#(5a) Entwicklung]] [[#(5b) Erziehung]] [[#(6) Denken]] [[#Literatur]] ## (1) Denken, Fühlen, Wollen ### (1a) Entwicklung ##### 1.Jahrsiebt: Freiwerden des Denkens; 2. Jahrsiebt: des Fühlens, 3. Jahrsiebt: des Wollens. GA 307 09.08.1923 Der Wille emanzipiert sich erst um das zwanzigste Jahr herum in derselben Weise von dem Organismus, wie sich das Gefühl um das vierzehnte Jahr herum, das Denken um das siebente Jahr beim Zahnwechsel emanzipiert. Nur sind die äußeren Vorgänge, die sich bei der Offenbarung des emanzipierten Denkens zeigen, sehr auffällig; jeder kann sie leicht sehen, das Zähnewechseln ist eine sehr auffällige Erscheinung im Menschenleben. Die Emanzipation des Gefühles tritt schon weniger auffällig hervor. Sie tritt hervor in der Aneignung der sogenannten sekundären Geschlechtsorgane, der Vergrößerung der Geschlechtsorgane beim Knaben, der entsprechenden Umänderung beim Mädchen, der Veränderung der Stimme beim Knaben, der Veränderung des inneren Lebenshabitus beim Mädchen und so weiter. Da sind die äußeren Symptome für die Metamorphose des Menschen schon weniger auffällig. Das Gefühl also emanzipiert sich mehr innerlich von der physischen Organisation zur seelischen Selbständigkeit. Die äußeren Symptome für die Willensemanzipation um das zwanzigste, einundzwanzigste Jahr herum treten noch weniger äußerlich hervor und werden von einer im Äußerlichen lebenden Zeit, wie es die unserige ist, deshalb fast gar nicht bemerkt. [GA 307, S. 85, 09.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=85); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erste drei Jahrsiebte sind an das Wollen, Fühlen und Denken geknüpft. GA 306 19.04.1923 ... was dann mit der Geschlechtsreife vollständig auftritt: das gedankliche, das urteilende Leben, das an das Denken im engeren Sinne geknüpft ist - während das Leben zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife an das Fühlen geknüpft ist und das Leben vor dem Zahnwechsel an den innerlich sich entfaltenden Willen, der für dieses Lebensalter nicht unter Gedanken steht, sondern unter Nachahmung des dem Kinde körperhaft Entgegentretenden. [GA 306, S. 107, 19.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=107); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Ätherkräfte waren mit Wachstumsvorgängen verbunden und werden mit dem Zahnwechsel im Denken, Fühlen und Wollen frei. GA 303 29.12.1921 Und derjenige, der voll zu beobachten vermag, wird sehen, daß eine gewisse Konfiguration von Denken, von Fühlen und Wollen nach dem siebenten Jahre beim Kinde so auftritt, wie sie eben vorher nicht vorhanden war. Wir sind gewohnt worden im äußeren Betrachten des Materiellen, gewisse Vorstellungen, die wir noch in einer geistgemäßen Weise entwickelt haben, auch in der Lebenspraxis auf das menschliche Leben anzuwenden. Wenn wir gewisse materielle Vorgänge sehen, die an einem bestimmten Punkte äußerlich wahrnehmbare Wärme entwickeln, die vorher nicht wahrnehmbar war, die auch nicht von außen zugeführt ist, dann sagen wir; diese Wärme war vorher latent in dem Materiellen und ist dann freie Wärme geworden. Wir sind ja ganz gewohnt worden, von solchen Dingen in der Betrachtung von äußeren materiellen Vorgängen zu sprechen. - Nun, gerade wie durch einen materiellen Vorgang Wärme frei werden kann, die vorher latent war, so werden um das siebente Jahr herum im Denken, Fühlen und Wollen des Kindes Kräfte frei, die vorher in dem kindlichen Organismus drinnengesteckt haben, die vorher nicht abgesondert seelisch tätig waren. Sie sind jetzt nach dem siebenten Jahre abgesondert seelisch tätig. Vorher waren sie organisch tätig, sie waren verbunden mit den Wachstums-, mit den Ernährungsvorgängen. Aus denen heraus sind sie frei geworden; sie sind Seelisches geworden. [GA 303, S. 123, 29.12.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=123&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Ausbildung des Denkens, Fühlens und Wollens. GA 192 11.05.1919 Der Lehrer wird wissen: Ich muß dieses oder jenes an den Menschen heranbringen, wenn er denken lernen soll; ich muß dieses oder jenes an den Menschen heranbringen, wenn er ausbilden soll die Gefühlswelt, die übrigens innig verwandt ist mit der Gedächtniswelt, was die wenigsten Menschen heute wissen, weil die meisten Gelehrten heute die schlechtesten Psychologen sind. Der Lehrer muß wissen, was er an den Menschen heranzubringen hat, wenn der Wille so ausgebildet werden soll, daß er aus den Keimen, die er aufnimmt zwischen dem siebenten und fünfzehnten Jahr, kraftvoll für das ganze Leben bleiben kann. [GA 192, S. 92, 11.05.1910](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga192.pdf#page=92&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Denken, Fühlen, Wollen: Intelligenz entwickelt sich aus dem Willen des vorhergehenden Lebens, nicht aus diesem. Vorstellen als Folge des Vorgeburtlichen, Wille ist Keim für Nachtodliches. Nur so kann die Entwicklung des Kindes richtig verstanden werden. GA 297 24.08.1919 Nun wird aber allerdings die Beobachtung leicht getäuscht, wenn wir das Seelenleben nach diesem Gesichtspunkte auffassen. Die Beobachtung wird leicht getäuscht, weil wir niemals innerhalb des Lebens zwischen Geburt und Tod beim Menschen stehenbleiben können, wenn wir diese Gesichtspunkte zugrunde legen. Wer da glauben wollte, daß das Leben zwischen Geburt und Tod so verläuft, daß einfach aus dem Willen sich die Intelligenz entwickelt, der würde auf einem falschen Boden stehen. Wir sehen, wie sich die Intelligenz allmählich heraus offenbart aus den Untergründen der menschlichen Wesenheit bei dem werdenden Kinde. Wir können dasjenige, was da an Intelligenz auch durch die Erziehung herausgeholt werden kann, nur herausholen, wenn wir uns bewußt sind, daß dasjenige, was das Kind erlebt nach seiner Geburt, die Vorstellung, die Folge dessen ist, was es erlebt hat vor der Geburt beziehungsweise in dem vorgeburtlichen Dasein, vor der Empfängnis. Und wir verstehen dasjenige, was als Wille sich ausbildet im Leben zwischen Geburt und Tod nur, wenn wir Rücksicht nehmen darauf, daß der Mensch durch die Pforte des Todes geht, in ein geistiges Leben eingeht und sich dort sein Willenselement weiter ausbildet. Wir können nicht, ohne auf das Gesamtleben des Menschen Rücksicht zu nehmen, den Menschen wirklich erziehen. Wenn wir uns bloß sagen: wir wollen das heranerziehen, was in der Zukunft da sein soll - dann nehmen wir keine Rücksicht darauf, daß die Menschenwesenheit so beschaffen ist, daß jedes Kind rätselhaft von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Jahr zu Jahr durch das Gewebe des Leibes das offenbart, was sich entwickelt hat im vorgeburtlichen, beziehungsweise vor der Empfängnis liegenden Leben. Und mit Bezug auf den Willen werden wir niemals eine richtige Ansicht gewinnen, wenn wir uns nicht bewußt werden, daß dasjenige, was sich als Wille geltend macht, nur ein Keim ist, der erst zur vollen Entfaltung kommt, wenn der äußere Leib, in dem er sich wie in einem Boden entwickelt, abgelegt ist. Gewiß, wir müssen die sittlichen Ideen in einem Menschen entwickeln, aber müssen uns klar sein, daß diese sittlichen Ideen mit ihrem Eingebettetsein in den Willen noch nicht zwischen Geburt und Tod alles das bedeuten, als was sie sich äußern, sondern daß ihr volles Leben erst auftritt, wenn dieser Leib verlassen ist. [GA 297, S. 31–32, 24.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=31&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Denken wirkt im 1. JS von "oben nach unten" (vom Himmel zur Erde), Wollen wirkt ab 14 von unten nach oben. Im 2. JS muss Gefühlsmensch erzogen werden, um Denken und Wollen in richtiger Weise zu verbinden. Beim Tier geht das von selbst. GA 307 09.08.1923 Mit dem siebenten Lebensjahre wird der Kopf, der Träger des Denkens, selbständig. Er entwickelt nicht mehr so stark nach unten gehende Kräfte, wie das beim Kinde bis zum siebenten Jahre der Fall ist. Er wird gewissermaßen bequem und besorgt seine eigenen Angelegenheiten. Wenn wir nun den Sprung hinüber machen zum vierzehnten, fünfzehnten Jahre, da werden die Bewegungsorgane erst willensgemäß persönlich. Der Wille wird in den Bewegungsorganen selbständig. Da wirken erst diejenigen Kräfte von unten nach oben, die der Mensch haben muß als Willenskräfte. Denn aller Wille wirkt von unten nach oben, alles Denken wirkt von oben nach unten. Vom Himmel zur Erde geht die Richtung des Denkens, von der Erde zum Himmel geht die Richtung des Willens. Beide sind in dem Lebensalter zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre nicht miteinander verbunden, nicht ineinander eingeschaltet. Das, was von oben nach unten geht, verliert sich wiederum in unbestimmter Weise. Und im mittleren Menschen, wo Atmung und Zirkulation lebt, ihren Ursprung hat, da lebt auch dasjenige, was sich in dieser Zeit als der Gefühlsmensch emanzipiert. Und indem wir in der richtigen Weise den Gefühlsmenschen zwischen dem siebenten und vierzehnten Lebensjahre ausbilden, bringen wir das, was von oben nach unten geht und von unten nach oben, in das richtige Verhältnis. So handelt es sich um nichts Geringeres, als daß wir zwischen dem siebenten und dem vierzehnten Lebensjahre des Kindes das Denken in die richtige Verbindung mit dem Wollen, mit dem Willen bringen. Und das kann verfehlt werden. Deshalb müssen wir erziehen, weil beim Tiere diese Zusammenschaltung vom Denken, sofern das Tier ein traumhaftes Denken hat, und vom Willen, sofern das Tier einen Willen hat, von selbst geschieht; beim Menschen geschieht die Zusammenschaltung von Denken und Wille nicht von selbst. Beim Tiere ist sie eine natürliche Handlung, beim Menschen muß sie eine sittliche, eine moralische Handlung werden. Und deshalb kann der Mensch ein moralisches Wesen werden, weil er hier auf Erden Gelegenheit hat, erst sein Denken mit seinem Willen zusammenzuschalten, in Verbindung zu bringen. Darauf beruht der ganze menschliche Charakter, insofern er aus dem Inneren hervorgeht, daß die richtige Harmonie hervorgerufen wird durch menschliche Tätigkeit zwischen Denken und Wille. [GA 307, S. 87–88, 09.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=87&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ### (1b) Erziehung ##### Unterrichtsstoff wird verwendet, um seelische Fähigkeiten auszubilden. GA 295 23.08.1919 Wir müssen uns klar sein, daß wir den Unterrichtsstoff hauptsächlich dazu verwenden, um die Willens-, Gemüts- und Denkfähigkeiten des Kindes zu ergreifen, daß es uns viel weniger darauf ankommt, was das Kind gedächtnismäßig behält, als daß das Kind seine seelischen Fähigkeiten ausgestaltet. [GA 295, S. 38-39, 23.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga295.pdf#page=38&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erzieht man das intellektuelle Element richtig, so muss man dem Kinde lebendige Begriffe vermitteln. GA 297 31.08.1919 Wenn man immer betont, der Mensch müsse als ein einheitliches Wesen erzogen werden, so ist das richtig. Aber der Mensch kann als ein einheitliches Wesen nur erzogen werden, wenn man seine Glieder, auch die seelisch-geistigen, kennt und sie auf die Einheit hinzuordnen versteht. Man wird niemals den Menschen als Einheit erziehen, wenn man im Erziehen Denken, Fühlen und Wollen chaotisch durcheinanderwirken läßt, sondern nur dann, wenn man intuitiv weiß, welches der Charakter des Denkens, des Fühlens und des Wollens ist, und diese drei Kräfte des Menschen seelisch-geistig in der richtigen Weise ineinanderwirken läßt. Die Leute sind sehr geneigt, wenn sie so etwas besprechen, gleich immer in Extreme zu verfallen. Wenn einer einsieht: das Intellektuelle ist zu stark in den Vordergrund getreten, man hat die Leute zu stark intellektualisiert, - dann ist er gleich Feuer und Flamme, dieses Element auszumerzen und zu sagen: Es kommt vorzugsweise auf _die_ Willens- und Gemütserziehung an. Nein, es kommt darauf an, alle drei Elemente, Intellekt, Gemüt und Willen, im Menschen in der richtigen Weise zu erziehen, daß man sich in die Lage zu versetzen versteht, diese drei Lebenselemente in der richtigen Weise zusammenwirken zu lassen. Erzieht man das intellektuelle Element richtig, dann muß man etwas dem Menschen geben gerade in der Volksschulzeit, was mit ihm wachsen kann, im Ganzen sich entwickeln kann. Verstehen Sie mich gerade in diesem Punkt recht, es ist ein wichtiger Punkt. Denken Sie, Sie entwickeln in dem Kinde bis zum vierzehnten Jahre jene Begriffe, die Sie fein definiert haben, von denen es weiß, wie es diese Begriffe zu denken hat, dann haben Sie ihm gerade durch jene bessere Definition, die Sie ihm nach Ihrer Meinung gegeben haben, oftmals Begriffe gegeben, die sehr starr sind, die nicht mitwachsen mit dem Menschen. Der Mensch muß wachsen vom vierzehnten bis zwanzigsten Jahr, vom zwanzigsten bis fünfundzwanzigsten Jahr und so weiter, und indem er wachst, müssen seine Begriffe mitwachsen. Sie müssen sich mitentwickeln können. Definieren Sie sie zu stark in scharfen Konturen, so wächst zwar der Mensch, aber seine Begriffe wachsen nicht mit. Sie leiten dann seine intellektuelle Entwicklung in ganz falsche Bahnen. [GA 297, S. 56–57, 31.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=56&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Kind bekommt im 12. Lebensjahr Einsicht in Ursache und Wirkung und kann damit Kausalität erfassen. GA 306 19.04.1923 Aber immer ist das Bewußtsein da: das ist in sich beweglich, und es muß beweglich bleiben; denn man muß wissen, daß sich etwas erst gegen das 12, Jahr, und zwar sehr nahe am 12. Jahr, in dem Kinde entwickelt, und das ist der Sinn für den Kausalitätsbegriff. Den Kausalitätsbegriff hat das Kind bis gegen das 12. Jahr hin überhaupt nicht. Es sieht dasjenige, was beweglich ist, was bewegliche Vorstellungen sind. Was als Bildhaftes, Musikalisches da ist, das schaut es, nimmt es wahr, aber es hat für den Kausalbegriff bis gegen das 12. Jahr hin keinen Sinn. Daher müssen wir dasjenige, was wir dem Kinde beibringen bis gegen das 12. Jahr hin, rein sein lassen vom Kausalitätsbegriff. Da erst können wir darauf rechnen, daß das Kind die gemeiniglichen Zusammenhänge zwischen Ursachen und Wirkungen ins Auge fassen kann. Von da an fängt das Kind eigentlich erst an, sich Gedanken zu machen; bis dahin hat es Bildvorstellungen. Da leuchtet nämlich schon voran dasjenige, was dann mit der Geschlechtsreife vollständig auftritt: das gedankliche, das urteilende Leben, das an das Denken im engeren Sinne geknüpft ist - während das Leben zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife an das Fühlen geknüpft ist und das Leben vor dem Zahnwechsel an den innerlich sich entfaltenden Willen, der für dieses Lebensalter nicht unter Gedanken steht, sondern unter Nachahmung des dem Kinde körperhaft Entgegentretenden. Aber mit dem körperhaft dem Kinde Entgegentretenden setzt sich auch das Moralische, das Geistige beim Kinde fest im Körperhaften. Daher ist es auch unmöglich, im 10. bis 11. Lebensjahr, meistens sogar noch im 11. bis 12. Lebensjahr, dem Kinde etwas beizubringen, wo man auf Kausalität sehen muß. Man sollte daher anfangen mit dem Beibringen der mineralischen Welt erst gegen das 12. Jahr. Und physikalische Begriffe sollten auch erst gegen dieses Lebensjahr hin auftreten, nachdem sie vorher im Grunde genommen nur vorbereitet sind. Da wird das Kind erst reif für das Aufnehmen solcher Begriffe. Alles, was sich auf das Unorganische bezieht, kann das Kind im Sinne eines Kausalbegriffes erst gegen das 12. Jahr hin begreifen. Es muß natürlich alles vorher vorbereitet sein, aber nicht durch Kausalbegriffe; sondern was später durch diese Kausalbegriffe erfaßt wird, das muß vorbereitet werden in Bildern ohne den Kausalitätsbegriff. Das Kind muß gewissermaßen einen Stoff haben, an dem es diese Kausalitätsbegriffe anwendet. Das auf der einen Seite. [GA 306, S. 106–107, 19.