<H1>Grundlagen der Waldorfpädagogik - <br>Rudolf Steiner zur Entwicklung des Kindes und Jugendlichen</H1>
<center>»Wie erzogen werden soll, kann man erst wissen, </br>wenn man weiß, wie der Mensch eigentlich ist.«</center>
<center>(Rudolf Steiner)
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Auf dieser Webseite finden Sie Darstellungen Rudolf Steiners zur Entwicklung des Menschen in den ersten 21 Lebensjahren. In einem 7-jährigen Forschungsprojekt haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der [Akanthos Akademie e.V.](https://www.akanthos-akademie.de) im gesamten schriftlichen Werk Steiners und in hunderten von Nachschriften seiner Vorträge gesucht. Die entsprechenden Zitate - es sind über 1.400 - haben wir gesammelt und nach Themen geordnet. Zur besseren Orientierung zeigen wir inhaltliche Zusammenhänge auch als graphische Übersichten (Mindmaps).
Trotz des systematischen Vorgehens gibt es wahrscheinlich noch weitere Ausführungen Steiners zu diesem Thema, die wir übersehen haben. Wir freuen uns über entsprechende, ergänzende Hinweise und auch über sonstige [Kommentare & Anregungen](https://www.akanthos-akademie.de/kontakt-waldorf/).
Die Akanthos Akademie stellt diese Ergebnisse kostenfrei zur Verfügung. Falls Sie unsere Arbeit unterstützen möchten, sind wir sind für Spenden dankbar.
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## Das Projekt
Die Entwicklung des Kindes und Jugendlichen ist eines der vielen Themen, über die Rudolf Steiner (1861-1925) seit 1903 bis zu seinem Tod immer wieder geschrieben und gesprochen hat. Dabei entwickelte er grundlegende anthropologische („menschenkundliche“) Gesichtspunkte, die den Menschen als biologisches, psychologisches und geistiges Wesen zeigen. Für die Entwicklung kommen demnach nicht nur die Vererbung und die Einflüsse der Umwelt in Betracht, sondern vor allem das innerlich aktive, geistige Wesen der sich reinkarnierenden Individualität. Diese ganzheitliche und vertiefte Anthropologie kann und sollte die Grundlage einer förderlichen Erziehung und Bildung sein.
1904 stellte Steiner seine Lehre von den vier „Wesensgliedern“ des Menschen, dem materiellen Körper („physischer Leib“), der biologischen Lebenskräfteorganisation („ätherischer Leib“), dem Seelenwesen („astralischer Leib“) und dem selbstaktiven, geistigen Ich-Wesen erstmals schriftlich dar. Ebenfalls ab 1904 begann er mit der Darstellung einer Entwicklungsanthropologie, die beschreibt, wie diese vier Glieder in der Kindheit und Jugend schrittweise ausreifen. Im weiteren Leben bilden diese dann die Grundlage für die Entwicklung der geistigen Individualität.
Ab 1916/17 schilderte Rudolf Steiner die kindliche und jugendliche Entwicklung auch unter dem Gesichtspunkt der „Dreigliederung“: Der aus der kosmischen Vorgeburtlichkeit stammende, geistige Mensch „inkarniert“ sich in die ererbte Körperlichkeit und gestaltet zwischen universellem Denken und individuellem Wollen sein biographisches Verhältnis zur Welt.
Das Ziel einer förderlichen Pädagogik ist es, dafür zu sorgen, dass sich der geistige Mensch gesund „inkarniert“ und dass sich die drei „Leiber“ so vollständig und gesund wie möglich entwickeln, damit der Mensch möglichst viel Kraft aus ihnen ziehen kann bzw. möglichst wenig Widerstand an ihnen findet. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Mensch gesünder oder kränklicher ist, ob er seelisch weltoffen oder verschlossen ist, ob er stärkere oder schwächere Willenskräfte entwickeln kann, aber auch, ob er ein gutes Gedächtnis, eine rege Phantasie, ein reiches Innenleben und eine selbstständige Urteilskraft hat oder eben nicht.
Rudolf Steiner hat seine Entwicklungslehre dann immer weiter ausgebildet, differenziert und vertieft. So ergab sich eine wahrhaft komplexe Anschauung des sich entwickelnden Menschen, die nur durch gründliches Studium nach und nach erschlossen werden kann.
Steiners schriftliches Werk umfasst knapp 50 Bände mit Schriften und Aufsätzen sowie über 250 Bände mit mehr als 6.000 mitstenographierten Vorträgen. Zur Entwicklungsanthropologie und Pädagogik liegen von Steiner nur wenige schriftliche Ausführungen vor. Der überwiegende Teil der entsprechenden Darstellungen findet sich in unsystematischer Weise über das gesamte Vortragswerk verstreut.
Um diese Darstellungen möglichst umfassend zu erschließen, haben wir ausführliche Recherchen mit unterschiedlichen Suchbegriffen im Vortragswerk durchgeführt, die gefundenen Zitate gesammelt, ausgewertet, sortiert und nach Themenbereichen zusammengefasst. Die Ergebnisse präsentieren wir hier. Sie sollen denjenigen, die sich vertieft mit der Entwicklungsanthropologie Rudolf Steiners beschäftigen möchten, das Material dazu an die Hand geben.
Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich, die in diesem umfassenden Projekt über viele Jahre geholfen haben. Es waren vor allem Studierende der Freien Hochschule Stuttgart. Ein besondere Dank gebührt Susana Ulrich Alvarez-Ulloa, die die künstlerisch gestalteten Übersichten mit viel Geduld und Liebe zur Sache erstellt hat.
Stuttgart, im April 2023
Christoph Hueck
## Logo Die dreifache Hekate
![[Hecate,_Greek_goddess_of_the_crossroads_by_Stéphane_Mallarmé.jpg|300]]
[^1]
»Wie wunderbar ist es, daß uns aus der alten griechischen Götterlehre entgegenleuchtet der Repräsentant dieser Werdekräfte der menschlichen Natur, die in uns allen wirken. … Sie sind repräsentiert in der dreifachen Hekate. … Diese dreifach geteilte Hekate wird so dargestellt: die eine Organisation der Hekate, die sich bezieht auf die Krankheits- und Gesundheitsbedingungen, wird mit dem Symbolum des Dolches und der Schlange ausgestattet, welch letztere ja auch dem Äskulap beigegeben wird als dem Repräsentanten der Gesundheitskunde. … Indem man … den Dolch und die Schlange beigegeben hat, wies man darauf hin, daß man jene Kräfte meinte, die den physischen Leib in bezug auf sein Werden beeinflußten. Das zweite Bild der Hekate mußte dann hinweisen darauf, daß im Ätherleibe der Schlüssel zur Erkenntnis der Welt (liegt). … Das zweite Bild der dreifachen Hekate (hat) den Schlüssel und einen Bund Stricke als Symbolum für das Gedankenlabyrinth. Und die dritte Hekate hat die … Fackel der Erkenntnis, wie sie sich im Astralleibe bildet. Und nun fühlen wir, … was eigentlich gemeint wird mit solch einer grandiosen tiefsinnigen- Symbolik wie die der dreifachen Hekate. … Die Kräfte, … die da wirken in der menschlichen Organisation in dreifacher Weise, es sind die Hekate-Kräfte. Und indem Ihnen beschrieben wird heute von der Geisteswissenschaft, daß der Mensch bis zum Zahnwechsel vorzugsweise seinen physischen Leib ausbildet, wird darauf hingewiesen, daß die eine Form der Hekate in ihm wirkt. Da wird in moderner Form gesagt, was der Grieche meint, wenn er den einen Teil der Hekate mit Dolch und Schlange hinstellt. Und mit Schlüssel und Strickbund wird der zweite Teil der Umwandlung hingestellt, wo der Ätherleib aus sich selbst wirkt in den zweiten sieben Jahren. Und die dritten sieben Jahre werden hingestellt, als im Astralleib selber ganz vor sich gehend, mit dem Symbol der Fackel. So habe ich Ihnen im Grunde genommen in moderner Form längst das gesagt, was die Hekate-Weisheit der alten Griechen war, was im Bilde der Hekate in den alten Mysterien der Griechen ausgedrückt worden ist.«[^2]
(Rudolf Steiner)
[^1]: Die dreifache Hekate als Bild der Werdekräfte in Kindheit und Jugend. Zeichung von Stéphane Mallarmé aus Les Dieux Antiques: Nouvelle Mythologie Illustrée in Paris, 1880.
[^2]: [GA 129, S. 46, 19.08.1911](http://fvn-archiv.net/PDF/GA/GA129.pdf#page=44&view=Fit)