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=106&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Kind lernt sich mit der Geschlechtsreife durch Gefühl, Wille und Urteil von seiner Umgebung abzugliedern. GA 304 24.11.1921 Ich habe gestern darauf hingewiesen, wie etwa zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre ein wichtiger Punkt in der kindlichen Entwickelung liegt, wie da viel darauf ankommt, daß der Lehrende, der Erziehende die innersten Seelenbedürfnisse in diesem Lebensalter bei dem einzelnen Kinde entdecke und sich demgemäß benehme. Aber dieser Zeitpunkt in der kindlichen Entwickelung muß auch noch in anderem Sinne scharf beobachtet werden. Denn eigentlich lernt erst in diesem Zeitpunkte das Kind sich so recht von seiner Umgebung abgliedern, durch Gefühl und Wille abgliedern, durch Urteilen abgliedern. Durch völlig innere Selbständigkeit lernt das Kind sich eigentlich erst von der Umgebung unterscheiden mit der Geschlechtsreife. [GA 304, S. 165, 24.11.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304.pdf#page=165&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Sinneswahrnehmung von Farben in der Entwicklung des Kindes: 1. JS: willensimpulsierend, 2. JS innere Gefühlserlebnisse, 3. JS nüchterne Farbvorstellungen. GA 304a 14.11.1923 Geht man nun mit unbefangener Menschenerkenntnis an die Erziehung des Kindes heran, so findet man: an den Farben entwickelt sich beim Kinde zuerst der Willensimpuls. Das Kind richtet seine Bewegungen so ein, wie die nach außen erregende Gelbheit oder die nach innen gehende Blauheit ist. Das ist ein Grundzug, der bis zum Zahnwechsel geht. Natürlich ist immer auch Gefühl und Wahrnehmung dabei vorhanden; aber vorherrschend ist im ersten menschlichen Lebensalter der Willensausdruck gegenüber der Farbe. Im zweiten Lebensalter, vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, gliedert sich zu dem Willensimpuls hinzu das innerliche Erleben des Gefühls gegenüber der Farbe. Und wir werden sehen: Während mit dem Zahnwechsel im Menschen etwas Beruhigung eintritt gegenüber dem Erregenden der Farbe, ich möchte sagen, gegenüber dem Tastenwollen der Farbe, sehen wir nun, daß für das Wärmende und Erkältende der Farbe ein ganz besonderes Gefühlsverständnis sich herausbildet in der Zeit zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife. Und, ich möchte sagen, das nüchtern-prosaische Verhältnis zur Vorstellung «gelb» oder «blau», das beginnt im Grunde genommen erst mit der Geschlechtsreife. [GA 304a, S. 110, 14.11.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=110&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Vollbewußtes Ziel der Waldorfpädagogik: Das Leibliche so zu entwickeln, dass sich das Seelisch-Geistige aus sich selbst entfalten kann. GA 303 03.01.1922 Tatsächlich ist das vollbewußte Ziel desjenigen, was hier als gesunde Pädagogik und Didaktik angesehen werden muß: in der freiesten Weise das Physisch-Leibliche des Menschen zu entwickeln und dem Geistig-Seelischen gewissermaßen die Möglichkeit zu bieten, sich aus sich selbst heraus zu entfalten; dem Geistig-Seelischen gerade dadurch die Möglichkeit zu bieten, aus sich selbst heraus sich zu entfalten, daß man mit dem Geistig-Seelischen gerade während des schulmäßigen Alters den wenigsten Schaden anrichtet. [GA 303, S. 215, 03.01.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga303.pdf#page=215&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (2) Fühlen ### (2a) Entwicklung ##### Geschlechtsreife "alleräußerstes Symptom" für Umwandlung des Menschen im 2. JS. GA 307 08.08.1923 Aber die Geschlechtsreife, das Auftreten des sexuellen Lebens, ist nur das alleräußerste Symptom für eine vollständige Umwandlung des menschlichen Wesens vom siebenten bis zum vierzehnten Lebensjahre. Wie wir suchen müssen in den Wachstumskräften der Zähne, also im menschlichen Kopf, den physischen Ursprung des Denkens, das sich dann emanzipiert um das siebente Lebensjahr herum und seelisch wird, so müssen wir suchen die Wirksamkeit der zweiten Seelenkraft des Menschen, die Wirksamkeit des Fühlens, in anderen Teilen des menschlichen Organismus. [GA 307, S. 79, 08.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=79&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Innenleben/Gefühlsleben des Kindes als Träger der bleibenden Vorstellung bzw. Erinnerung. GA 302 12.06.1921 Wir können ganz gut das Erinnern mit dem Wahrnehmen nicht nur vergleichen, sondern in einer gewissen Beziehung als eins ansehen. Wenn wir wahrnehmen, also wenn wir auch des Kindes seelische Tätigkeit auf irgendeinen äußeren Gegenstand lenken und mit ihm irgendeine Vorstellung erarbeiten, ist das durchaus eine Selbsttätigkeit des Kindes. Das Kind erarbeitet sich diese Vorstellung; wir sprechen von Wahrnehmung. Wenn das Kind irgend etwas erinnert, so ist das derselbe Vorgang nur nach innen gerichtet; es geht im Inneren etwas vor. Und das, was im Inneren vorgeht, das wird genau ebenso von innen heraus erarbeitet, wie von außen herein die Wahrnehmung erarbeitet wird. Dasjenige, was im Inneren des Menschen weiterlebt, wenn eine Vorstellung nicht mehr im vorstellungsmäßigen Sinn vorhanden ist, das sind allerdings sehr, sehr komplizierte innere Vorgänge, und es wird im einzelnen Fall außerordentlich schwierig sein, diesen Prozeß wirklich darzustellen, der sich da im Inneren des Menschen abspielt, wenn eine Vorstellung gerade aufhört präsent zu sein und dann sich bereitet, sich mit dem Menschen zu verbinden, um später wiederum in der Erinnerung aufzutauchen, das heißt, denjenigen Vorgang vorzubereiten, der darin besteht, daß man etwas, was im Inneren geschieht, wiederum wahrnimmt. Man nimmt gerade so von innen etwas wahr, wenn man erinnert, wie wenn man von außen etwas wahrnimmt. Es ist auch nicht eigentlich notwendig, daß man das kennt und beschreibt, was da im Inneren des Menschen sich abspielt, sondern dasjenige, was notwendig ist, ist etwas anderes: Wenn wir auf das Bleibende des Vorstellungslebens sehen, das dann als Erinnerung wieder auftaucht, so ist die Summe der Vorgänge, die dann zu dem führen, was erinnert wird, eigentlich in derselben Seelenregion des Menschen vorhanden, in welcher das Gefühlsleben vorhanden ist. Das Gefühlsleben mit seiner Freude, seinem Schmerz, seiner Lust und Unlust, Spannung und Entspannung und so weiter, dieses Gefühlsleben ist dasjenige, was eigentlich der Träger des Bleibenden der Vorstellung ist und aus dem die Erinnerung wiederum geholt wird. Unsere Vorstellung verwandelt sich durchaus in Gefühlsregungen, und diese Gefühlsregungen sind es, die wir dann wahrnehmen und die zur Erinnerung führen. Dieses ist aus dem Grunde wichtig zu wissen, weil wir in der Pädagogik und Didaktik ganz besonders darauf Rücksicht nehmen müssen. Wenn wir einem Kinde, wie man heute in einer ganz verfehlten Pädagogik so vielfach glaubt, immer nur Anschauungen beibringen und darauf sehen, daß das Kind alles sich genau anschaut und ganz und gar nur anschaut, dann sind für das Kind doch sehr wenig Erinnerungshilfen vorhanden. Dagegen sind viele Erinnerungshilfen vorhanden für das Kind, wenn wir versuchen, mit einem gewissen inneren Temperament, in einer temperamentvollen Weise den Unterricht zu begleiten mit Gefühlsmäßigem; wenn wir mit anderen Worten so in den Unterricht eingehen, daß wir ihn immerfort durchspicken mit der Möglichkeit, daß das Kind zu einem sanften, inneren, nicht ganz herauskommenden humorvollen Lächeln über das eine oder andere kommt, oder auch zu einer gewissen Herbigkeit oder Traurigkeit kommt; wenn wir also versuchen, niemals bei dem bloß Intellektuellen zu bleiben, sondern überzugehen zu Gefühlsbegleiterscheinungen des Unterrichtens. Das ist von einer außerordentlichen Wichtigkeit, obwohl für den Lehrer in einer gewissen Weise unbehaglich und unbequem, denn er muß hier natürlich an seine Geistesgegenwart größere Anforderungen stellen, wenn er die Kinder anregen will, gefühlsmäßig in Dinge, die man vorbringt, zu begleiten, als wenn er ihnen einfach erzählend oder auf Anschauung weisend einen Stoff beibringt. Es brauchen Gefühlserregungen durchaus nicht im pedantischen Sinne gerade an dasjenige anzuknüpfen, was man behandelt. Man kann den Gedankengang oder den Empfindungsgang erweitern, vielleicht sogar auf Nebensachen erweitern, aber versuchen, daß das Kind, während man es unterrichtet, eben auch immer Gefühlsregungen hat. [GA 302, S. 12–13, 12.06.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302.pdf#page=12&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Gefühlswelt ist innig verwandt mit der Gedächtniswelt. GA 192 11.05.1919 ... die Gefühlswelt, die übrigens innig verwandt ist mit der Gedächtniswelt, was die wenigsten Menschen heute wissen, weil die meisten Gelehrten heute die schlechtesten Psychologen sind. ... Dann wird es sich darum handeln, daß in bewußter Art solcher Unterricht getrieben wird, der auf das Fühlen und das damit verbundene Gedächtnis geht. Während alles dasjenige, was sich - und Kinder können in dieser Beziehung außerordentlich viel aufnehmen, wenn man es nur richtig macht -, was sich auf Arithmetik, Rechnen, Geometrie bezieht, mitten drinnen steht zwischen Denkerischem und Gefühlsmäßigem, wirkt auf das Gefühlsmäßige alles dasjenige, was durch das Gedächtnis aufzunehmen ist. Also alles dasjenige, was zum Beispiel als Geschichtsunterricht zu erteilen ist, was als Unterricht zu erteilen ist in der Mitteilung der Fabelwelt und so weiter. Ich kann die Dinge nur andeuten. [GA 192, S. 92-93, 11.05.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga192.pdf#page=92&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 3. Jahrsiebt: Freiwerden des Astralleibes - Urteilen, Begreifen, Gefühlsbeziehungen zu anderen Menschen. GA 095 27.08.1906 Wenn dann der Mensch die dritten sieben Jahre antritt, die Zeit der Geschlechtsreife, wird der Astralleib frei, und an ihm hängt das Urteil, die Kritik, hängen die unmittelbaren Beziehungen zu den übrigen Menschen. So wie die Gefühle von Mensch zu Mensch erwachen, so erwachen auch die Gefühle für die übrige Umwelt; da ist der Mensch reif, anzufangen zu begreifen. Die Persönlichkeit wird mit dem Astralleib freigelegt; da muß man das eigene Urteil aus dem Menschen herauslocken. [GA 095, S. 57–58, 27.08.1906](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga095.pdf#page=57&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Entwicklung der Gefühlswelt während der Geschlechtsreife. GA 073a 04.10.1920 Es ist das mehr ein Hineintauchen in die physische Leiblichkeit, wo es in seinem Verlaufe zunächst als hauptsächlichste Erscheinung - aber es sind auch andere da - den Liebestrieb erweckt, wo es den Schlußpunkt macht zum Beispiel beim männlichen Geschlecht mit der Veränderung der Stimme, beim weiblichen Geschlecht mit etwas breiteren Wirkungen. Das, was wir erkennen, wenn wir die Entwicklung der Gefühlswelt beobachten, wenn wir auch zum Beispiel speziell so etwas wie die Entwicklung des musikalischen Sinnes gerade in der Zeit beobachten, in der sich die Gefühlswelt entwickelt, das studieren wir wiederum als den Zusammenhang eines Geistig-Seelischen mit der physischen Organisation vom siebenten bis zum vierzehnten, fünfzehnten Jahre. [GA 073a, S. 524, 04.10.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga073a.pdf#page=524&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ### (2b) Erziehung ##### Musikalisches Gefühlserlebnis entsteht, wenn der Atmungsrhythmus sich in das Nervenleben hineinstreckt. GA 073 12.11.1917 In unserem Gehirn begegnet sich der Rhythmus mit dem, was im Nervensystem vorgeht. Und das musikalische Gefühlserlebnis entsteht nur aus dieser Wechselwirkung, aus diesem Zusammentreffen desjenigen, was sich vom Atmungsrhythmus hineinerstreckt in das Nervenleben, mit dem Nervenbau. Indem dieses reagiert auf den Atmungsrhythmus, entsteht das musikalische Gefühlserlebnis. So lassen sich also wirklich die Gefühlserlebnisse erklären, wenn man, wie gesagt, den Atmungsrhythmus, das Atmungsleben überhaupt, ebenso als leibliches Gegenstück ansieht für das Gefühlsleben, wie man das Nervensystem anzusehen hat als leibliches Gegenstück für das Vorstellungsleben. [GA 073, S. 144–145, 12.11.1917](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga073.pdf#page=144&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Der Gehöreindruck wird zum musikalischen Erlebnis, wenn er an den inneren Rhythmus des menschlichen Seelenlebens stößt. GA 073 10.10.1918 Sie brauchen sich nur einen verborgeneren Rhythmus zu denken. In der Tat, bei unserem Einatmen entstehen immer ganz bestimmte Bewegungen des Zwerchfells; dadurch entsteht ein fortwährendes Aufundabschwingen der Gehirnflüssigkeit. Das ist ein rhythmisches, inneres Entsprechen dem, was seelisch das musikalische Erlebnis ist. Dadurch, daß dieses Rhythmische, dieses rhythmische Erleben, das im Menschen als Menschen veranlagt ist, anstößt an dasjenige, was der Sinneseindruck ist, dadurch entsteht das musikalische Erlebnis im Zusammenklang des menschlichen körperlichen Rhythmus mit dem Gehöreindruck. Aber das Wesentliche ist das, daß der Gehöreindruck erst dann zum musikalischen Erlebnis wird, wenn er an den inneren Rhythmus des menschlichen Seelenlebens stößt. Das musikalische Erlebnis, psychologisch untersucht, ist ein ungeheuer interessantes. Es belegt nur das, was ich sage, daß das Gefühlsleben zum rhythmischen Bewegungsleben im Inneren des Menschen in einem Verhältnisse steht. [GA 073, S. 289–290, 10.10.1918](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga073.pdf#page=289&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Um das 9. Lebensjahr prägt das Kind seine Gefühlsfähigkeiten aus. Das Gedächtnis über das Gefühl ansprechen. GA 297 27.11.1919 Wenn wir sachgemäß hinblicken können auf den wichtigen Zeitpunkt, den ich als um das neunte Lebensjahr herum liegend bezeichnet habe, so werden wir sehen, daß in diesem Zeitpunkte etwas Besonderes vorgeht in bezug auf die Gefühlsfähigkeiten, das Gefühlsleben des Kindes. Der Mensch verinnerlicht sich. Es treten eben andere Gefühlsnuancen auf. Gewissermaßen wird das innere Seelenleben in seinen Gefühlsnuancen selbständiger gegenüber der äußeren Natur. Dagegen tritt auch etwas auf, was nur bei wirklicher intimer Seelenbeobachtung uns entgegentritt - Jean Paul bemerkte das auch und sprach es geistreich aus: Wir lernen gewiß in unseren drei ersten Lebensjahren mehr als in unseren drei akademischen Lebensjahren, weil wir sozusagen ein organisch entwickeltes Gedächtnis ja noch haben, weil da das Gedächtnis noch organisch wirkt. Für das Leben lernen wir da nämlich mehr. Aber eine besondere Beziehung, eine Beziehung, die mehr in das bewußte Leben hineinspielt, wird gerade zwischen dem Gefühlsleben und zwischen dem Gedächtnisleben um das neunte Lebensjahr hergestellt. Solche Dinge muß man nur sehen. Wenn man sie nicht sehen kann, so sind sie für einen nicht da. Wenn man diese intimen Beziehungen zwischen Gefühlsleben und Gedächtnis wirklich durchschaut, findet man dann, indem man diese Beziehungen pflegt, den richtigen Gesichtspunkt für dasjenige, wofür an das Gedächtnis appelliert werden muß im Unterrichte. An das Gedächtnis soll man eigentlich nicht anders appellieren, als indem man zu gleicher Zeit an das Gefühlsleben appelliert. [GA 297, S. 179, 27.11.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=179&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Zu früh gelehrte Kausalität vertrocknet die Seele und tötet Gefühle. GA 307 15.08.1923 Ursache und Wirkung in ihrer Beziehung soll das Kind im Grunde genommen erst kennenlernen von einem Zeitpunkte an, der zwischen dem elften und zwölften Jahre liegt. Und je weniger man über die sogenannte Kausalität vorher zu dem Kinde spricht, desto besser ist es, desto stärker, desto kräftiger und auch desto inniger wird der Mensch in bezug auf seine Seele, während er vertrocknet in bezug auf seine Seele, tote Begriffe und sogar tote Gefühle in sich aufnimmt, wenn wir mit der Kausalität vor diesem Lebensalter an den Menschen herankommen. [GA 307, S. 195, 15.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=195&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das fühlende sittliche Urteil im Alter zwischen Zahnwechsel und Geschlechtsreife. GA 304a 26.03.1923 Damit aber ist die ganze Richtung der sittlichen Erziehung des Kindes zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife gegeben. Wenn wir dem Kinde abstrakte Sittenregeln mit auf den Weg geben wollen, dann werden wir eine Ablehnung bemerken, nicht durch die Nichtsnutzigkeit des Kindes, sondern durch das Menschenwesen selber. Wenn wir imstande sind, sittliche Bilder vor dem Kinde zu entwerfen, sittliche Bilder meinetwillen schon aus dem Tierreiche, wenn wir die Tiere gegeneinander in symbolischen sittlichen Beziehungen auftreten lassen, wenn wir das vielleicht auf die ganze Natur ausdehnen, werden wir, insbesondere für das siebente, achte, neunte Lebensjahr, außerordentlich Gutes an dem Kinde tun können. Wenn wir selbst aus unserer Phantasie heraus lebendig gestaltete Menschenbilder vorführen, wenn wir merken lassen, was wir an diesen lebendig gestalteten Menschenbildern selber als sympathisch oder antipathisch empfinden und das Sympathische oder Antipathische so überleiten, daß es für das unmittelbare Gefühl, für die Empfindung zu einem moralischen Urteile über das Gute und Böse wird, da entwickeln wir für dieses Lebensalter das empfindende, das fühlende sittliche Urteil heran an der Schilderung der Welt. Aber diese Schilderung der Welt muß es sein. In den ersten Lebensjahren ist es die unmittelbare Anschauung. Jetzt muß das, was an das Kind herantritt, um sein moralisch empfindendes, fühlendes Urteil zu erkräftigen, durch das Mittel des autoritativen menschlichen Fühlens und Empfindens durchgegangen sein. Jetzt muß der erziehende Mensch, der Unterrichtende dastehen als Repräsentant der Weltenordnung. Das Kind muß aus seinem instinktiven Leben heraus einfach durch die Empfindung, die es dem Lehrenden, Erziehenden entgegenbringt, die Welt empfangen in seinen Sympathien und Antipathien, die sich ausbilden zu dem: das ist gut, das ist böse. Es muß die Welt empfangen durch den Menschen. Und wohl dem Kinde, das durch Vermittlung des menschlichen Wesens im Erziehenden, im Unterrichtenden selber zunächst sein eigenes Verhältnis zur Welt bilden kann. [GA 304a, S. 42, 26.03.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=42&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Es ist für Erwachsene schwierig das Empfindungs- und Gefühlsleben der Jugendlichen zu verstehen und das führt zu revoltierenden Empfindungen beim Jugendlichen. GA 209 12.12.1921 Man könnte da Verschiedenes anführen. Wir wollen heute eines herausheben, das ist die Schwierigkeit, die wir heute haben, ein richtiges Verstehen mit der aufwachsenden Jugend herbeizuführen. Das liegt schließlich auch unseren anthroposophischen pädagogischen Bestrebungen zugrunde, diese Schwierigkeit des Menschen, als Erwachsener sich heute mit der Jugend zu verständigen. Wir sehen heranwachsen heute eine ausgesprochene Jugendbewegung. Sobald die Kinder bis an das Alter der Geschlechtsreife herankommen und dann etwas darüber hinaus, entwickeln sie sich mit einem Empfindungs- und Gefühlsleben, das nur außerordentlich schwierig heute für den Erwachsenen zu verstehen ist, das aber auch noch schwieriger eigentlich zu behandeln ist. Wir sehen, wie geradezu unter der Jugend Agitationsbewegungen auftauchen, revoltierende Empfindungen sich geltend machen gegen alle elterliche oder erzieherische Autorität. Und wenn wir schließlich mit unbefangenem Sinn auf alles das hinschauen, so können wir vielem davon keineswegs die Berechtigung abstreiten. Wir müssen einmal uns sagen: Es lebt heute in dem heranwachsenden Menschen etwas, was den Zusammenhang verloren hat mit dem äußeren Leben und auch mit den Offenbarungen des inneren Lebens bei den Erwachsenen. — Manches erscheint in dieser Beziehung heute dem Philister so, daß er dann, wenn er es bemerkt, einfach anfängt, in einer sonderbaren Weise zu schimpfen. Er meint es vielleicht nicht immer so, aber er fängt an zu schimpfen. Er sagt: Die Jugend hat heute alles Autoritätsgefühl verloren, sie ist fast schon bolschewistisch geworden; sie lehnt sich gegen alles auf, was das Alter vernünftig findet, sie gehorcht nicht. - Das alles sind Dinge, die das heutige Leben aussichtslos machen. Und insbesondere innerhalb der Lehrerschaft, innerhalb desjenigen Teiles der Lehrerschaft, der gern den alten Schlendrian bewahren möchte, findet man solche Aussprüche sehr, sehr häufig. Verstehen kann man eine solche Sache eben wiederum nur aus der Erkenntnis der Entwickelungsimpulse der Menschheit. [GA 209, S. 92-93, 12.12.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga209.pdf#page=92&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kinder um das 9. und 10. Lebensjahr brauchen ihren Erzieher besonders. Mit dem richtigen Seelengefühl und Vertrauen an die Kinder herantreten. GA 297a 04.11.1922 Wenn das Kind im volksschulpflichtigen Alter zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre steht, dann steht der wirklich einsichtige Erzieher und Unterrichter vielleicht vor seiner allergrößten Aufgabe. Denn dann wird er bemerken, daß die meisten Kinder, die ihm anvertraut sind, an ihn herankommen und ihn ganz besonders brauchen, daß sie nicht immer ausgesprochen, sondern oftmals unausgesprochen, bloß in Empfindungen lebend, an ihn Fragen zu stellen haben. Diese Fragen können Hunderte, Tausende von Formen annehmen. Es kommt viel weniger darauf an, daß man dann dem Kinde eine bestimmte Antwort gibt. Mag man die eine oder die andere Antwort geben, auf den Inhalt der Antwort kommt es nicht so stark an. Worauf es aber ganz besonders ankommt, das ist, daß man mit dem richtigen Seelengefühl das richtige Vertrauen in dem Kinde auslöst, daß man mit dem richtigen Empfinden gerade im richtigen Augenblick, der für die Kinder immer zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre eintritt, dem Kinde entgegentritt. [GA 297a, S. 152, 04.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297a.pdf#page=152&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (3) Fühlen - Wollen ### (3a) Entwicklung ##### Die Liebe ist ab der Geschlechtsreife kein egoistisch Verlangen mehr, sondern eine allgemeine Menschenliebe. GA 301 04.05.1920 Man muß wiederum eine Empfindung dafür haben, daß etwas noch Höheres in der Menschennatur geboren wird mit der Geschlechtsreife, etwas, was bis dahin an der weiteren Umgestaltung des menschlichen Organismus arbeitet. Ob man das, was da geboren wird im 14., 15. Jahre des Menschen, nun Astralleib nennt und sich erfreut an dieser Bezeichnung Astralleib oder ob man diesen Ausdruck geschmacklos findet, darauf kommt es nicht an. Es kommt darauf an, daß man sich bewußt werde, daß geradeso, wie das intellektuelle Element durch den Ätherleib geboren wird um das 7. Lebensjahr herum, das ganze leibfreie Seelische um das 14., 15. Jahr herum geboren wird. Vorher ist unser Fühlen, unser Wollen eng verbunden dem physischen Organismus. Wie das Denken dem physischen Organismus verbunden ist bis zum 7. Lebensjahre, so ist bis zum 14., 15. Jahre, bis zur Geschlechtsreife, das Fühlen und das Wollen eng dem physischen Organismus verbunden. Und wir müssen darauf sehen, daß wir nun ja nicht vor der Geschlechtsreife, das heißt, vor dem Abgang aus der Volksschule, hineinbringen in das Denken, das ja Stück für Stück herauskommt mit der Entwickelung des Ätherleibes, daß wir nicht da hineinbringen etwas, was gewissermaßen aus einer zu frühen Selbständigkeit des Willens und des Gemütes herrührt. Wenn das Kind liebevoll herangebildet wird in der Anlehnung an seine Autorität, wenn das Kind Fühlen und Wollen lernt in der Anlehnung an den andern, an den erwachsenen Menschen, an den Erzieher und Unterrichter, dann wird im rechten Augenblicke, nämlich bei der Geschlechtsreife sein eigenes selbständiges Fühlen und Wollen geboren. Unser Fühlen und Wollen können wir erst dadurch in der richtigen Weise entwickeln, daß wir sie an dem andern, uns als Autorität geltenden Menschen richtig entwickeln. Kommen wir zu früh zum selbständigen Entwickeln des Willens, kommen wir namentlich zu gewissen, ich möchte sagen, geheimen Funktionen des Willens zu früh, so schadet uns das für das ganze Leben. Und wir kommen zu feineren Organisationen des Willens zu früh, wenn wir versucht werden, namentlich moralische und religiöse Impulse verfrüht dem eigenen Urteil zu unterwerfen. Man kann nicht anders, als sagen, daß das Kind bis zur Geschlechtsreife lernen sollte, sittlich zu sein und religiös zu sein durch den Einfluß der sittlichen und religiösen Autoritäten. Erst mit der Geschlechtsreife beginnt das seelisch-geistige Wesen des Menschen so leibfrei zu sein, daß wir es dem eigenen Urteil überlassen können. Sehen Sie, wenn man solche Sachen heute ausspricht, dann hat man ja vor allen Dingen viel vom Zeitvorurteil gegen sich. Als ich in mehr oder weniger öffentlichen Reden gerade diese Sache vom naturgemäßen Autoritätsgefühl ausgesprochen habe in Deutschland, als alles da noch unter dem Einflüsse einer Scheinrevolution stand, die ja keine wirkliche Revolution geworden ist, da erwiderte man mir überall aus jenen Untergründen heraus, die eigentlich möchten schon alle Autorität auch vom Kindesalter entfernen, die am liebsten möchten, daß alles Lehren und Erziehen aufhörte und die Kinder untereinander sich demokratisch erzögen und lehrten. Ich mußte darauf antworten, daß das nämlich die Kinder gar nicht begehren; richtig verstanden, wollen die Kinder geleitet sein, wollen eine Autorität lieben, und dasjenige, was sich in ihnen entwickelt als Liebe zur Autorität, das hängt mit ihrer eigenen Natur zusammen. Wenn der Mensch geschlechtsreif wird, da entwickelt sich als eine Selbstverständlichkeit die Liebe zum anderen Geschlecht. Gewiß, sie individualisiert sich dann in der Liebe des einen Mannes zu einer Frau; aber dasjenige, was sich da individualisiert, was da als besonderes Faktum auftritt in seiner vollen Berechtigung, das ist zu gleicher Zeit der individuelle Ausdruck für eine allgemeine Menschheitsliebe, für die allgemeine Menschenliebe. Diese allgemeine Menschenliebe als besondere, sie entwickelt sich auch ebenso wie die Liebe zum anderen Geschlechte mit der Geschlechtsreife. Diejenige Liebe, die der Mensch zum Menschen hat, sie entwickelt sich in ihrer Selbständigkeit erst mit der Geschlechtsreife, denn diese Liebe, die muß ja frei von Autorität sein. Diese Liebe ist eine wirkliche Hingabe. Bis zu der Geschlechtsreife muß die Liebe ein Bedürfnis sein, muß die Liebe etwas sein, was das eigene Wesen egoistisch verlangt. Darauf müssen wir rechnen, daß das Kind in der Volksschule egoistisch verlangt, lieben zu können, das heißt, die Autorität neben sich zu haben, der es anhängt, der es sich hingibt, weil es Wohlgefallen in dieser Hingabe hat, denn die Natur selbst drängt dazu. Da ist dasjenige, was vorzugsweise in der Liebe lebt - sei es in der Liebe zur anderen Menschheit, sei es in der Liebe zur Natur, in der Liebe zu den Sternen, in der Liebe zu den übersinnlichen Wesen und Göttern und dem Gotte -, es ist, was da im Menschen lebt als Liebe, es ist im Grunde genommen der Inhalt des astralischen Leibes beim Menschen. Das wird als selbständiges Wesen geboren mit der Geschlechtsreife. Bis zur Geschlechtsreife arbeitet es an der eigenen Menschennatur, so wie der ätherische Leib arbeitet an der eigenen Menschennatur bis zum 7. Jahre, bis zum Zahnwechsel. [GA 301, S. 148–149, 04.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=148&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Wenn wir als Kinder die Schönheit der Welt wahrnehmen lernen, wächst der Zusammenhang mit der Natur im späteren Leben. GA 302 19.06.1921 Das ist ja ein Charakteristiken unserer Zeit, daß die Menschen am Leben nichts finden, da sie als Kinder nicht gelernt haben, das Leben schön zu finden. Sie möchten überall nur dasjenige finden, was im trockensten Sinne ihnen irgendwie die Erkenntnis bereichert. Aber sie finden nicht die verborgene, geheime Schönheit überall, und es erstirbt überhaupt der Zusammenhang mit dem Leben. Das ist der Gang der Kultur, daß der Zusammenhang des Menschen mit der Natur erstirbt. [GA 302, S. 134, 19.06.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302.pdf#page=134&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung im 1. Jahrsiebt bezieht sich auf menschliche 'Gesten' (nicht Handlungen). Aus der Wahrnehmung sinnvoller Gebärden entwickelt sich ein Dankbarkeitsgefühl und aus diesem ein Dankbarkeitswille. GA 306 20.04.1923 Was ist es denn, das in der Umgebung für das Kind im ersten Lebensabschnitt bis zum Zahnwechsel geschieht? Die Menschen tun etwas in der Umgebung des Kindes. Aber das, was das Kind aufnimmt von dem Tun der Menschen, das sind nicht die Handlungen der Menschen. Das Kind hat noch gar kein Wahrnehmungsvermögen für die Handlungen der Menschen. Sondern alles, was das Kind in der Umgebung wahrnimmt, das sind für das Kind sinnvolle Gebärden. Im ersten Lebensabschnitt haben wir es in der Tat zu tun mit einem Verständnis für sinnvolle Gebärden. Und sinnvolle Gebärden ahmt das Kind nach. Und aus der Wahrnehmung der sinnvollen Gebärden entwickelt sich das Dankbarkeitsgefühl und dann aus dem Dankbarkeitsgefühl der Dankbarkeitswille. [GA 306, S. 126, 20.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=126&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Jahrsiebte: 1. JS Hingabe durch die Sinne an die Umwelt, 2. JS seelische Hingabe, 3. JS innerlich mit dem Willen an der Sinnesorganisation teilnehmen. GA 218 19.11.1922 Wenn man sagen kann, daß das Kind bis zu seinem siebenten Jahr ganz Sinnesorgan ist, so muß man es nach dem Zahnwechsel, nach dem siebenten Jahre so ansehen, daß das Prinzip der sinnlichen Auffassung mehr an die Oberfläche der Menschenorganisation getreten ist und sich zurückgezogen hat von dem Inneren. Aber es ist bei dem Kinde noch so, daß Sinneseindrücke noch nicht in die Sinnesorgane hinein ordnend, regulierend eingreifen können. Und so sehen wir, daß das Kind vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife das an sich hat, daß es seiner gesamten Sinnesorganisation seelisch hingegeben sein will, daß es aber noch nicht von innen heraus mit dem Willen teilnimmt an dieser Sinnesorganisation. Das Teilnehmen von innen an der Sinnesorganisation macht intellektuelle Menschen. Solche intellektuelle Menschen werden wir erst nach der Geschlechtsreife. Eigentlich sind wir erst dann in der richtigen Weise dazu veranlagt, die Welt nach dem Intellekt zu beurteilen. Denn intellektuell beurteilen heißt, persönlich, aus der inneren Freiheit heraus urteilen. [GA 218, S. 233, 19.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga218.pdf#page=233&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Wille und Gefühl sind schon beim ganz kleinen Kind vorhanden. GA 219 26.11.1922 Wir werden eigentlich ganz anders als Kind geboren, als wir dann später sind. Wir lernen erst auf der Erde gehen, sprechen, denken. Dasjenige, was, ich möchte sagen, dumpf bleibt beim Menschen zwischen der Geburt und dem Tode, der Wille, und was halb dumpf bleibt, das Gefühl, sie sind, wenn auch in einer primitiven Weise, schon beim ganz kleinen Kinde vorhanden. Das Gefühlsleben, wenn es auch ganz nur den inneren Funktionen zugewendet ist, es ist beim kleinen Kinde vorhanden. Das Willensleben ist vorhanden. Dafür sind ein Beweis die, wenn auch chaotischen Bewegungen, die das Kind ausführt. [GA 219, S. 13, 26.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga219.pdf#page=13&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ### (3b) Erziehung ##### Das persönliche Verhältnis ist für die Gemüts- und Willensbildung ausschlaggebend. GA 301 29.04.1920 Aber alle Willenserziehung wird immer unter dem Eindrucke des persönlichen Verhältnisses stehen bei Kindern bis noch über die Geschlechtsreife hinaus. Man mag darüber philosophieren, wie man will, jede Philosophie, die etwas anderes sagt, als daß das persönliche Verhältnis für die Gemüts- und Willensbildung ein ausschlaggebendes ist, wird gegen das Leben sündigen. Das muß man eben Lebenserkenntnis nennen, welche sich nicht scheut, auf diese Dinge des Lebens einzugehen. Und wenn man die Dinge ernst nimmt, die entstehen können durch die Befruchtung der Erziehungskunst von Seiten der Geisteswissenschaft, so werden sich einem manche Dinge aufschließen, die sich sonst durchaus nicht erschließen wollen. [GA 301, S. 116–117, 29.04.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=116&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Ab dem 9. LJ beginnt sich das Kind von seiner Außenwelt zu lösen hin zur Ich-Entwicklung. Es prüft nun die Autorität auf ihre Persönlichkeit und den Ursprung des Wissens vom Wahren, Guten und Bösen. GA 297a 04.11.1922 Wenn wir dem Kinde Unterricht erteilen, so bemerken wir, daß es vor diesem Augenblick, der etwa zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahr liegt, noch nicht sich selber ordentlich von der Umwelt unterscheidet, nicht ordentlich sich als Ich erlebt - wenn es auch längst «Ich» zu sich sagt. In diesem Augenblicke des Lebens lernt es sich so recht unterscheiden von der Umwelt. Wir können jetzt schon die Aufmerksamkeit darauf richten, daß das Kind sich von der Außenwelt als «Ich» unterscheidet. Zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre - es braucht sich dessen sogar nicht bewußt zu sein, es kann tief im Empfindenden, im, wie man sagt Unterbewußten vor sich gehen, aber da ist es -, da sieht sich das Kind durch seine Entwickelung gewissermaßen gezwungen, hindurchzuschauen durch die autoritative Persönlichkeit auf das, von was diese autoritative Persönlichkeit selbst getragen ist. Jetzt möchte das Kind fühlen und empfinden, woher dasjenige bei der autoritativen Persönlichkeit kommt, was das Wissen über das Gute, Wahre, Schöne ist, das Wollen im Wahren, Guten, Schönen ist. Was sinnlich war beim Säugling bis zum Zahnwechsel, was als Sinnliches der Keim für alles spätere religiöse Empfinden gegenüber der Welt ist, das taucht zwischen dem neunten und zehnten Jahre seelisch auf, wird seelisches Bedürfnis. [GA 297a, S. 153–154, 04.11.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297a.pdf#page=153&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Gebetsstimmung beim Kinde wandelt sich in die Fähigkeit des Segnens im hohen Alter um. GA 293 30.08.1919 Das, was im Menschen lebt, hat die Tendenz, sich im Leben wirklich auch lebendig umzuwandeln. Bringen Sie es dahin bei dem Kind, daß es Begriffe hat von Ehrfurcht, von Verehrung, Begriffe von alledem, was wir in einem umfassenderen Sinn nennen können die Gebetsstimmung, dann ist eine solche Vorstellung in dem Kinde, das mit der Gebetsstimmung durchdrungen ist, eine lebendige, reicht bis ins höchste Alter und wandelt sich um im höchsten Alter in die Fähigkeit zu segnen, bei anderen wieder die Ergebnisse der Gebetsstimmung auszuteilen. Ich habe es einmal so ausgedrückt, daß ich sagte: Kein Greis noch eine Greisin werden im Alter wirklich gut segnen können, die nicht als Kind richtig gebetet haben. Hat man als Kind richtig gebetet, so kann man als Greis oder Greisin richtig segnen, das heißt mit stärkster Kraft. Also solche Begriffe beibringen, die mit dem Intimsten des Menschen zusammenhängen, heißt den Menschen ausstatten mit lebendigen Begriffen; und das Lebendige geht Metamorphosen ein, wandelt sich um; mit dem Leben des Menschen selbst wandelt es sich um. [GA 293, S. 141–142, 30.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga293.pdf#page=139&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (4) Wollen ### (4a) Entwicklung ##### Willenswirksamkeit des Ich beim Erlernen von Gehen, Sprechen, Denken. GA 349 04.04.1923 Nun habe ich Ihnen gesagt, daß das Kind in der Zeit, an die man sich nicht mehr zurückerinnert, gehen lernt, sprechen lernt, denken lernt. Man kann sich natürlich an die Zeit nicht mehr zurückerinnern, wo man noch nicht denken kann. Man lernt also gehen, überhaupt sich bewegen, den Körper gebrauchen, sprechen und denken. Das lernt man. Und da muß man den Körper ebenso dirigieren. Sie können nicht, wenn Sie als Kind noch auf allen vieren kriechen, den Körper aufrichten ohne Ihren Willen. Wenn Sie Ihre Hand bewegen, sagt das Ich: Ich bewege die Hand - das Ich mit seinem Willen. So aber geschieht das auch im Kinde mit dem Willen, daß es sich aufrichtet. Das Kind lernt sprechen mit dem Willen. Das Kind lernt denken mit dem Willen. Also müssen wir fragen: Woher kommt es, daß das Kind das alles lernt? - Und da kommen wir darauf, daß durch das ganze Erdenleben, trotzdem der Körper fortwährend ausgetauscht wird, das Ich immer dasselbe bleibt, daß dieses Ich auch noch dasselbe ist in der Zeit, wo wir denken, wo wir sprechen und gehen gelernt haben. Da war schon dieses Ich wirksam im Körper. [GA 349, S. 128, 04.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga349.pdf#page=128&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Wille am längsten an die organische Tätigkeit gebunden (Blutzirkulation). Wird im 3. JS frei. GA 307 09.08.1923 Im Grunde genommen ist der menschliche Wille am längsten an den Organismus gebunden. Bis gegen das zwanzigste, einundzwanzigste Jahr hin ist alles, was menschlicher Wille ist, intensiv abhängig von der organischen Tätigkeit; ist abhängig von der organischen Tätigkeit, die namentlich ausgeführt wird durch die Art und Weise, wie die Atmung sich fortsetzt in die Blutzirkulation, und wie die Blutzirkulation wiederum durch das innere Feuer, durch die innere Wärme, die im Organismus dadurch entwickelt wird, den Bewegungsorganismus ergreift, dasjenige ergreift, was sich ausdrückt in den Beinen, den Füßen, Armen, Händen, wenn der Mensch sich bewegt und in willensmäßige Offenbarung versetzt. Man kann sagen: Alles Willensmäßige ist selbst noch bei dem Kinde zwischen dem fünfzehnten und einundzwanzigsten Jahre abhängig von der Art und Weise, wie der Organismus in die Bewegung hineinwirkt. [GA 307, S. 84, 09.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=84&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Stärkung des Willens nach dem Zahnwechsel durch das Gefühl, an das Weltganze angegliedert zu sein. GA 034 01.05.1907 Zu der Entwickelung eines gesunden kraftvollen Willens wird der Grund gelegt durch die richtige Handhabung der betrachteten Erziehungsgrundsätze während der ersten sieben Lebensjahre. Denn ein solcher Wille muß seine Stütze in den vollentwickelten Formen des physischen Leibes haben. Vom Zahnwechsel angefangen handelt es sich darum, daß der nun sich entwickelnde Ätherleib dem physischen Leib diejenigen Kräfte zuführt, durch welche dieser seine Formen gediegen und in sich fest machen kann. Das, was die stärksten Eindrücke auf den Ätherleib macht, das wirkt auch am kräftigsten auf die Festigung des physischen Leibes zurück. Die allerstärksten Impulse werden aber auf den Ätherleib durch diejenigen Empfindungen und Vorstellungen hervorgerufen, durch die der Mensch seine Stellung zu den ewigen Urgründen des Weltalls fühlt und erlebt, das heißt durch die religiösen Erlebnisse. Niemals wird sich der Wille eines Menschen und damit sein Charakter gesund entwickeln, wenn er nicht tiefeindringende religiöse Impulse in der in Rede stehenden Lebensepoche durchmachen kann. In der einheitlichen Willensorganisation kommt es zum Ausdruck, wie der Mensch sich eingegliedert fühlt in das Weltganze. Fühlt sich der Mensch nicht mit sicheren Fäden angegliedert an ein Göttlich-Geistiges, so müssen Wille und Charakter unsicher, uneinheitlich und ungesund bleiben. [GA 034, S. 338–339, 01.05.1907](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga034.pdf#page=338&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Mit der Geschlechtsreife schießt der Wille in die menschliche Wesenheit hinein und bildet sich. GA 301 29.04.1920 Wenn ich darauf hingewiesen habe, wie mit dem Zahnwechsel eigentlich geboren wird das Intellektuelle, und wie dann mit der Geschlechtsreife der Wille gewissermaßen hineinschießt in die menschliche Wesenheit, so habe ich damit durch zwei Gesichtspunkte, es gibt eben viele andere, charakterisiert die beiden Quellen. Indem wir uns an den Menschen richten und sein Intellektuelles ins Auge fassen, schauen wir allerdings mehr hin auf dasjenige, was er durch die Geburt ins physische Dasein hereingebracht hat. Indem wir uns an seinen Willen wenden, müssen wir uns bewußt sein, daß wir das an ihn herantragen, was er vorzugsweise aus dieser physischen Welt hereinzunehmen hat, um es seiner höheren Natur einzuverleiben. Hier in den Kämpfen des physischen Lebens, hier in alledem, was an Disharmonien und Harmonien mit der Welt sich durch das physische Leben entwickelt, da erzieht sich der menschliche Wille, da wird gewissermaßen der menschliche Wille. Dasjenige, was mehr als Intellektuelles aus der menschlichen Natur hervortritt, das müssen wir versuchen hervorzulocken aus dieser menschlichen Natur. Indem man das nur ausspricht, sieht man hin auf viele Mißverständnisse, die gerade im Aussprechen der pädagogischen Wahrheiten entstehen. Man will immer alle Dinge einseitig sagen, die eigentlich zweiseitig im Leben sind. Man will sagen: entweder müsse man alles aus dem Menschen herausholen, oder man müsse alles in den Menschen hineinstopfen. Beides ist natürlich unrichtig. Aber für alles Vorstellende im Menschen gilt in einem gewissen Grade, daß wir es aus der menschlichen Natur herausholen müssen. Für alles Willentliche gilt, wenn auch nicht ausschließlich, daß die Erlebnisse, die wir an den Menschen heranbringen, für ihn bildend, unmittelbar bildend sind. Den Willen holt sich der Mensch aus diesem Leben. Daher ist es für die Willensbildung so wichtig, wie wir selbst zu dem Menschen stehen, wie wir zu ihm stehen, so daß er uns nachahmen kann oder daß er so uns ansehen kann, daß dasjenige, was wir selbst sagen und was wir selbst tun, für ihn nach dem siebenten Jahre ungefähr Autorität wird. Es ist eben gewöhnlich in bezug auf das Leben nicht ein strenges Entweder-Oder richtig, sondern ein Sowohl-als-auch. Sowohl das eine wie das andere spielt ins Leben herein. Wir müssen vieles aus dem Kinde herausholen. Wir müssen das Kind in solche Umgebung versetzen, daß es sich selber möglichst viel, namentlich für seine Willensbildung, aus der Welt herausholen kann. Da sehen Sie schon, wie viel von dem, was man die Erziehungsfrage und die Unterrichtsfrage nennen möchte, eigentlich eine Lehrerfrage ist, eine Frage nach den Qualitäten des Erziehenden und Lehrenden ist. Und da möchte ich denn, bevor ich in der Betrachtung weitergehe, von der ich gestern ausgegangen bin, da möchte ich dasjenige Element in Behandlung des ganzen Unterrichtens und Erziehens wenigstens von einer gewissen Seite her charakterisieren, das dieses ganze Erziehen und Unterrichten durchsetzen soll. [GA 301, S. 109–110, 29.04.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=109&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Der Wille schießt bei der Geschlechtsreife in den Körper, was sich im Knaben-Stimmwandel zeigt. GA 301 10.05.1920 Schauen wir diese Zeichnungen des Kindes an. Das, was man ein richtiges Raumgefühl nennen könnte, haben die Kinder vor dem 7., 8. Jahre, selbst vor dem 9. Jahre gerade noch nicht. Dazu kommt es erst später, wenn sich allmählich die andere Kraft in die kindliche Entwickelung hineinfindet. Bis zum 7. Jahre arbeitet an der kindlichen Organisation das, was später Vorstellung wird; bis zur Geschlechtsreife arbeitet an der kindlichen Organisation der Wille, der dann, wie ich Ihnen gesagt habe, sich staut und in dem Knaben-Stimmeswandel eben zeigt, wie er in den Körper geschossen ist. Dieser Wille ist dazu geeignet, das Raumgefühl in sich zu entwickeln. So daß man durch all das, was ich jetzt gesagt habe, durch dieses Entwickeln eines Raumgefühls an Bewegungsspielen, durch die Anschauung dessen, was geschieht, wenn Schattenfiguren entstehen, namentlich durch das, was in der Bewegung entsteht und festgehalten wird, indem durch dieses alles der Wille entwickelt wird, der Mensch zu einem viel besseren Verständnis der Dinge gelangt als durch das Verstandesmäßige, selbst wenn es der spielerische kindliche Verstand ist, der flächenhaft sich ausdrückt, der erzählend sein will. [GA 301, S. 215, 10.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=215&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Mit der Geschlechtsreife fängt ein Kampf zwischen inneren und äußeren musikalisch-sprachlichen Kräften an, welche zum Stimmwechsel führen. GA 302a 16.09.1920 So haben wir in dem, was mit dem Kinde beim Zahnwechsel vorgeht, etwas, was unmittelbar eine Umsetzung von geistigen Kräften durch das Kind aus der geistigen Welt in die physische Welt hinein ist. Ein anderer Vorgang geht vor sich in den Jahren der Geschlechtsreife; aber er bereitet sich langsam vor durch den ganzen Zyklus vom 7. bis zum 14., 15. Jahre. In dieser Zeit lebt in denjenigen Regionen des Seelenwesens, die nicht vom Bewußtsein schon durchstrahlt sind, etwas auf - denn das Bewußtsein bildet sich ja erst, und es strahlt fortwährend von der Außenwelt etwas unbewußt in uns hinein -, da lebt jetzt etwas langsam Bewußtwerdendes auf, was schon von der Außenwelt aus, aber von der Geburt an das Kind durchstrahlt hat, was mitgewirkt hat am Aufbau des kindlichen Körpers und in das Kind hineingefahren ist, in die plastischen Kräfte. Das sind wieder andere Kräfte. Während die plastischen Kräfte in das Haupt von innen hineingehen, kommen diese Kräfte jetzt von außen, gehen dann in den Organismus hinunter. Ich kann diese Kräfte, die da von der Außenwelt durch das Haupt in den Körper hineinwirken - sie schieben sich durch die plastischen Kräfte und wirken mit bei dem, was vom 7. Jahre ab beim Aufbau des kindlichen Körpers geschieht -, ich kann diese Kräfte nicht anders bezeichnen als: es sind  dieselben Kräfte, welche in der Sprache und in der Musik wirken. Diese Kräfte sind aus der Welt aufgenommen. Diejenigen Kräfte, die musikalischer Art sind, sind mehr aus der äußeren Welt, aus der außermenschlichen Welt aufgenommen, aus der Beobachtung der Natur, aus der Beobachtung der Vorgänge in der Natur, vor allem aus der Beobachtung ihrer Regelmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten. Durch alles das, was in der Natur vor sich geht, geht ja eine geheimnisvolle Musik: die irdische Projektion der Sphärenmusik. In jeder Pflanze, in jedem Tier ist eigentlich ein Ton der Sphärenmusik inkorporiert. Das ist auch noch mit Bezug auf den menschlichen Leib der Fall, lebt aber nicht mehr in dem, was menschliche Sprache ist, das heißt nicht in den Seelenäußerungen, wohl aber im Leibe in seinen Formen und so weiter. Alles das nimmt das Kind unbewußt auf, und das macht, daß Kinder in einem so hohen Grade musikalisch sind. Sie nehmen das alles in den Organismus auf. Dasjenige, was sie an Bewegungsformen, an Linienhaftem, an Plastischem erleben, das kommt von innen, vom Kopf aus. Alles dasjenige dagegen, was an Tongefüge, was an Sprachinhalt vom Kinde aufgenommen wird, das kommt von außen. Und diesem, was von außen kommt, dem wirkt wieder - aber jetzt etwas später, nämlich um das 14. Jahr herum - das von innen aus sich allmählich entwickelnde geistige Element des Musikalisch-Sprachlichen entgegen. Das schoppt sich jetzt wieder zusammen, beim Weibe im ganzen Organismus, beim Manne mehr in der Kehlkopfgegend, und das bewirkt dort den Stimmwechsel. Das ganze wird also dadurch bewirkt, daß hier ein mehr willensartiges Element von innen sich auslebt im Kampfe gegen ein willensartiges Element, das von außen kommt; und in diesem Kampfe drückt sich aus der Stimmwechsel und was bei der Geschlechtsreife herauskommt. Das ist ein Kampf von inneren musikalisch-sprachlichen Kräften mit äußeren musikalisch-sprachlichen Kräften. - Im wesentlichen wird der Mensch bis zum 7. Jahre mehr von plastischen und weniger von musikalischen Kräften, das heißt, weniger den Organismus durchglühenden musikalischen und sprachlichen Kräften durchsetzt. Vom 7. Jahre ab wird aber im Ätherleib besonders stark das Musikalische und Sprachliche tätig. Dann wendet sich das Ich und der astralische Leib dagegen: ein willensartiges Element von außen kämpft mit einem willensartigen Element von innen, und das kommt in der Geschlechtsreife zum Vorschein. Es ist ja auch nach außen hin manifestiert, daß ein Unterschied zwischen Männlichem und Weiblichem besteht, indem sie die Tonlage anders haben. Nur zum Teil fallen die Höhenlagen der Stimmen beim Mann und bei der Frau übereinander; die Stimme der Frau reicht höher hinauf, die des Mannes geht tiefer, bis zum Baß. Das entspricht ganz genau dem übrigen Bau des Organismus, der sich da herausbildet aus dem Kampfe dieser Kräfte. [GA 302a, S. 28-30, 16.09.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302a.pdf#page=28&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Der (freie) Wille schießt in die Sprache hinein und verursacht beim Mann den Stimmbruch. Bei der Frau ist dieser Vorgang seelischer. GA 334 04.05.1920 Und wiederum hilft uns, um das, was ich meine, zu begreifen, wenn wir die zweite Epoche des menschlichen Lebens, die Epoche vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife mit unbefangenem Auge betrachten. Wir sehen wiederum, wie sich in dem Kinde vom 7. bis 14. Jahre nach und nach gewisse Kräfte herausentwickeln, die ihre Kulmination erleben im 14., 15. Jahre. Wir sehen, wie da zunächst die individuelle Liebe auftaucht, wie alles dasjenige, was mit der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes zusammenhängt, auftaucht. Aber gewöhnlich verfolgen wir nicht, wie ein Geistig-Seelisches vom 7. bis zum 14., 15. Jahre wiederum so arbeitet wie in den ersten sieben Lebensjahren und einen Abschluß findet, so daß es frei wird und gewissermaßen erlöst wird aus der organischen Tätigkeit mit dem 14., 15. Jahre. Wenn wir den Knaben in seiner Entwickelung betrachten, dann finden wir - in einer etwas anderen, hier nicht weiter zu erörternden Weise, mehr seelisch ist es beim weiblichen Geschlecht -, wir finden den Abschluß dieser Lebensepoche in der Umänderung der Stimme, in dem anderen Timbre, den da die Stimme annimmt. Was ist das eigentlich, was da in die Sprache hineingeschossen ist? Beobachtet man unbefangen, so findet man: Es ist der Wille, wie es in den ersten sieben Lebensjahren das Vorstellungsleben war, das sich dann zu einem erinnerungsfähigen Gedanken formt, jetzt ist es der Wille, der in den Organismus hineinschießt, der sich dem Organismus eingliedert und von jetzt ab als freier Wille die Sprache durchdringt, während bis dahin das Kind bis zum 14., 15. Jahre in seiner Sprache nicht frei war, sondern - man kann das nachweisen - unter dem Einflüsse der Umgebung gestanden hat. So daß wir uns sagen können: In der zweiten Lebensepoche ist dasjenige, was später als Wille auftritt, das Organgestaltende. und es tritt, im Jünglingsalter dann, im 17., 18. Jahr bis in die Zwanziger jähre hinein zutage, indem es den Jüngling durchglüht mit Idealen. Es ist frei geworden dasjenige, was gearbeitet hat an dem, was dann als Geschlechtsliebe, als Menschenliebe überhaupt, erscheint. Was da frei geworden ist nach dem 14., 15. Lebensjahr in der Geschlechtsreife, es hat gearbeitet bis zum 7. Jahr; der Wille ist es - erst der Wille, der an das Organ gebunden ist, dann der frei werdende Wille**.** Nimmt man das wiederum auf, und zwar in der Weise, daß man jetzt an den Willen sich wendet und das, was man gewöhnlich eigentlich passiv als Mensch hinnimmt, ins Aktive verwandelt, dann wird man sehen, daß sich eine zweite, besondere geistig-seelische Kraft in der menschlichen Innerlichkeit entwickelt. Man erreicht das dadurch, daß man beobachtet, wie man sich sagen kann: Siehst du auf deinen Lebensweg zurück, so bist du eigentlich von Jahr zu Jahr - das wird weniger bemerkt -, jedenfalls aber von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ein anderer geworden. Das Leben, äußere Verhältnisse, Leiden, Freuden, alles mögliche greift in das Leben ein. Und jeder von Ihnen frage sich, ob er nicht im Laufe der Jahrzehnte ein anderer geworden ist? Das aber hat man nicht in seiner Gewalt. Das Leben schleift einen ab. Das Leben macht einen zu einem anderen. [GA 334, S. 237-238, 04.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga334.pdf#page=237&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Bis 21 unterliegt der Organismus der Schwerkraft, dann wirkt eine Kraft von unten nach oben (im Blut - Eisen! - und im Schreiten), die den Menschen erst zu einem "geschlossenen Wesen" macht. GA 307 09.08.1923 Bis zum einundzwanzigsten Jahre, approximativ natürlich, wie ich ja schon in den letzten Tagen gesagt habe, bis zum einundzwanzigsten Jahre approximativ ist der Mensch noch nicht ein geschlossenes persönliches Wesen, sondern er ist in einer starken Weise hingegeben an die Gravitation, an die Schwerkraft der Erde. Er kämpft mit der Schwerkraft der Erde bis approximativ zum einundzwanzigsten Lebensjahre. Und in dieser Beziehung wird die äußere Wissenschaft noch manche Entdeckungen machen, die heute schon klar sind für jene exakte Clairvoyance, von der ich gestern gesprochen habe. Wir tragen in unserem Blute Eisen in den Blutkörperchen. Diese Blutkörperchen sind im wesentlichen bis zum einundzwanzigsten Jahre hin so, daß sie in ihrer Schwere überwiegen. Vom einundzwanzigsten Jahre ab bekommt der Mensch gewissermaßen von unten herauf einen Gegenstoß, eine Art von Auftrieb seines ganzen Blutes. Der Mensch setzt mit dem einundzwanzigsten Lebensjahre die Sohle seines Fußes anders auf die Erde auf, als das vorher der Fall war. Das weiß man nur heute nicht, aber das ist von einer fundamentalen Wichtigkeit für die ganze Menschenerkenntnis, insofern sich diese in Erziehung offenbaren soll. Es wirkt gewissermaßen mit jedem Fußaufsetzen eine Kraft von unten nach oben im menschlichen Organismus vom einundzwanzigsten Jahre an, die vorher nicht gewirkt hat. Der Mensch wird ein geschlossenes Wesen, das die von oben nach unten strömenden Kräfte paralysiert hat durch die von unten nach oben strömenden Kräfte, während er vorher im wesentlichen alle Kräfte seines Wachstums, seiner Entwickelung, vom Kopfe nach unten strömend hat. [GA 307, S. 85–86, 09.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=85&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Eisenbedarf des Kindes steigt mit der Entwicklung des freien Willens. GA 351 27.10.1923 Nun schauen wir uns das Eisen aber an in unserem eigenen menschlichen Körper. Da ist es sehr merkwürdig, daß der Mensch, wenn er ins Erdenleben hereintritt, dasjenige genießt, was am wenigsten Eisen enthält: die Milch. Die Muttermilch enthält kaum irgend etwas Eisen. So daß wir also sagen können: Der Mensch fängt erst an im Laufe seines Lebens, das Eisen mit der Nahrung in sich aufzunehmen. - Was bedeutet denn das? Ja, meine Herren, wenn Sie das Kind anschauen, so zappelt es ja allerdings viel; es träumt auch schon. Aber das Kind hat noch weder ein willkürliches Denken, noch einen sonstigen freien Willen. In dem Maße, in dem das Kind zu seinem freien Willen kommt, ist es darauf angewiesen, das Eisen in sich aufzunehmen. Sie sehen also daraus, daß das Eisen eigentlich notwendig ist für den freien Willen. [GA 351, S. 100, 27.10.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga351.pdf#page=100&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Loslösung vom Organischen – Unwillentliches und Willentliches in Gehen, Sprechen, Denken. GA 202 19.12.1920 Betrachten wir den Menschen von dem anderen Pol aus, von dem Willenspol. Der Wille, wann tritt er durch unser Handeln uns besonders klar vor das Seelenauge? Nun, wenn wir niesen, so tun wir ja auch etwas sozusagen, aber wir werden nicht in der Lage sein, uns einen besonderen Willensimpuls dabei zuzuschreiben, wenn wir niesen. Wenn wir sprechen, dann tun wir schon etwas, wo in einer gewissen Weise der Wille drinnen liegt. Aber bedenken Sie nur einmal, wie im Sprechen Willentliches und Unwillentliches, Willensgemäßes und Unwillensgemäßes ineinanderlaufen! Sie müssen sprechen lernen und müssen es gerade so lernen, daß Sie nicht mehr jedes einzelne Wort willensgemäß formen müssen, daß gewissermaßen etwas Instinktives hineinkommt in das Sprechen. Für das gewöhnliche Leben ist es wenigstens so, und im Grunde genommen ist es so gerade für diejenigen Menschen, die wenig nach Geistigkeit streben. Schwätzer, die gewissermaßen fortwährend ihren Mund offen haben müssen, um das oder jenes zu sagen, in das nicht viel Gedankliches hineingesandt wird, die lassen den anderen merken - sie selber merken es allerdings nicht -, wieviel Instinktives, Unwillensgemäßes im Sprechen liegt. Aber je mehr wir aus unserem Organischen herausgehen und übergehen zur Tätigkeit, die vom Organischen gewissermaßen losgelöst ist, desto mehr tragen wir in unser Handeln die Gedanken hinein. Das Niesen steckt noch ganz im Organischen drinnen, das Sprechen steckt zum großen Teil im Organischen drinnen, das Gehen schon sehr wenig, dasjenige, was wir mit den Händen vollziehen, auch sehr wenig. Und so geht es allmählich über in immer mehr und mehr vom Organischen in uns losgelöste Handlungen. Diese Handlungen, die verfolgen wir mit unseren Gedanken, wenn wir auch nicht wissen, wie der Wille in diese Handlungen hineinschießt. Und wenn wir nicht gerade Nachtwandler sind und in diesem Zustande uns betätigen, dann werden unsere Handlungen stets von unseren Gedanken begleitet sein. Wir tragen in unser Handeln die Gedanken hinein, und je mehr sich unser Handeln ausbildet, desto mehr tragen wir die Gedanken in unser Handeln hinein. [GA 202, S. 202–203, 19.12.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga202.pdf#page=202&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ### (4b) Erziehung ##### Willenserziehung im Rubikon durch künstlerisch gestalteten Unterricht. GA 297 21.05.1920 Mit etwa dem 9. Jahr löst sich das Ich des Kindes von seiner Umgebung los. Man wirkt im Sinne der Entwicklungskräfte des Kindes, wenn man mehr auf den Willen und das Wesen, als auf die Intellektualität künstlerisch einwirkt. Ein Mittel hierzu ist die Eurythmie, das beseelte Turnen, durch das Willensaktivität, Initiative des Willens geschaffen wird. Willenserziehung ist das höchste Ziel. Man muss alles bildlich an das Kind heranbringen. Der Erzieher muss von einem lebendigen Geistesleben durchdrungen sein, wenn er das Kind durchdringen will. Humor muss mit Ernst im Unterricht abwechseln. Das gibt Rhythmus. Den Humor bringen wir aber nur auf, wenn wir von den Dingen innerlich ergriffen sind. [GA 297, S. 283–284, 21.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=283&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Rhythmus und Takt bilden die Grundlage für die Stärke des Willens. GA 305 21.08.1922 Ist man unmittelbar so darinnen - und ich werde in den nächsten Tagen etwas von den Malereien unserer Kinder in der Waldorfschule zu zeigen haben -, ist man so darinnen, einerseits das bildnerische Element an das Kind heranzubringen, so handelt es sich für uns darum, nun auch möglichst früh das musikalische Element im Unterricht zu verwerten. Denn das musikalische Element, namentlich wenn weniger auf das Inhaltliche der Musik, als auf Rhythmus und Takt, und das Erfühlen von Rhythmus und Takt gesehen wird, wird eine gute Grundlage für die Stärke, für die Energie des Willens geben, namentlich wenn es im Beginne der Elementarschule schon in der richtigen Weise gepflegt wird. Und ich habe in der Einleitung zu der Eurythmievorstellung ja gesagt, daß wir auch die Eurythmie im Kindesunterricht einführen. Davon, gerade von der Eurythmie im Unterrichte, werde ich noch in einem späteren Vortrage zu sprechen haben. Zunächst wollte ich dieses mehr im einzelnen zeigen, wie der erste Unterricht als Erziehung herausgeholt wird auf künstlerische Weise, aus der Natur des Menschen selbst. [GA 305, S. 101, 21.08.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga305.pdf#page=101&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Künstlerischer Unterricht zur Willensstärkung im Übergang zum Rubikon. GA 297 21.05.1920 Zwischen dem 7. und 9. Altersjahr beginnen die geistigen Eigenschaften sich zu entwickeln. Das Kind fängt an, sein Ich deutlich von der Umgebung zu unterscheiden. Aber sein Innenleben ist hingegeben an die Autorität des Erziehers. Es will gläubig emporschauen zu einem erwachsenen Menschen, dessen geistige Sicherheit ihm unfehlbar erscheint; es will glauben und wissen, was er glaubt und weiß, - um seinetwillen. Und es will Mensch werden; aber seine Natur verlangt nicht rein einseitige Hinwirkung auf die intellektuellen Anlagen, sondern eine harmonische Ausbildung aller Kräfte. Darum ist in der Erziehung während dieser Jahre Wert zu legen auf das Künstlerische des Unterrichts, auf Zeichnen, Malen, Musik, und auf die Entwicklung des Willens. Besondere Bedeutung kommt dem Turnen zu, nicht nur seiner physiologischen Wirkungen wegen, sondern weil in seinen rhythmischen Bewegungen der Ausdruck geistig-seelischer Vorgänge stattfindet und weil die Willenserziehung dadurch mächtig gefördert wird. Zur vollen Auswirkung aber kommt alle erzieherische Tätigkeit erst dann, wenn der Lehrer aus einem lebendigen Ergriffensein heraus den Stoff an die Schüler heranbringt. Dann ergibt sich auch die wünschenswerte Individualisierung von selbst. [GA 297, S. 282, 21.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=282&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachahmung geht bis zum 9. Lebensjahr durch "präponderierenden Willen". GA 297 29.12.1920 In der Volksschulzeit ist die Sache so, dass zunächst etwa bis zum neunten Jahre hin noch dasjenige mit der Nachahmung nachwirkt, was der präponderierende Wille ist. [GA 297, S. 264, 29.12.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=264&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Das Kind ist bis in die Sinne hinein ein Willenswesen. GA 304a 14.11.1923 Sehen wir uns das erste Lebensalter des Kindes an. In diesem Alter ist das Kind für eine unbefangene Beobachtung ein bis in die innersten Fasern seines geistigen, seelischen und körperlichen Lebens hinein nachahmendes Wesen, und zwar ein Willenswesen. Man ist zunächst darauf aufmerksam, wie das Kind, wenn es sich entfaltet, nach und nach für diese oder jene Eindrücke der Außenwelt zugänglich wird, wie es immer aufmerksamer und aufmerksamer auf dieses oder jenes wird. Aber wir lassen uns oftmals dadurch blenden, daß wir diese Aufmerksamkeit dem Vorstellungsleben des Kindes zuschreiben. Sie liegt aber beim Kinde gar nicht im Vorstellungsleben. Man findet eigentlich im menschlichen Leben kein Zeitalter, in welchem der Mensch durch innerlichen Instinkt, durch Trieb in bezug auf sein Vorstellungsleben unabhängiger, freier sein möchte, als gerade als Kind in der Zeit bis zum Zahnwechsel. Das Kind möchte eigentlich in dieser Zeit in bezug auf das Vorstellungsleben alles wegschieben und ganz nur seinem Inneren folgen. Dagegen ist der Wille des Kindes bis zu dem Punkt, wo er sich körperlich äußert, daraufhin veranlagt, ganz in der Umgebung aufzugehen. Und wir finden nichts selbstverständlicher, als wenn irgendwelche in körperlichen Bewegungen oder körperlichen Attitüden sich ausdrückende Gewohnheiten der Erwachsenen, die in der Umgebung des Kindes sind, von diesem ganz genau nachgeahmt werden in der Bewegung der Gliedmaßen und so weiter, denn das Kind hat mit allem, was sich in ihm regen will, bis in das Zappeln hinein, das Bestreben, in seinen eigenen Willensäußerungen dasjenige fortzusetzen, was es in seiner Umgebung um sich hat. Das Kind ist in diesem Sinne ganz und gar ein Willenswesen; das geht aber bis in die Sinneswahrnehmung hinein. Und man kann - und das muß man ja, wenn man sachgemäß gerade auf die Erziehungskunst eingehen will - man kann sogar in Beziehung auf die Sinne sehen, wie dieses Kind ein Willenswesen ist. [GA 304a, S. 108–109, 14.11.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=108&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 1.Jahrsiebt: Kind ist ganz Sinnesorgan, in dem der Wille wirkt. GA 306 19.04.1923 ...daß das Kind ja in der ersten Lebensepoche bis zum Zahnwechsel hin ein Sinneswesen war, gewissermaßen ein ganzes Sinnesorgan war; aber ein Sinnesorgan, in dem bei jedem Schritt des Lebens der Wille gewirkt hat. Es kann Ihnen das vielleicht sonderbar erscheinen, daß ich sage: ein Sinnesorgan, in dem der Wille wirkt. Aber das erscheint Ihnen nur sonderbar, weil die heutige Physiologie und dasjenige, was sich als populäre Ansichten aus dieser Physiologie ergeben hat, eben etwas ganz Unzulängliches ist. Heute denkt man gewöhnlich nicht an den Willen, wenn man zum Beispiel ans Auge denkt. Aber auch beim Auge ist es so, daß das Willensartige das innere Bild zustande bringt und nicht etwas anderes. In jedem Sinnesorgan schafft das Willensmäßige das innere Bild. Das Sinnesorgan, passiv, hat zunächst nur die Aufgabe, sich oder den Menschen der Außenwelt zu exponieren, aber es findet in jedem Sinnesorgan eine innere Aktivität statt, und die ist willensartiger Natur. Und dieses Willensartige wirkt beim Kinde intensiv durch den ganzen Leib bis zum Zahnwechsel hin. Dann bleibt noch dieses Willensartige vorhanden. [GA 306, S. 96, 19.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=96&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Kind ist bis zum Zahnwechsel ein Willenswesen, denn es nimmt nicht nur wahr, sondern setzt stets das Wahrgenommene um. Das ist die Nachahmung. GA 304a 19.11.1923 Das Kind ist ja bis zum Zahnwechsel hin Willenswesen, aber ein Willenswesen nicht wie der Mensch im späteren Lebensalter, sondern ein Willenswesen, das zugleich ganz Sinn ist. Natürlich ist das vergleichsweise gesprochen, aber das Kind ist eigentlich, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein umfassend großes Sinnesorgan. Und wie in jedem Sinnesorgan nicht bloß das Wahrnehmungsvermögen lebt, sondern auch der Wille - er lebt nur in den ausgesprochenen Sinnesorganen in einer etwas verborgenen Weise -, so lebt eben in diesem Willensmäßigen des Kindes bis zum Zahnwechsel hin der Wille als Sinnesorgan. Und das Kind nimmt wahr alles, was in seiner Umgebung ist, in einer viel intimeren, zarteren Weise, aber zugleich in einer solchen Weise, daß es innerlich, bis ins innerste Wesen der organischen Bildung überall nachgeahmt wird. Das Kind ist ein feiner Nachahmer. Es ist sehr merkwürdig, aber das Kind reagiert nicht nur auf dasjenige, was es sieht in den Bewegungen der Gliedmaßen bei den Menschen seiner Umgebung - es lernt ja auch die Sprache, indem es nachahmt dasjenige, was es hört -, aber nicht bloß auf diese Dinge schaut es hin und ahmt sie in sich nach, sondern es ahmt sogar Stimmungen nach, ja Gedanken. [GA 304a, S. 127–128, 19.11.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga304a.pdf#page=127&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (5) Vorstellung - Wille ### (5a) Entwicklung ##### Kind bringt Gedankenkräfte aus dem Vorgeburtlichen mit, während die ungeordneten Willenskräfte ganz aus dem irdischen Leib stammen. Letztere werden nach und nach von Gedankenkräften durchdrungen. GA 205 15.07.1921 Dasjenige, was unsere Denkkraft ausmacht, was das ausmacht, daß wir denken können, daß die Möglichkeit des Gedankens in uns ist, das verdanken wir dem Leben vor unserer Geburt beziehungsweise vor unserer Empfängnis. Es ist im Grunde genommen in dem kleinen Kinde, das uns entgegentritt, schon im Keime all die Gedankenfähigkeit vorhanden, die der Mensch überhaupt in sich entwickelt. Das Kind verwendet die Gedanken nur - Sie wissen das aus Vorträgen, die ich schon gehalten habe - als Richtkräfte zum Aufbauen seines Leibes. Namentlich in den ersten sieben Lebensjahren, bis zum Zahnwechsel hin, verwendet das Kind die Gedankenkräfte zum Aufbau seines Leibes als Richtkräfte. Dann kommen sie immer mehr und mehr als eigentliche Gedankenkräfte heraus. Aber sie sind eben als Gedankenkräfte durchaus veranlagt im Menschen, wenn er das physische, das irdische Leben betritt. Dasjenige, was als Willenskräfte sich entwickelt - eine unbefangene Beobachtung ergibt das ohne weiteres ~, das ist beim Kinde eigentlich wenig mit dieser Gedankenkraft verbunden. Beobachten Sie nur das zappelnde, sich bewegende Kind in den ersten Lebenswochen, dann werden Sie sich schon sagen: Dieses Zappelnde, dieses chaotisch Sich-Bewegende, das ist von dem Kinde erst erworben dadurch, daß seine Seele und sein Geist von der physischen Außenwelt her mit physischer Leiblichkeit umkleidet worden sind. In dieser physischen Leiblichkeit, die wir erst nach und nach entwickeln seit der Konzeption und seit der Geburt, da liegt zunächst der Wille, und es besteht ja die Entwickelung des kindlichen Lebens darinnen, daß allmählich der Wille gewissermaßen eingefangen wird von den Denkkräften, die wir schon durch die Geburt ins physische Dasein mitbringen. Beobachten Sie nur, wie das Kind zunächst ganz sinnlos, wie es eben aus der Regsamkeit des physischen Leibes herauskommt, seine Glieder bewegt, und wie nach und nach, ich möchte sagen, der Gedanke hineinschlägt in diese Bewegungen, so daß sie sinnvoll werden. Es ist also ein Hineinpressen, ein Hineinstoßen des Denkens in das Willensleben, das ganz und gar in der Hülle, die den Menschen umgibt, lebt, wenn er geboren beziehungsweise wenn er empfangen wird. Es ist dieses Willensleben ganz und gar darinnen enthalten. [GA 205, S. 190–191, 15.07.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga205.pdf#page=190&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Nachdem die Willenskräfte durch die Kehlkopforganisation (bei den Männern) gegangen sind und in der Hauptesorganisation wirken, können Vorstellung und Wille nach der Geschlechtsreife zusammenwirken. GA 201 01.05.1920 Nun würde beginnen oder würde sich besonders zeigen müssen, wenn wir über das siebente, achte Lebensjahr hinauswachsen, wie der Wille, der wesentlich an den anderen Menschen, nicht an den Hauptesmenschen gebunden ist, ins Haupt hineinschießen würde. Das würde aber nicht ohne weiteres gehen. Denn unser Haupt, das eigentlich organisiert ist auf das Außerirdische, würde jene starken Kräfte, die von unserem Stoffwechsel aus als Willensträger in das Haupt hineinschießen wollen, nicht ohne weiteres aufnehmen können. Diese Kräfte müssen sich zuerst stauen (der untere Bogen wird gezeichnet). Diese Kräfte müssen zuerst haltmachen, bevor sie genügend filtriert, genügend verdünnt, verseelt sind, um im Haupte sich geltend machen zu können. Und diese Etappe machen diese Kräfte durch am Ende des zweiten Lebensjahrsiebents, wenn sich die Kräfte des Willens in der Kehlkopforganisation stauen, wenn sie so in dem Menschen aufschießen, daß sie sich sogar in der männlichen Organisation - in der weiblichen zeigt sich das etwas anders - in der Umwandelung der Stimme geltend machen. Das sind die Willenskräfte, die, bevor sie zum Haupte schießen, Halt machen, so daß wir sagen: am Ende unseres zweiten Lebensjahrsiebents stauen sich die Willenskräfte in unserer Sprachorganisation. Dann sind sie genügend filtriert, genügend verseelt, um nun sich in unserer Hauptesorganisation geltend machen zu können. Dann sind wir so weit, wenn wir geschlechtsreif geworden sind und auch dasjenige haben, was der Geschlechtsreife parallel geht, die Umwandelung des Sprechens, dann sind wir so weit, daß durch unser Haupt zusammenwirken können in unserem irdischen Menschen Vorstellung und Wille. [GA 201, S. 150, 01.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga201.pdf#page=150&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Vorstellungskräfte des Kopfes (aus letzter Inkarnation) werden von Willenskräften des Körpers durchdrungen. GA 201 01.05.1920 Wenn wir fragen nach der Qualität der Kräfte, die von Kindheit an immer mehr und mehr von dem übrigen Organismus in das Haupt hineingeleitet werden, so müssen wir, indem wir diese Kräfte seelisch charakterisieren, sie namentlich in den Willenskräften suchen. Der übrige Organismus durchtränkt fortwährend das Vorstellungsmäßige unseres Hauptes mit den Willenskräften. So daß wir schematisch etwa sagen können: Das Haupt bekommen wir als Ergebnis der vorigen Inkarnation, als Vorstellungsträger; aber die Willenskräfte werden von der übrigen Organisation hineingesendet. [GA 201, S. 149, 01.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga201.pdf#page=149&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Zahnwechsel durch Gedankenkraft, Willenskräfte regeln Wachstum bis zur Geschlechtsreife. Der Wille staut sich im Stimmorgan. GA 335 10.06.1920 Ein zweites Lebensereignis, auf das ich aufmerksam machen will, ist die Geschlechtsreife. Und ebensoviel, wie von der Geburt in den Jahren bis zum Zahnwechsel vorgeht, geht vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife vor. Und wenn man nun hinschaut wiederum von demselben geisteswissenschaftlichen Standpunkte aus auf dasjenige, was da zur Geschlechtsreife hinwirkt und in der Geschlechtsreife wiederum seinen Kulminationspunkt erreicht, so muß man sich fragen: Was ist denn das eigentlich? - Geradeso wie die Gedankenkraft im Leibe wirkt und die Zähne, wenn ich mich trivial ausdrücken darf, hinausstößt, so wirkt - das zeigt die Geisteswissenschaft, ich kann es hier nur skizzenhaft anführen -, so wirkt im Menschen bis zum fünfzehnten Jahr der Wille. Der Wille wirkt organisch bildend. Er wirkt so, daß er die Wachstumsverhältnisse, die inneren organischen Verhältnisse beherrscht. Dann findet dieses innerliche organische Wirken des Willens einen gewissen Abschluß, so wie das Gedankenwirken beim Erscheinen des Zahnwechsels. Und das, was da seinen Abschluß findet, das tritt in der äußeren Bildung des Menschen in der Geschlechtsreife auf. Die Willenskräfte wurzeln nicht im Kopfe des Menschen, sondern in der ganzen Wesenheit des Menschen. Die Willenskräfte sind es, die des Menschen Wachstumskräfte regeln bis zur Geschlechtsreife. Dann stauen sie sich. Sie haben gewissermaßen die Tendenz, bis in die Bildung des Hauptes hineinzuziehen. Diese Willenskräfte schossen auch schon vor der Geschlechtsreife herein, sie waren innerlich organisch tätig am ganzen Menschen; mit der Geschlechtsreife stauen sie sich. Sie stauen sich, indem sie ihren Abschluß finden, in dem menschlichen Stimmorgan, was zunächst der intimste Ausfluß des menschlichen Willens ist, geradeso wie die anderen Kräfte sich stauen in der Zahnbildung. Sie stauen sich unterhalb des Kopfes - der Kopf, das Organ der eigentlichen intellektualistischen Menschenwesenheit wird ausgenommen. Die Willenskräfte stauen sich, und diese Stauung kommt bei der männlichen Natur sogar in der Umwandlung der Stimme durch den Kehlkopf zum Ausdruck, bei der weiblichen Natur etwas anders. Darin liegt ein Freiwerden jener Willenskräfte, die sich nun mit der Außenwelt in der Erfahrung und im Leben auseinandersetzen sollen - jener Willenskräfte, die bis dahin innerlich im Menschenkörper als Seelisch-Geistiges gewirkt haben. Es ist geradeso wie bei den Gedankenkräften, die den Zahnwechsel zuletzt hervorgetrieben haben und dann emanzipiert in ihrer eigentlichen Gestalt als Gedankenkräfte erscheinen. [GA 335, S. 168-169, 10.06.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga335.pdf#page=168&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Zahnwechsel und Geschlechtsreife sind umgekehrte Vorgänge: die Geschlechtsreife markiert das Eindringen des Astralischen ins Körperliche/in den unteren Menschen, der Zahnwechsel markiert das Freiwerden des Ätherischen vom Körperlichen/aus dem Kopf. GA 076 07.04.1921 Wenn man nun dasjenige wiederum betrachtet, was im Stadium der Geschlechtsreife eintritt, dann wird man sich sagen müssen: Da sehen wir in gewissem Sinne den umgekehrten Vorgang von dem, der beim Zahnwechsel sich abgespielt hat. Wir sehen, wie das, was als Begehrungsvermögen im Menschen spielt, was der instinktive Charakter seines Willens ist, den Organismus in einer Weise ergreift, wie es ihn früher nicht ergriffen hat. Indem man wiederum den ganzen breiten Tatsachenkomplex, der damit ins Auge gefaßt wird, formelhaft zusammenfaßt, kommt es dazu, daß man sagt: dasjenige, in dem namentlich die Begierdenatur schlummert, der astralische Leib des Menschen wird frei, wenn die Geschlechtsreife eintritt. Er ist es, der sich nun - wenn ich mich so ausdrücken darf - als frei in den physischen Organismus hineinsenkt, diesen ergreift, durchsetzt und so die Begierde körperhaft macht, was in dem Geschlechtsreifwerden seinen Ausdruck findet. Nun, was ergibt aber die sachgemäße Vergleichung dieser beiden Vorgänge? Wir sehen gewissermaßen, wenn der Zahnwechsel eintritt, ein Freiwerden des ätherischen Leibes des Menschen. Wie drückt sich das, was da geschieht, eigentlich aus? Es drückt sich so aus, daß der Mensch dadurch fähig wird, die Begriffsbildung, überhaupt das Bewegen im Vorstellungsleben, das früher mehr an seinen ganzen Organismus gebunden war, gebunden an die Kopforganisation weiter auszuführen. Gewissermaßen sehen wir - und Geisteswissenschaft sieht es nicht nur gewissermaßen, sondern in seiner Wirklichkeit -, daß das Ätherische, was wir dem Menschen als Ätherleib zuschreiben, sich mit dem Zahnwechsel zurückzieht auf dasjenige, was nur noch im Rhythmischen des menschlichen Organismus und im Stoffwechsel-Gliedmaßenorganismus lebt, und daß es an der Ausgestaltung des Hauptes, an der plastischen Gestaltung des Hauptes eine freie Tätigkeit entwickelt, an der das Bewußtseinsleben des Menschen im Vorstellen teilnimmt. Es wird gewissermaßen die Kopforganisation in dieser Zeit freigelegt. Und wenn ich mich bildhaft ausdrücken darf über eine Wirklichkeit, die durchaus besteht, so muß ich sagen, was in den zweiten Zähnen aus der ganzen Organisation des Menschen sich an die Oberfläche treibt, das ist dasjenige seelisch-geistige Wirken, das vorher die ganze Körperorganisation durchzieht und dann frei wird. Vorher durchzog es den ganzen Menschen bis in das Haupt hinein. Es zieht sich allmählich vom Haupte zurück; und es zeigt, wie es sich zurückzieht, indem es sein Nicht-mehr-bis-zum-Haupte-Wirken dadurch offenbart, daß es haltmacht und die zweiten Zähne hervorbringt. [GA 076, S. 131–133, 07.04.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga076.pdf#page=131&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Das Urteil ist das Zusammenfließen von Vorstellung und Wille. GA 205 08.07.1921 Nun ist es so, daß mit all der Organisation, die des Menschen Kopforganisation ist, der Mensch bloß zu Bildern käme. Es ist ein allgemeines physiologisches Vorurteil, daß wir zum Beispiel mit dem Kopf auch urteilen und schließen. Nein, wir stellen mit dem Kopf bloß vor. Wenn wir den Kopf bloß hätten und der übrige Leib wäre untätig für unser Vorstellungsleben, dann würden wir wachende Träumer sein. Der Kopf hat nämlich nur das Vermögen, wachend zu träumen. Und wenn wir auf dem Umwege über den Kopf am Morgen wieder zurückkehren in unseren Leib, indem wir den Kopf passieren, kommen uns die Träume ins Bewußtsein. Erst wenn wir tiefer in unseren Leib wieder eindringen, wenn sich der Wille nicht nur dem Kopf, sondern der übrigen Organisation wiederum anpaßt, erst dann ist dieser Wille wieder in der Lage, Logik in die sonst bildhaft ineinanderwurlenden Bilderkräfte hineinzubringen. Das führt Sie dann zu etwas, was ich auch schon in den verflossenen Vorträgen vorgebracht habe. Man muß sich klar sein darüber, daß der Mensch vorstellt mit dem Haupte und daß er in Wirklichkeit urteilt, so sonderbar und paradox es klingt, mit den Beinen und auch mit den Händen, und dann auch wiederum schließt mit den Beinen und Händen. So entsteht, was wir einen Schluß, ein Urteil nennen. Wenn wir vorstellen, ist es nur das Bild, das in den Kopf zurückgestrahlt wird, urteilend und schließend sind wir als ganzer Mensch, nicht bloß als Kopfmensch. Dagegen kommt natürlich nicht auf, daß, wenn irgendein Mensch verstümmelt ist, er dann etwa nicht urteilen und schließen könne oder dürfe, denn es kommt darauf an, wie die Dinge veranlagt sind bei solchen, denen gewissermaßen zufällig das eine oder andere Glied fehlt. Gelernt muß werden, das, was der Mensch geistig-seelisch ist, in Zusammenhang zu bringen mit dem ganzen Menschen, sich klarzuwerden darüber, daß wir Logik in unser Vorstellungsleben hineinbringen aus denselben Regionen heraus, die wir gar nicht mit dem gewöhnlichen Bewußtsein erreichen, die von dem Gefühlswesen und dem Willenswesen eingenommen werden. Unser Urteilen und unser Schließen geschieht aus denselben Schlafregionen unseres eigenen Inneren heraus, aus dem unser Fühlen und unser Wollen heraustönt. [GA 205, S. 148-149, 08.07.1921](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga205.pdf#page=148&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Plastische Kräfte, die zur Ausbildung der zweiten Zähne geführt haben, metamorphosieren sich im 2. Jahrsiebt zu seelischen Kräften. GA 036 16.09.1922 Man sehe auf das Kind hin. Es entwickelt um das siebente Lebensjahr herum seine zweiten Zähne. Diese Entwicklung ist nicht das Werk bloß des Zeitabschnittes um das siebente Jahr herum. Sie ist ein Geschehen, das mit der Embryonalentwickelung beginnt und im zweiten Zahnen nur den Abschluß findet. Es waren immer schon Kräfte in dem kindlichen Organismus tätig, welche auf einer gewissen Stufe der Entwickelung die zweiten Zähne zur Entwickelung bringen. Diese Kräfte offenbaren sich in dieser Art in den folgenden Lebensabschnitten nicht mehr. Weitere Zahnbildungen finden nicht statt. Aber die entsprechenden Kräfte haben sich nicht verloren; sie wirken weiter; sie haben sich bloß umgewandelt. Sie haben eine Metamorphose durchgemacht. Es finden sich noch andere Kräfte im kindlichen Organismus, die in ähnlicher Art eine Metamorphose durchmachen. Betrachtet man in dieser Art den kindlichen Organismus in seiner Entfaltung, so kommt man darauf, daß die Kräfte, um die es sich da handelt, vor dem Zahnwechsel in dem physischen Organismus tätig sind. Sie sind untergetaucht in die Ernährungs- und Wachstumsprozesse. Sie leben in ungetrennter Einheit mit dem Körperlichen. Um das siebente Lebensjahr herum machen sie sich von dem Körper unabhängig. Sie leben als seelische Kräfte weiter. Wir finden sie in dem älteren Kinde tätig im Fühlen, im Denken. [GA 036, S. 285–286, 16.09.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga036.pdf#page=285&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ### (5b) Erziehung ##### Bildliche Sprache kommt noch aus dem Vorgeburtlichen. Das Kind über die Kraft der Imagination lehren stärkt/wirkt in das Physische und auf den ganzen Menschen. GA 293 22.08.1919 Wirken Sie besonders auf die Vorstellungsbildung, wirken Sie einseitig auf die Vorstellungsbildung, so weisen Sie eigentlich den ganzen Menschen auf das Vorgeburtliche zurück, und Sie werden ihm schaden, wenn Sie ihn rationalistisch erziehen, weil Sie dann seinen Willen einspannen in das, was er eigentlich schon absolviert hat: in das Vorgeburtliche. Sie dürfen nicht zuviel abstrakte Begriffe in das einmischen, was Sie in der Erziehung an das Kind heranbringen. Sie müssen mehr Bilder darin einmischen. Warum? Das können Sie an unserer Zusammenstellung ablesen. Bilder sind Imaginationen, gehen durch die Phantasie und Sympathie. Begriffe, abstrakte Begriffe, sind Abstraktionen, gehen durch das Gedächtnis und durch die Antipathie, kommen vom vorgeburtlichen Leben. Wenn Sie also beim Kinde viele Abstraktionen anwenden, werden Sie fördern, daß das Kind sich besonders intensiv verlegen muß auf den Prozeß des Kohlensäurewerdens, Kohlensäurebildens im Blute, auf den Prozeß der Leibesverhärtung, des Absterbens. Wenn Sie dem Kinde möglichst viele Imaginationen beibringen, wenn Sie es möglichst so ausbilden, daß Sie in Bildern zu ihm sprechen, dann legen Sie in das Kind den Keim zum fortwährenden Sauerstoffbewahren, zum fortwährenden Werden, weil Sie es auf die Zukunft, auf das Nachtodliche hinweisen Wir nehmen gewissermaßen, indem wir erziehen, die Tätigkeiten, die vor der Geburt mit uns Menschen ausgeübt werden, wieder auf. Wir müssen uns heute gestehen: Vorstellen ist eine Bildtätigkeit, die herrührt von dem, was wir vor der Geburt oder Empfängnis erlebt haben. Da ist mit uns von den geistigen Mächten so verfahren worden, daß Bildtätigkeit in uns gelegt wurde, die in uns nachwirkt noch nach der Geburt. Indem wir den Kindern Bilder überliefern, fangen wir im Erziehen damit an, diese kosmische Tätigkeit wieder aufzunehmen. Wir verpflanzen in sie Bilder, die zu Keimen werden können, weil wir sie hineinlegen in eine Leibestätigkeit. Wir müssen daher, indem wir uns als Pädagogen die Fähigkeit aneignen, in Bildern zu wirken, das fortwährende Gefühl haben: du wirkst auf den ganzen Menschen, eine Resonanz des ganzen Menschen ist da, wenn du in Bildern wirkst. Dieses in das eigene Gefühl aufnehmen, daß man in aller Erziehung eine Art Fortsetzung der vorgeburtlichen übersinnlichen Tätigkeit bewirkt, dies gibt allem Erziehen die nötige Weihe, und ohne diese Weihe kann man überhaupt nicht erziehen. [GA 293, S. 43–44, 22.08.1919](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga293.pdf#page=41&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Grundfrage der Erziehung: Wie bringen wir das sich im Kopfe emanzipierende Denken mit dem in den Gliedern sich emanzipierenden Willen in die richtige Harmonie? GA 307 09.08.1923 Menschenwesengemäß ist allein die Frage: Wie bringen wir das sich im Kopfe emanzipierende Denken mit dem in den Gliedern sich emanzipierenden Willen in die richtige Harmonie? - Weder einseitig auf das Denken, noch einseitig auf den Willen, sondern allseitig auf den ganzen Menschen müssen wir hinblicken, wenn wir Erzieher werden wollen. [GA 307, S. 90, 09.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=90&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Erziehung müßte den Willen, der mit 21 (von unten nach oben wirkend) frei wird, mit den Denken "zusammenschalten", das mit 7 (von oben nach unten) frei wird. GA 307 09.08.1923 ... die Erziehung bestehen müßte in der Zusammenschaltung des Willens, der erst mit dem zwanzigsten Lebensjahre voll emanzipiert als seelische Eigenschaft erscheint, mit dem Denken, das schon im siebenten Jahre erscheint. [GA 307, S. 89, 09.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=89&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### 2.Jahrsiebt: Willensartiges schießt in den Körper hinein; den Willen allmählich in den Intellekt hineinarbeiten. GA 301 20.04.1920 Wir sehen da, was das eigentlich Seelische des Menschen ist. Es lebt im werdenden Kinde so, daß, wenn das Kind nun zur Volksschule kommt und gerade unter dem Einflüsse der Kräfte des Zahnwechsels steht, das Intellektuelle noch gar nicht herauskommt; aber das Willensartige schießt während der Volksschulzeit von Woche zu Woche, von Monat zu Monat in das Leibliche hinein, in dem es sich lokalisiert. Weiß man dies, so wird man im Volksschullehrplan dasjenige drinnen haben, was in der richtigen Richtung liegt, so daß es dieses Hineingestalten des Willens in den Intellekt fördert. Wenn man so versteht, was Wille, was Intellekt ist, und auch beobachten kann, wie bei manchem Kinde von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr der Wille, der sich lokalisiert im Sprechen, der Intellekt, der sich zurückgezogen hat in das Geistig-Seelische, zusammenwirken, erst dann versteht man, was man da zur leiblichen und seelischen Erziehung und zum Unterricht des Kindes tun muß; erst dann betrachtet man die Pädagogik als Kunst und erkennt, wie man erst das Material, die Menschennatur, verstehen muß. Wie der Bildhauer Ton oder Erz hat und dieses bearbeiten muß, wie man die Farben und so weiter bearbeiten muß, so muß der pädagogische Künstler verstehen, wie man den Willen hineinarbeitet in den Intellekt, wie man wirkt, um die richtige Ineinanderfügung, die richtige künstlerische plastische Gestaltung des Intellektes, der sich bis zum 7. Jahre geboren hat, durch den Willen vorzunehmen, der sich unter den Händen des Volksschullehrers entwickelt bis zur Geschlechtsreife hin. [GA 301, S. 25, 20.04.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=25&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## (6) Denken ##### Leibbildende Ätherkräfte im 1. Jahrsiebt sind "Vorstellungskräfte". GA 301 06.05.1920 Ich mußte ja darauf aufmerksam machen, wie dieselben Kräfte, die mit dem 7. Jahre, also mit der Volksschulzeit auftreten als Erinnerungskräfte, Gedankenkräfte und so weiter, gearbeitet haben am menschlichen Organismus bis zum 7. Jahre, so daß der stärkste Ausdruck dieses Arbeitens das Erscheinen der zweiten Zähne ist. Gewissermaßen im Organismus arbeiten die Kräfte, um die es sich später handelt in der Volksschulzeit, als Vorstellungskräfte; im Organismus wirken sie in der menschlichen Natur verborgen; dann werden sie befreit, werden selbständig, und diese Kräfte, die da selbständig werden, die nennen wir die Kräfte des Ätherleibes. [GA 301, S. 168–169, 06.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=168&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Zahnwechsel und Metamorphose der leibbildenden Kräfte zu Vorstellungskräften. GA 301 20.04.1920 Sie sehen aus dem eben Gesagten, daß zunächst dieses Kräften im Körper, das gewissermaßen wie in einer Kulmination in dem Hervorgehen der zweiten Zähne gipfelt, parallel geht mit dem Festsetzen derjenigen Kräfte in der Seele, welche die Vorstellungen, die sonst vergessen werden, umformen in festgestaltete Begriffe, die dann bleiben, die ein Schatz in der menschlichen Seele werden. ... Sehen wir denn nicht, wie die Seele, die vorstellende Seele in dem Zahnbilden arbeitet? - Und wenn das Zahnbilden, das heißt die Verwendung gewisser seelischer Kräfte in der vorstellenden Seele erschöpft ist, nachdem die Zähne herausgekommen sind, da machen sich diese selben Kräfte seelisch geltend. [GA 301, S. 19, 20.04.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga301.pdf#page=19&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Imaginative Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen Zahnwechsel und Denken durch inneres Mitgestalten der Zähne. GA 307 08.08.1923 Ich habe Ihnen an einem Beispiel, zwar vielleicht an dem groteskesten Beispiel, an den Zähnen, gezeigt, wie wir vom Geiste aus den Menschen erfassen. Nun wird allmählich, wenn wir so verfahren, das Denken nicht mehr jenes abstrakte Schwimmen in Ideen, die sich assoziieren, sondern das Denken verbindet sich mit dem Menschen, geht zum Menschen hin, und wir haben nicht mehr ein bloß Physisches im Menschen, das Beißen der Zähne, oder höchstens das Sich-Bewegen beim Sprechen bei den Zahnlauten, sondern wir haben in den Zähnen ein äußerliches Bild, eine naturhafte Imagination des Denkens. Das Denken schießt gewissermaßen hin und zeigt sich uns an den Zähnen: Seht ihr, da habt ihr meine äußere Physiognomie! Wenn der Mensch sich zu den Zähnen hin entwickelt, wird dasjenige, was sonst abstraktes, nebuloses Denken ist, bildhaft gestaltet. Man sieht wiederum, da wo die Zähne sind, wie das Denken im Haupte arbeitet: man sieht dann wiederum, wie das Denken sich da entwickelt von den ersten zu den zweiten Zähnen. Das ganze bekommt wieder gestaltende Grenzen. Der Geist fängt an, bildhaft in der Natur selber aufzutreten. Der Geist wird wieder schaffend. Wir brauchen nicht bloß diejenige Anthropologie, die heute den Menschen ganz äußerlich betrachtet und ihn innerlich so assoziiert, wie wir heute die Ideen in ihren Eigentümlichkeiten assoziieren. Wir brauchen ein Denken, das sich nicht scheut, bis zum Innerlichen vorzudringen, das sich nicht geniert zu sagen, wie der Geist Zähne wird, wie der Geist in den Zähnen wirkt. Das ist dasjenige, was wir brauchen; dann durchdringen wir vom Geist aus den Menschen. Da beginnt etwas Künstlerisches. Da muß man überführen die abstrakte, theoretische, unpraktische Betrachtungsweise, die nur den skelettdenkenden Menschen gibt, in das Bildhafte. Da schwimmt hinüber die theoretische Betrachtungsweise in das künstlerische Anschauen, in das künstlerische Gestalten. Man muß zugleich die Zähne gestalten, wenn man den Geist da innen wirksam sehen will. Da beginnt das Künstlerische Leiter zu sein zu der ersten exakten clairvoyanten Stufe, zu der Stufe der imaginativen Erkenntnis. Da erfassen wir dann den Menschen in seiner Wirklichkeit. Wir haben ja heute, indem wir den Menschen denken, bloß den Menschen in Abstraktion. [GA 307, S. 77–78, 08.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=77&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Mit Abschluss des Zahnwechsels nehmen Vorstellungen klare Konturen an. GA 334 04.05.1920 Und was tritt dann auf bei dem Kinde, wenn der Zahnwechsel abgeschlossen ist? Das tritt auf - jeder kann das, indem er sich an sein eigenes Leben zurückerinnert, klar und deutlich bemerken -, daß dann bei dem Kinde die Vorstellungen, die vorher in einer gewissen Weise flüchtige waren, die kamen und gingen, die chaotisch waren, daß diese Vorstellungen sich in strengere Konturen formen, daß sie sich so fest gestalten, daß sie gewissermaßen kristallisieren, um dann zu bleibenden Erinnerungen zu werden. Das Erinnerungsvermögen tritt allerdings bei manchen Menschen schon früher auf, aber die festumrissene Erinnerung, die zu Gedanken gestalteten Erinnerungen, die treten dann auf. Und wer dann diese Vorstellungsreihe verfolgt, der wird nicht umhin können, sich zu sagen: Ja, das ist ja dieselbe Tätigkeit; bis zum Zahnwechsel hin war eine geistig-seelische Tätigkeit, um die Zähne herauszutreiben. Diese geistig-seelische Tätigkeit wirkte im Organismus. Jetzt hat sie ihre Tätigkeit, ihr Feld abgeschlossen. Jetzt tritt sie als geistig-seelische Tätigkeit selber auf. Die festumrissenen Gedanken, die Gedanken, die der Erinnerung mächtig sind, diese Gedanken treten jetzt auf. Was haben sie früher getan? Sie waren es, die im Organismus gearbeitet haben, um die Zähne herauszuarbeiten; dieselbe Tätigkeit, die später im Denken und im Erinnern lebt, lebte im Organismus, war dort tätig, um die Zähne herauszutreiben. Es ist gewissermaßen eine organische Tätigkeit, metamorphosiert, umgewandelt zu einer geistig-seelischen Tätigkeit. Und als solche geistig-seelische Tätigkeit lebt sie nun weiter im Menschen. [GA 334, S. 232–233, 04.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga334.pdf#page=232&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Mit der Geschlechtsreife tritt eine neue Seelenorientierung in Erscheinung: Kenntnis wird zu Erkenntnis. GA 302a 21.06.1922 Es ist notwendig, daß bei diesem Übergang, den wir natürlich jetzt viel gründlicher werden ins Auge fassen müssen, als das im vorigen Jahre geschehen ist, es wirklich ganz ernst genommen wird, daß von einer bestimmten Seelenorientierung zu einer anderen Seelenorientierung beim Menschen der Übergang gefunden werden muß. Bis zu der Geschlechtsreife ist der Mensch durchaus so orientiert in seiner Seele, daß er vor allen Dingen die größte Wohltat empfängt, wenn man beim Erziehen und Unterrichten möglichst viel auf das Bild sieht; wenn man versucht, alles dasjenige, was man heranbringt an den jungen Menschen, ins Bild zu bringen. Das bezieht sich auf jeden einzelnen Unterrichts- und Erziehungszweig. Es kann zum Beispiel durchaus dasjenige, was man, sagen wir, aus der Geschichte gibt, ins Bild gebracht werden, wenn man vor allen Dingen die Geschichte mit der Absicht in der Schule vorbringt, daß die Kinder deutliche Vorstellungen haben von demjenigen, was geschehen ist, was einzelne Menschen getan haben, wie sich, sagen wir, gewisse Erfindungen oder Entdeckungen in den Entwickelungsgang der Menschheit hineingestellt haben. Je mehr es einem gelingt, das plastische oder musikalische Bild herauszuarbeiten, desto mehr kommt man dem entgegen, was das kindliche Gemüt in diesem Lebensalter braucht. Es gibt keinen Unterrichtszweig, der nicht auf dieses Rücksicht nehmen könnte. Es handelt sich überall nur darum, wie man dies macht. Dann aber ist zu berücksichtigen, daß nun der Übergang, den ich etwa kurz damit kennzeichnen möchte, daß ich sage, das Kind findet den Übergang von der Kenntnis zur Erkenntnis - es ist charakteristisch, daß dieser Übergang von der Kenntnis zur Erkenntnis eigentlich mit einer großen Schroffheit geschieht -, daß man daher durchaus, gerade wenn man von der einen Unterrichtsstufe, die bei uns in der 9. Klasse liegt, zur Unterrichtsstufe, die bei uns in der 10. Klasse liegt, herauf rückt, dann berücksichtigen muß, daß weitaus die meisten Kinder, sich selber unbewußt, diesen Übergang von der Kenntnis zur Erkenntnis durchaus durchmachen. Es beginnt dann nämlich der Drang der Menschenseele, dasjenige, was an sie herankommt, in der Urteilsform zu verarbeiten. [GA 302a, S. 73–74, 21.06.1922](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga302a.pdf#page=73&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Denkenlernen beim kleinen Kind ist abgestimmt auf das Erfassen der äußeren Naturwesen und Naturvorgänge. GA 306 16.04.1923 Nun muß man aber weiter eindringen in diese drei wichtigen Entwickelungsvorgänge beim Kinde. Das Denken, das am spätesten gelernt wird oder wenigstens werden soll, das Denken wirkt sich beim Menschen so aus, daß er eigentlich im Denken immer nur etwas hat wie Spiegelbilder der äußeren Naturwesen und äußeren Naturvorgänge. Sie wissen ja schon, daß dasjenige, was der Mensch dann in seinem Leben zum Beispiel als moralische Impulse aufnimmt, nicht aus dem Denken kommt; das kommt aus jenem Kräftesystem, sagen wir des inneren Menschen, das wir als Gewissen bezeichnen. Wir werden später vom Gewissen noch zu sprechen haben. Es kommt jedenfalls aus seelischen Tiefen herauf und erfüllt erst das Denken aus seelischen Tiefen heraus; während das Denken, das wir uns als Kind aneignen, ganz deutlich zeigt, wie es eigentlich nur abgestimmt ist auf das Erfassen der äußeren Naturwesen und äußeren Naturvorgänge, wie es bloß Bilder liefern will von Naturwesen und Naturvorgängen. [GA 306, S. 37, 16.04.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga306.pdf#page=37&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Die Vorstellung formt sich ab Beginn des 2. JS so, dass sie in das Erinnerungsvermögen aufgenommen werden kann. GA 297 21.05.1920 Greifen wir etwas anderes heraus. Wenn das Kind mit dem siebenten Jahre die zweiten Zähne bekommt, so bedeutet das zugleich einen inneren organischen Abschnitt. Wenn man gelernt hat, die geistig-seelischen Kräfte zu beobachten, so lernt man erkennen, wie die Kräfte hier zu einem Übergangspunkt gekommen sind (Metamorphosengesetz von Goethe). In diesem Jahre beginnen sich beim Kinde die menschlichen Vorstellungen so zu formen, daß sie vom Erinnerungsvermögen aufgenommen werden können. Die Kräfte lösen sich los vom Organismus, werden seelisch-geistig und erscheinen als gesonderte Vorstellungskraft. Diese Beobachtungen sind so sicher fundiert wie chemische Beobachtungen. [GA 297, S. 193, 21.05.1920](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga297.pdf#page=193&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Abdrücke des Denkens im physischen Leib. GA 064 16.04.1915 Was spezifisch im Gehirn zu finden ist, wird man von der Seelentätigkeit ableiten können, wie man die Fußstapfen auf der Erde von den Füßen ableiten kann. Wie ein Zusammenhang zwischen Gehen und Fußstapfen nicht sein könnte ohne festen Boden, so ist es mit allem, was verrichtet wird im physischen Leib. Von allem, was der Mensch denkt und will, findet sich ein Abdruck im Nervensystem in der physischen Leiblichkeit; aber es geht nicht daraus hervor, so wenig wie die Fußstapfen aus der Erde hervorgehen. Man braucht den physischen Leib als Widerstandsfläche, wie man die feste Erde zum Gehen braucht. Daher ist es selbstverständlich, daß man Abdrücke finden muß. Es ist ein wissenschaftlich berechtigtes Bemühen, sie zu finden; aber es ist unwissenschaftlich, das aus dem Leiblichen herausholen zu wollen, was durch das Geistige hineingedrückt ist. Insofern ist die Liebmannsche Behauptung falsch. Der Abdruck ist nur die Begleiterscheinung des Seelisch-Geistigen. [GA 064, S. 441, 16.04.1915](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga064.pdf#page=441&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ##### Kindliches Denken im 2. JS war bis zum Zahnwechsel organbildende Kraft, mit dem Zahnwechsel ist das physische Wirken der Bildekraft abgeschlossen und sie wird zu seelischem Wirken. GA 307 08.08.1923 Was uns da als seelische Eigenschaften, namentlich als das kindliche Denken zwischen dem siebenten und vierzehnten Lebensjahre erscheint, das war bis zum siebenten Jahre Organkraft. Das wirkte im Organismus, im physischen Organismus, trieb die Zähne heraus und erlangte im Zahnwechsel seinen Abschluß im physischen Wirken und verwandelt sich, transformiert sich in seelisches Wirken. [GA 307, S. 74, 08.08.1923](https://akanthosakademie.files.wordpress.com/2023/06/ga307.pdf#page=74&view=Fit); [[Seelische_Entwicklung_des_Kindes_mit_Links.pdf|Mindmap PDF]] ## Literatur GA 034: _Lucifer-Gnosis 1903-1908. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus der Zeitschrift „Luzifer“ und „Lucifer-Gnosis“_. Dornach (1987). GA 036: _Der Goetheanumgedanke inmitten der Kulturkrisis der Gegenwart. Gesammelte Aufsätze 1921-1925 aus der Wochenschrift „Das Goetheanum.“_. Dornach (1961). GA 064: _Aus schicksaltragender Zeit_. Dornach (1959). GA 073: _Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie_. Dornach (1987). GA 073a: _Fachwissenschaften und Anthroposophie_. Dornach (2005). GA 076: _Die befruchtende Wirkung der Anthroposophie auf die Fachwissenschaften. Zweiter anthroposophischer Hochschulkurs_. Dornach (1977). GA 084: _Was wollte das Goetheanum und was soll die Anthroposophie?_ Dornach (1986). GA 095: _Vor dem Tore der Theosophie_. Dornach (1990). GA 100: _Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis. Theosophie und Rosenkreuzertum; Das Johannes-Evangelium_. Dornach (1981). GA 152: _Vorstufen zum Mysterium von Golgatha_. Dornach (1990). GA 192: _Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen. Drei Vorträge über Volkspädagogik_. Dornach (1991). GA 194: _Die Sendung Michaels. Die Offenbarung der eigentlichen Geheimnisse des Menschenwesens_. Dornach (1994). GA 201: _Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Der Mensch - eine Hieroglyphe des Weltenalls_. Dornach (1987). GA 202: _Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physischen des Menschen. Die Suche nach der neuen Isis, der göttlichen Sophia_. Dornach (1993). GA 205: _Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist I. Erster Teil. Der Mensch als leiblich-seelische Wesenheit in seinem Verhältnis zur Welt_. Dornach (1987). GA 209: _Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. Das Fest der Erscheinung Christi_. Dornach (1982). GA 218: _Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus_. Dornach (1992). GA 219: _Das_ _Verhältnis_ _der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt. Die geistige Kommunion der Menschheit_. Dornach (1994). GA 293: _Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik_. Dornach (1992). GA 295: _Erziehungskunst. Seminarbesprechungen und Lehrplanvorträge_. Dornach (1984). GA 297: _Idee und Praxis der Waldorfschule_. Dornach (1998). GA 297a: _Erziehung zum Leben. Selbsterziehung und pädagogische Praxis_. Dornach (1998). GA 301: _Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft_. Dornach (1991). GA 302: _Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung_. Dornach (1986). GA 302a: _Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis. Meditativ erarbeitete Menschenkunde. Erziehungsfragen im Reifealter Zur künstlerischen Gestaltung des Unterrichts. Anregungen zur innerlichen Durchdringung des Lehr- und Erzieherberufes_. Dornach (1993). GA 303: _Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik_. Dornach (1987). GA 304: _Erziehungs- und Unterrichtsmethoden auf anthroposophischer Grundlage_. Dornach (1979). GA 304a: _Anthroposophische Menschenkunde und Pädagogik_. Dornach (1979). GA 305: _Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben_. Dornach (1991). GA 306: _Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen_. Dornach (1989). GA 307: _Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung_. Dornach (1986). GA 309: _Anthroposophische Pädagogik und ihre Voraussetzungen_. Dornach (1981). GA 311: _Die Kunst des Erziehens aus dem Erfassen der Menschenwesenheit_. Dornach (1989). GA 312: _Geisteswissenschaft und Medizin_. Dornach (1999). GA 317: _Heilpädagogischer Kurs_. Dornach (1995). GA 330: _Neugestaltung des sozialen Organismus_. Dornach (1983). GA 334: _Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus_. Dornach (1983). GA 335: _Die Krisis der Gegenwart und der Weg zu gesundem Denken_. Dornach (2005). GA 343a: _Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken II. Spirituelles Erkennen, religiöses Empfinden, kultisches Handeln_. Dornach (1993). GA 349: _Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums_. Dornach (1980). GA 351: _Mensch und Welt: das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen_. Dornach (1999).